Kreis Kaiserslautern Eingekreist

Letzte Nacht träumte mir nicht, wie im Krimiklassiker „Rebecca“, ich sei wieder in Manderley. Nein, unsereins träumt in mondbeschienenen Frühsommernächten eher von markanten Gestalten aus Zeitgeschichte und Lokalpolitik. Denn manchmal rauben mir Amts- und Mandatsträger die Nachtruhe, weil sie zwar kräftig und sehr ausdauernd austeilen, beim Einstecken aber gewisse Defizite erkennen lassen. Für den Verbandsbürgermeister von Enkenbach-Alsenborn, Jürgen Wenzel, gilt dieses Charaktermanko ausdrücklich nicht! Aber er war es, der mir diese Woche im Traum erschien. Wenzel seinerseits wälzt sich vermutlich nächtens auf der Lagerstatt, wenn er an die Eingliederung des nahen Hochspeyer denkt. Ich dagegen stellte mir Wenzel vor, wie er die Grundschule von Frankenstein vor Unbill aller Art zu schützen trachtet. Wie wir uns erinnern, wollte Wenzel bei einer RHEINPFALZ-Podiumsdiskussion nicht grundsätzlich ausschließen, dass die Zwergschule im Fall einer Bedarfsprüfung schlimmstenfalls geschlossen werden könnte. Umgehend formierte sich eine Bürgerinitiative für den Erhalt der Frankensteiner Bildungseinrichtung. So war unmittelbar vor der Wahl ein echter Aufreger in der Welt, zumal Wenzel mit seinen Äußerungen zur Eingliederung der VG Hochspeyer ebenda nicht eben Beifall erheischt hatte. Die Sache mit Frankenstein war da nur das Tröpfchen, das den Krug zum Überlaufen brachte. Dort gab es denn gerade mal 70 Stimmen für ihn als Bürgermeister, während seine beiden Mitbewerber 285 und 108 einfuhren. Das ist der Grund, warum mir Jürgen Wenzel bei Nacht zwischen Halb- und Tiefschlaf erschien. Mitten in der Herde der Schäfchen, die ich zwecks Festigung meiner Nachtruhe abzählte, sah ich Wenzel, wie er die Grundschule Frankenstein hegt und pflegt und hätschelt und erhält und mit Stacheldraht umzäunt, auf dass er bei der Stichwahl am Pfingstsonntag im Pfälzerwald-Dörfchen ordentlich dastehen möge. Eine Stichwahl gibt’s außerdem in Landstuhl und im beliebten Fremdenverkehrsort Queidersbach, der durch das seit Jahrzehnten praktizierte Mit- und Gegeneinander seiner politischen Kräfte dem Begriff „Biosphären-Reservat Pfälzerwald“ eine ungeahnte Bedeutung verleiht. Das lateinische „reservare“ heißt aufbewahren oder vorbehalten. Tatsächlich scheinen sich in der Politik am Bach des Quidhari uralte Umgangsformen erhalten zu haben, die wir eigentlich seit Ende der Holzkeulen-Ära überwunden glaubten. Alois Schmitt − damals Ortsbürgermeister, später Kreisbeigeordneter und heute Ehrenbürger − hat’s schon 1976 vorgemacht, als er zwecks optischer Umgestaltung des Dorfbilds zur 1000-Jahr-Feier eine störende Wiese einfach abfackeln ließ. In der Zeit danach hat Schmitt, das 1,94 Meter lange FWG-Urgestein, nicht nur Politik, sondern auch Politiker gemacht. Der heutige Kreisbeigeordnete Gerhard Müller bezeichnete ihn einst als seinen „politischen Ziehvater“, aber Schmitt kann mit seiner Gunst auch knausern. Das musste Müller ebenso erfahren wie die bisherige Ortsbürgermeisterin Hedwig Füssel. Für ihre Nachfolge haben FWG, SPD und CDU je einen Kandidaten ins Rennen geschickt. Die Stichwahl findet zwischen dem Christdemokraten Ralph Simbgen sowie dem Freien Wähler und leiblichen Alois-Sohn Jürgen Schmitt statt. Um die Fronten − und um die handelt es sich! − klar abzustecken, hat die FWG schon vor dem ersten Urnengang ein Flugblatt verteilt. Dort wird einerseits eine kühne Attacke gegen das „Haus Simbgen“ geritten und andererseits dem SPD-Ortsvorsitzenden vorgehalten, dass er zuvor Mitglied der FWG gewesen sei; überdies habe der SPD-Kandidat auch bei der CDU um Unterstützung nachgesucht. Die Genossen wehrten sich mit einem eigenen, angesichts der auffallenden Fülle von Rechtschreib- und Satzzeichenfehlern offenbar mit heißer Nadel gestrickten Flugblatt. Derweil prangt auf der Rückseite der CDU-Wahlplakate ein Schriftzug, in dem harsche Kritik am „niveaulosen Inhalt“ des FWG-Flyers formuliert ist. Ist dies das Prinzip Auge um Auge? Hat da überhaupt noch einer der Kontrahenten das Wohl Queidersbachs im Sinn? Oder ist Lokalpolitik zum Schauplatz eines einzigen verknäuelten Hauens und Stechens geworden? Das sind Fragen, die sich jede(r) Queidersbacher(in) bis zur Stichwahl stellen muss − wie übrigens generell jeder vernunftbegabte, abendländisch gesittete und charakterfeste Mensch, der dieses beschämenden Schauspiels ansichtig wird. Das Rennen ums Amt von „Queidersbachs Next Alois Schmitt (QNAS)“ ist eröffnet. Jener pflegte ja immer zu sagen, wenn etwas schief lief: „Des is halt Bolidik.“ Um nicht einem Politiker das letzte Wort zu überlassen, kommt hier noch ein Sprüchlein, das mir meine Freundin Christa zurief, als wir uns neulich zufallshalber über den Weg liefen. Sie sagt, der Vers sei schon alt. Für mich war er neu, aber ich nehme ihn in meinen Zitatevorrat auf, weil’s ein schönes Lebensmotto ist − außer natürlich für professionelle Schmollmündchen-zur-Schau-Trägerinnen wie Brigitte Bardot und die deutsche „Liane“-Darstellerin Marion Michael. „Es ist mir lieber, wenn du lachst,/ als wenn du eine Schnute machst“, sagte Christa. In diesem Sinne wünsche ich ihr, mir und uns allen ein lächelndes Wochenende.

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