Kreis Kaiserslautern Fernsehstudio im Fachwerkhaus

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Wenn in Otterbergs Alter Apotheke dicke Kabel wie Würmer aus dem zweiten Stock hängen, ein Übertragungswagen eng am Haus kuschelt, riesige Bildschirme, Kamera- und Tontechnik die Szene beherrschen, dann schickt Hausherr Markus Merk seinen fußballerischen Sachverstand live beim Bezahlsender „Sky“ in die Bundesligaübertragung.

Samstag, 13 Uhr: Kameramann Frank Brockmann positioniert im zweiten Stock der Alten Apotheke, im Saal der alten Bibliothek sein Arbeitsgerät. Felix Fischer − für die Produktion zuständig − und Redakteur Christopher Julius Klatt stöpseln die letzten Kabel an diverse Bildschirme und Laptops. Jeder Handgriff sitzt, die Atmosphäre ist sehr entspannt. Sie plaudern vom Spiel der Mainzer gegen den Revierclub Schalke 04 am Abend zuvor, ihrer letzten Übertragungsstation. Für „Sky“ sind die Männer – Andres Justus, Techniker im Ü-Wagen gehört noch zum Team – europaweit im Einsatz. Das beschauliche Otterberg ist für sie dennoch eine ganz besondere Herausforderung. „Schon gut hier, aber….“, setzen sie an. Der mehrfache Weltschiedsrichter Markus Merk, Hauptperson des Nachmittags, ergänzt: „Hier ist nicht alles machbar.“ Die Technik stößt an Grenzen. Otterberg ist halt nicht vergleichbar mit den Studios des Senders in München. Dort tummeln sich Glasfaserleitungen in gigantischen Ausmaßen, die Studiowand kommt als einziger Megabildschirm daher. Normalerweise arbeitet Merk während der Bundesligasaison Samstag für Samstag in der bayerischen Metropole, gibt seine geschulte Sichtweise zu strittigen Schiedsrichterentscheidungen live ab. Im Studio sieht er alle Spiele vor sich. Die Fragen der Fußballberichterstatter kommen nicht zeitverzögert bei ihm an, das Geschehen in den Stadien erst recht nicht. In Otterberg schon. Da hinkt das Bild dem Ton hinterher. „Ich kann da auch zur Wiederholung sprechen, mich aktiv in einen Kommentar einmischen“, sieht er seinen Live-Einsatz aus München um Klassen professioneller und letztlich auch sicherer in der Argumentation. „Hier aus der Alten Apotheke bin ich neutraler und weicher im Urteil!“ In Otterberg sind zudem gar nicht alle wichtigen Spielszenen, alle Kameraeinstellungen sichtbar. Auch nicht in der Internetschaltung, die er zusätzlich auf einem kleinen Laptop verfolgt. Dort schaffen es die Bilder aber immerhin um einiges schneller nach Otterberg als auf den großen Fernsehbildschirmen. Auf Merks Stirn zeigt sich eine Ader, er hüstelt, greift zum wiederholten Mal an seinen Ohrstöpsel, schiebt das Mikro am Mund passend. „Ich hab’ ihn im Ohr!“ Gemeint ist Michael Leopold, der seit 14 Uhr die Sendung des Bezahlsenders moderiert. Noch rollt der Ball nicht. Der echte Fan will aber eingestimmt werden, also wird bereits gesendet. In Otterberg steigt die Anspannung. Zumindest wird es ruhig. „Ist der Schalter auf Rot?“, vergewissert sich der Techniker. Los geht’s. Souverän kommt Merk zum Punkt, nennt seine Schiedsrichterkollegen Sportler, die das Beste für den Fußball wollen und hochsensibel arbeiten. „Wir sind runter“, kommt die Regieanweisung. Merk zieht den Knopf aus dem Ohr, nochmal durchatmen, bevor es um 15.30 Uhr dann weiter zur Sache geht und der Experte auf Zuruf den Kommentatoren seine Sicht auf Spielentscheidungen darlegen wird. Der Tag in der Alten Apotheke zieht sich in die Länge. Im Topspiel der Bayern gegen Hertha BSC Berlin wird der Schiedsrichter auf dem Rasen die Pfeife gegen 20.30 Uhr aus der Hand legen. Und genauso lange harrt Schiedsrichterlegende Markus Merk mit kritischem Blick auf den Kollegen am Bildschirm in der Alten Apotheke aus. „Bei strittigen Entscheidungen auf dem Rasen kann es bis 21 Uhr dauern“, deutet Merk an, dass sein Arbeitstag als Experte vor der Kamera deutlich länger ist, als es das reale Schiedsrichterdasein auf dem Rasen je war. Spannend nennt er beide Varianten. Am Samstag war Otterberg übrigens zum letzten Mal Ausgangspunkt für Bundesliga-Liveschaltungen. Kein Ü-Wagen, keine Kabel mehr, die sich von unten an der Fassade durchs Fenster in den zweiten Stock schlängeln. Die Technik hat gewonnen: Merk nimmt die Bundesliga nur noch vom Studio in München unter seine kritisch geschulten Augen. Dafür wird er dann in der nächsten Runde die Schiedsrichterentscheide in den FCK-Spielen genau observieren. „Die schaffen den Aufstieg“, ist sich Merk sicher. ZUR PERSON: Markus Merk Der 53-jährige Markus Merk aus Otterbach, promovierter Zahnarzt, war dreimal Weltschiedsrichter. Bis 2008 war er in der Bundesliga als Schiedsrichter im Einsatz. Merk stand in der Champions League, im Europapokal und bei der Fußballeuropameisterschaft als Unparteiischer auf dem Rasen. Für einen türkischen Fernsehsender hat er regelmäßig Fußballsendungen moderiert und war beim Sender „Sky“ in der Expertenrunde aktiv. In der laufenden Bundesligasaison wird er bei strittigen Schiedsrichterentscheidungen live bei „Sky“ zugeschaltet. Einige Male kamen die Live-Schaltungen nicht aus dem Münchener Studio, sondern aus der Alten Apotheke in Otterberg, die von Markus Merk als Bistro betrieben wird und in der er  Bier braut. Sportlich hält sich Merk als Extremläufer fit, er startete kürzlich zum Beispiel beim Pfälzer Bergland-Trail im Landkreis Kusel. (thea)

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