Wörth Nitsche: Istanbullu inszeniert privaten Feldzug

Dennis Nitsche
Dennis Nitsche

Mit harschen Vorwürfen gegen Bürgermeister Dennis Nitsche (SPD) hat der Wörther SPD-Vorsitzende Metin Istanbullu Partei und Stadtratsfraktion verlassen. Nitsche sieht die wahren Gründe hingegen ganz woanders. Die Geschichte führt ins Vorfeld der Wahl des Wörther Ortsvorstehers.

Intrigen und Realitätsverlust – mit diesen Vorwürfen gegen den Wörther Bürgermeister Dennis Nitsche (SPD) begründete der Wörther SPD-Vorsitzende Metin Istanbullu: „Die Partei darf keine Nitsche-GmbH werden.“ (wir berichteten). Nitsche wollte zunächst dazu schweigen, reagiert jetzt aber doch.

„Ich habe bislang zu diesen Unterstellungen geschwiegen, weil aus meiner Sicht interne Meinungsverschiedenheiten nicht in die Öffentlichkeit gehören,“ schreibt er in einer Stellungnahme. Inzwischen seien die Regeln des Anstands durch Istanbullu aber so weit verletzt, dass er nicht mehr schweigen könne. „Ich verwahre mich gegen haltlose und vollkommen aus der Luft gegriffene Unterstellungen. Herr Istanbullu behauptet einfach Dinge, für die es keinerlei Grundlage gibt“, so Nitsche.

„Mangelnde Sachkenntnis“

Als erstes kontert Nitsche den Vorwurf Istanbullus, er informiere die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker, Ortsbeiräte und Stadträte, zu spät und stelle sich oft vor vollendete Tatsachen: Istanbullu mangele es auf erschreckende Weise an Sachkenntnis, schreibt Nitsche: Obwohl er als Stadtrat zu allen Vorgängen stets vollständig informiert worden sei und Zugang zu allen Informationen habe. Hieran hätten sich in den vergangenen Monaten mehrfach Konflikte entzündet.

Hingegen bestätigt Nitsche, dass er in einer vertraulichen Nachricht an die Kreistagsfraktion die Autoren eines offenen Briefes an die Bildungsministerin als „Pappnasen“ bezeichnet habe, wenn auch nur indirekt. Nitsche bedauert diese Formulierung, die ihm in einer ersten spontanen Reaktion unterlaufen sei. Gegenüber Istanbullu habe er sie persönlich schon im August 2021 zurückgenommen. Istanbullu jedoch habe die Entschuldigung nicht angenommen und inszeniere nun unter einem Vorwand einen privaten Feldzug, schreibt Nitsche.

„Persönlicher Ehrgeiz“

Die wahren Gründe dafür liegen nach Ansicht von Nitsche ganz woanders: „Im Kern verübelt Herr Istanbullu mir, dass ich ihn hinsichtlich einer Bewerbung als Ortsvorsteher nicht unterstützt habe.“ Istanbullu habe aus persönlichem Ehrgeiz – wie zuvor während seiner Mitgliedschaft bei den Grünen – unbedingt ein politisches Amt angestrebt. Dazu habe er ihn bei einem Mittagessen überraschend angesprochen und vehement seine Unterstützung eingefordert, schreibt Nitsche. Er, Nitsche, habe jedoch klar darauf bestanden, dass die Nominierung eine demokratische Entscheidung sei, und nichts, was man beim Mittagessen ausmauscheln könne.

„Herr Istanbullu hat nun erkannt, dass ihm keine Führungsaufgabe anvertraut wird“, so Nitsche: „Es ist sehr befremdlich, dass er seinen Austritt nun inszeniert und versucht, eine Schneise der Verwüstung zu hinterlassen um sich zu profilieren.“ Doch das gelinge ihm nicht: „Fraktion, Ortsverein und Bürgermeister stehen klar zusammen und hinter unserer gemeinsamen Arbeit zum Wohle der Stadt Wörth“, schreibt Nitsche. „Die Sache ist eindeutig und für mich nunmehr erledigt.“

Nitsches Wunsch-Kandidat?

Istanbullu schildert das anders: Schon bald nach der Kommunalwahl 2019 habe Nitsche versucht, ein parteiloses ehemaliges CDU-Mitglied, mit dem er gut bekannt sei, als möglichen Nachfolger für den damaligen Ortsvorsteher Roland Heilmann (SPD) ins Spiel zu bringen. Darauf sei er, Istanbullu, von anderen Parteigenossen gefragt worden, ob er nicht Interesse habe, um Nitsches Wunschkandidaten zu verhindern. Bei dem fraglichen Mittagessen habe Nitsche wieder seinen Vorschlag zum Thema gemacht. „Darauf habe ich gesagt: Eher werfe ich meinen Hut in den Ring,“ sagt Istanbullu: „Ich habe Nitsche nie um Unterstützung gebeten.“ Danach tat sich allerdings lange nichts, der Rücktritt Heilmanns war nicht absehbar.

„Geheime Gruppe“

Mitte November 2020 kündigte Heilmann an, dass er am 1. April 2021 sein Amt aus persönlichen Gründen aufgeben will. Die Vorbereitung der Kandidatur des jetzt amtierenden Ortsvorsteher Helmut Wesper (SPD) sei „durch eine geheime Gruppe“ erfolgt, sagt Istanbullu: „Als Ortsvereinsvorsitzender hätte ich erwartet, dass ich einbezogen werde.“ Alle Beteiligten hätten sich später bei ihm für dieses Vorgehen entschuldigt – außer Nitsche. Heilmann habe sich sogar bei seiner Verabschiedung in der Mitgliederversammlung sogar öffentlich entschuldigt – „dafür zolle ich ihm großen Respekt“, sagt Istanbullu. Den Wahlkampf von Wesper habe er dann nach Kräften unterstützt.

Letzteres bestätigt Wesper: „Metin hat mich im Wahlkampf loyal unterstützt.“ Bei einer Video-Konferenz unmittelbar nach der Rücktrittsankündigung von Heilmann sei nach möglichen Interessenten für die Ortsvorsteher-Kandidatur gefragt worden: dort habe Istanbullu sich nicht gemeldet. Bei der entscheidenden Mitgliederversammlung im Dezember sei Istanbullu dann als Kandidat vorgeschlagen worden, habe aber abgelehnt.

Heilmann: „War meine Initiative“

Etwas Licht ins Dunkel versucht Heilmann zu bringen: „Eigentlich wollte ich schon 2019 aufhören, ich war ausgebrannt. Auf der anderen Seite habe ich keinen geeigneten Nachfolge-Kandidaten gefunden und ich wollte nicht aufgeben, was ich aufgebaut habe.“ Also sei er nochmals angetreten. Im Oktober 2020 sei er dann privat mit Wesper zusammen gesessen und habe im Gespräch dessen politisches Interesse bemerkt. „Ich habe ihn dann direkt gefragt und dann ging alles ganz schnell“, erinnert sich Heilmann.

Nur wenige Wochen später kündigte Heilmann seinen Rücktritt an, und brachte schon im Vorfeld innerparteilich Wesper als seinen Wunschkandidaten in Spiel: „Das war meine Initiative.“ – „Ich habe Metin nicht als Favoriten gesehen, weil er für mich nicht der richtige Mann ist“, sagt Heilmann. Doch das sei nur seine persönliche Sicht. Istanbullu hätte sich ja dennoch in der Mitgliederversammlung um die Kandidatur bewerben können. „Er hatte dort eine faire Chance“, findet Heilmann.

Metin Istanbullu
Metin Istanbullu
Helmut Wesper.
Helmut Wesper.
Roland Heilmann
Roland Heilmann
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