Kreis Kaiserslautern Zu viele Fragen, zu wenig Antworten

Mangelnde Transparenz und ein falsches Signal an die Bevölkerung: Dies beklagen Ortsbürgermeister aus der Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn, nachdem sich Bürgermeister Andreas Alter (SPD) eigenmächtig einen Dienstwagen zugelegt hat. In einer Zeit, in der sie an allen Ecken und Enden sparen müssen, sei es der Bevölkerung nicht vermittelbar, wenn der Verwaltungschef sich ein luxuriöses Dienstfahrzeug leiste.

Ob die Anschaffung des Mercedes’, die eher zufällig bei einer Haushaltsvorberatung ans Licht kam (die RHEINPFALZ berichtete am 17. September), rechtmäßig war oder nicht, ist zwar noch nicht geklärt. Doch unabhängig davon haben die vier Ortsbürgermeister Hans-Norbert Anspach aus Hochspeyer (SPD), Michael Gasiorek aus Waldleiningen (CDU), Eckhard Vogel aus Frankenstein und ihr Fischbacher Kollege Sascha Leidner (beide FWG) ein „moralisches Problem“ damit. „Überall werden die Schrauben angezogen, wir drehen jeden Euro dreimal um, bevor wir ihn ausgeben“, schildert Vogel nicht nur seine Situation. Wenn sich dann ein Bürgermeister einen Dienstwagen anschaffe, sei dies ein „fatales Signal“ und sorge für Politikverdrossenheit bei den Bürgern. „Da wird man dann gefragt, wenn auch im Scherz: Und, wann kaufst du dir einen Mercedes mit weißen Ledersitzen?“, macht er die Außenwirkung deutlich. Anspach ergänzt: Wenn ihm bisher Leute gesagt haben, „die da oben“ hätten eine Selbstbedienungsmentalität und seien vom Volk völlig abgehoben, dann habe er immer entgegnet, Bundes- sei keine Lokalpolitik, „bei uns passiert sowas nicht“. „Jetzt muss ich mich plötzlich rechtfertigen.“ Mit seinem sozialdemokratischen Gewissen könne er das Handeln des Bürgermeisters nicht vereinbaren. „Wegen 40 Euro wird eine Beförderung in der Verwaltung nicht umgesetzt, aber ein Mercedes angeschafft“, skizziert Gasiorek die Diskrepanz. „Der Bürgermeister kann nicht Wasser predigen und Wein trinken.“ Zudem sei offenbar bei der Anschaffung kein Autohändler aus der VG, der hier seine Steuern zahlt, in Betracht gezogen worden, findet er einen weiteren Kritikpunkt. Jedem könne mal ein Fehler passieren, bekräftigt Vogel. „Aber dann erwarte ich irgendeine Erklärung, eine Äußerung, wie es dazu kam, eine Entschuldigung“, beklagt er unter Beipflichtung seiner Kollegen, dass seit dem Bekanntwerden der Dienstwagenanschaffung keinerlei Reaktion vom Rathauschef erfolgte. „Wenn er wenigstens den Rat involviert hätte“, sagte Vogel. „Dann hätte man über die wirtschaftliche Seite beraten können, über die Ausgestaltung des Vertrags, über die Ausstattung eines Wagens.“ Dazu erhoffen sich die vier Ortsbürgermeister etwas Aufklärung in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses der VG am heutigen Montagabend. SPD-Fraktionsvorsitzender Thomas Wansch hatte bereits in der jüngsten Sitzung, als die Anschaffung bekannt wurde, Antworten auf diese Fragen bis zum nächsten Treffen verlangt. Frank Zimmermann von den Grünen schickte danach einen Fragenkatalog an Alter. Wohl noch keine Antwort wird es heute hingegen zur rechtlichen Frage geben: Durfte Alter die Anschaffung ohne Gremium tätigen? Damit ist noch immer die Kommunalaufsicht beschäftigt, die vom Bürgermeister um Prüfung gebeten wurde. Alter rechtfertigt seine Handlung als „Geschäft der laufenden Verwaltung“. Sollte es dies nicht sein, dann steht die zweite Frage im Raum: Hat er die Wertgrenze überschritten, bis zu der er allein entscheiden darf – laut Hauptsatzung bis zu 10.000 Euro? Und wie bemisst sich diese bei einer Anschaffung per Leasing? Peter Keller, noch keinen Monat Chef der Kommunalaufsicht, erklärt auf Nachfrage, die Prüfung sei noch nicht abgeschlossen. Eine weitere offene Frage, vor der die Ortsbürgermeister stehen: Hat niemand aus der Verwaltung den Bürgermeister, der sonst wegen jeder Kleinigkeit seine Abteilungsleiter konsultiert, gewarnt? Wurde er falsch beraten? Oder hat er die Ratschläge ignoriert? Alle vier Ortsvertreter betonen immer wieder, dass Alter unbestritten „ein ganz liebenswürdiger Mensch ist“, doch in der Verwaltung laufe es nicht so, wie es sollte. Das bekommen sie als Ortsbürgermeister darin zu spüren, dass Verwaltungsaufgaben für die Gemeinden nicht rechtzeitig erledigt würden oder keine Information an sie erfolge. „Wir stehen dann vor den Bürgern dumm da, weil wir nicht wissen, was in unserer Gemeinde gerade läuft“, macht Anspach deutlich. Sollte Alter rechtens gehandelt haben und womöglich ein Dienstwagen sogar wirtschaftlicher sein als eine Kilometerabrechnung des Privatautos − können die vier Ortsbürgermeister dann Alters Handeln nachträglich absegnen? „Dies ist geringer zu werten als der moralische Aspekt“, meint Vogel. Leidner pflichtet ihm bei: „Der moralische Schaden bleibt beim Bürger länger haften.“ So steht Vogels Aussage wohl für viele Politiker und Bürger in der Verbandsgemeinde: „Ich hoffe, dass alle Beteiligten gelernt haben und Transparenz geschaffen wird.“

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