Knittelsheim/Westheim Nach Sturm auf Zugspitze: Südpfälzer rettet Zacken von Gipfelkreuz

Julian Fremgen konnte die Zacken bergen.
Julian Fremgen konnte die Zacken bergen.

Seit Weihnachten fehlen am Gipfelkreuz der Zugspitze drei goldene Zacken. Ein schlechtes Omen, wie man in der Region um Garmisch-Partenkirchen glaubt. Der Pfälzer Julian Fremgen konnte helfen. Er arbeitet bei der Zugspitzbahn und hat die Zacken auf 3000 Metern Höhe geborgen.

In die Berge zog es ihn schon vor Jahren. Nach seinem Fachabitur, im Alter von 17 Jahren, verließ Julian Fremgen seinen Heimatort Knittelsheim, um in Sölden eine Ausbildung der Elektro- und Seilbahntechnik zu absolvieren. Das war im August 2017. Seine Großmutter Gabriele Fremgen erinnert sich daran noch gut: „Es war sehr aufregend für uns, als Julian damals noch vor seinem 18. Geburtstag wegging.“ Die Westheimerin war schon damals stolz auf ihren Enkel, über den sie sagt: „Unser Julian ist einer, der einfach in die Welt passt.“ Der Stolz der Großmutter auf ihren Enkel, der inzwischen zwar nicht mehr in Sölden, aber dennoch über 350 Kilometer von der Familie entfernt lebt, wurde seitdem nicht geringer.

Im Gegenteil. Seit Januar ist dieser weiter angewachsen. „Um ehrlich zu sein, haben wir gar nicht mitbekommen, dass Teile des Gipfelkreuzes auf der Zugspitze abgefallen waren“, berichtet die 80-Jährige. „Doch dann erreichten uns die Fotos von Julian, dass er die abgefallenen Zacken geborgen hat.“ Dass ein Pfälzer das Kreuz gerettet hat, „das ist doch was“, meinen Julians Großmutter und ihr Mann Klaus. Ihr Enkel Julian selbst sieht seine Tat als weniger glorreich an: „Auch wenn es für meine Großeltern und vielleicht auch für ein paar andere etwas Besonderes war, war es für mich im Endeffekt doch nur mein Job.“

Beliebtes Fotomotiv: Gipfelkreuz auf der Zugspitze.
Beliebtes Fotomotiv: Gipfelkreuz auf der Zugspitze.

Der gebürtige Pfälzer arbeitet seit Februar 2022 bei der Zugspitzbahn Garmisch-Partenkirchen, ist dort als stellvertretender Betriebsleiter angestellt. Er trägt die technische Gesamtverantwortung für die Seilbahn Zugspitze, ist gemeinsam mit seinen Mitarbeitern für die Wartung, Dokumentation und Betriebssicherheit der Anlage verantwortlich. „Wir haben auf unserer Bahn Ganzjahresbetrieb, inklusive Skibetrieb in den Wintermonaten“, berichtet Fremgen. „Unser Hochbetrieb ist im Sommer, da sind bis zu 5000 Menschen pro Tag auf dem Gipfel oben.“ Sehnsucht nach seiner Heimat hat der 24-Jährige, der sich ganz in Garmisch eingelebt hat, nicht. „Wenn ich hier auf meinem Balkon sitze und dieses Panorama vor mir habe, muss ich ganz ehrlich sagen: Das ist einfach schön, was kann’s da Schöneres geben?“ Es war und ist sein Lebenstraum „hierher zu ziehen und hier zu arbeiten“.

14 Tage lang verschollen

Einsam fühlt sich Fremgen am Fuße des Wettersteingebirges nie. „Ich habe etliche Freunde in München, mir hier einen Freundeskreis aufgebaut und zudem kommen mehrmals jährlich Freunde und meine Eltern aus der Pfalz zu Besuch.“ Bisher noch nie zu Besuch kamen seine Großeltern, doch das soll sich dieses Jahr ändern, verrät Gabriele Fremgen: „Diesen Sommer wollen wir mit dem Zug zu unserem Julian fahren.“ Dass sich Julian Fremgen nicht einsam fühlt, könnte jedoch auch daran liegen, dass er dazu gar keine Zeit hat. „Neben meinen Full Time Job mache ich noch ein Bachelorstudium, das online angeboten wird“, berichtet der angehende Wirtschaftsingenieur. Das Studium dauert fünf, anstatt der üblichen drei Jahre eines Bachelorstudiengangs, kann dafür aber berufsbegleitend absolviert werden, „der Betrieb unterstützt mich bei meinem Studium, besser könnte es für mich wirklich nicht laufen.“

Vor Weihnachten lief in Garmisch-Partenkirchen allerdings nicht allzu viel. Vor allen Dingen liefen die Seilbahnen hoch zur Zugspitze nicht, für die Fremgen zuständig ist. Ein Sturm führte zur viertägigen Schließung der Anlage. „Das Wetter hier kann durchaus auch einmal richtig extrem werden, Wetterumschwünge innerhalb von zehn Minuten sind denkbar“, erklärt der 24-Jährige, der im Winter mit den Skiern gerne auch im Tiefschnee unterwegs ist. Der Sturm um die Weihnachtstage ging am Gipfelkreuz auf der Zugspitze, das in dieser Form im Oktober 1993 aufgestellt wurde und 2009 restauriert und neu vergoldet wurde, nicht glimpflich vorbei. Drei goldene Zacken fielen vom Kreuz ab und galten für etwa 14 Tage als verschollen. Für Touristen ist das Kreuz, das auf knapp 3000 Metern Höhe ganzjährig Wind und Wetter ausgesetzt ist, ein beliebtes Fotomotiv und wird zudem von vielen gerne berührt. Außerdem sei unter den Einheimischen der Aberglaube verbreitet, es bringe Unglück, wenn Teile des Kreuzes fehlen. So war die Erleichterung groß, als ein Kollege von Fremgen am 9. Januar an der Südflanke der Zugspitze, in einem sehr steilen Bereich, etwas im Schnee funkeln sah.

Touristen filmen die Rettungsaktion

„Natürlich war man sich nicht sicher, ob es sich tatsächlich um die abgebrochenen Zacken handelte. Sicher war jedoch, dass das überprüft werden muss“, erklärt der Pfälzer. Er sah sich in seiner Position als stellvertretender Betriebsleiter in der Verantwortung, selbst – am Seil gesichert – die Stelle aufzusuchen, an dem sein Kollege etwas gesichtet hatte. „Ich stehe nicht nur in der Verantwortung, sondern möchte auch sichergehen, dass meinem Team nichts passiert“, erläutert der Hobby-Bergsteiger. „Für die Einheimischen und Hobby-Bergsportler ist der Weg hin zur Fundstelle nichts Anspruchsvolles, so ehrlich muss man sein, auch wenn er raus aus dem gesicherten Bereich ging.“ Viele Touristen hätten seinen Weg hin zur Fundstelle verfolgt und gefilmt. „Für Laien sah das sicherlich imposant aus, für mich war das einfach mein Job“, sagt er.

Was funkelt da im Schnee? Julian Fremgen an der Fundstelle.
Was funkelt da im Schnee? Julian Fremgen an der Fundstelle.

Etwas Schwierigkeit sei nur bedingt durch den vielen Schnee aufgetreten. „Glücklich, dass es sich tatsächlich um die abgefallen Zacken handelte, waren wir auf jeden Fall alle: die Touristen, die Einheimischen, mein Team von der Zugspitzbahn als auch meine Großeltern in der Pfalz“, freut sich Fremgen. Wie die fünf Kilo schweren Zacken wieder am Kreuz montiert werden, wird aktuell geklärt. Sicher ist jedoch: Sie werden bald wieder hoch oben am Kreuz erstrahlen – und das dank eines Pfälzers, der sein berufliches Glück in den Alpen fand.

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