Hagenbach Faurecia: Mit Arbeitskampf gegen Kündigungen

Für jede wegfallende Stelle ein weißes Kreuz: Protestaktion bei Faurecia.
Für jede wegfallende Stelle ein weißes Kreuz: Protestaktion bei Faurecia.

172 von 350 Mitarbeitern in Hagenbach sollen gehen. Der Betriebsrat will über ein Konzept zum Fortbestand des Standorts sprechen. Ansonsten droht ein Arbeitskampf.

„Der Betriebsrat hat mit ganz wenig Informationen ein Konzept entwickelt, dass den Fortbestand des Standorts Hagenbach sichern sollte“, schildert Betriebsrat Udo Häfele die Bemühungen um einen Erhalt der 172 Arbeitsplätze, die bei beim französischen Automobilzulieferer Faurecia in Hagenbach wegfallen sollen. Dort arbeiten derzeit noch 350 Menschen.

Das Faurecia-Werk Hagenbach ist Teil eines Verbunds von fünf Standorten: Dazu gehören noch Hannover (130 Beschäftigte), Mörfelden (6), Köln (12) und München (20). Anfang 2022 hat Faurecia für vier Milliarden Euro den deutschen Lichtspezialisten Hella übernommen; seitdem firmieren beide unter einem Dach mit dem Namen Forvia. Der neue Großkonzern gilt als der siebtgrößte Automobilzulieferer weltweit. Forvia hat rund 150.000 Beschäftigte. In Hagenbach werden unter anderem Innenraumsysteme wie Frontkonsolen („Armaturenbrett“) entwickelt.

Betriebsrat: „Werk schreibt eine schwarze Null“

Nach dem Eindruck von Häfele will das Unternehmen den Stellenabbau schnell durchziehen. „Bis 30.4. kann man freiwillig kündigen, ab 1. Mai wird gekündigt“, laute die Ansage der Geschäftsleitung. Als Grund für das hohe Tempo habe es in einer betriebsöffentlichen Versammlung geheißen, Faurecia Innenraumsysteme Deutschland mache derzeit monatlich 3 Millionen Euro Verlust. Zahlen für die Entwicklungsabteilung in Hagenbach konnte die Geschäftsleitung aber nicht nennen, moniert Häfele. Der Betriebsrat gehe davon aus, dass die Abteilung das Jahr 2023 mit einer schwarzen Null abschließe.

Informationen fließen nur spärlich

Geholfen bei dem Versuch, ein Konzept für den Fortbestand zu finden, haben die IG Metall und die Technische Beratungsstelle. Letztere wird vom Land und dem DGB betrieben. Aber die notwendigen Informationen seien seitens des Unternehmens nur spärlich geflossen, klagt Häfele. Offen sei beispielsweise weiter, wer die Arbeit machen sollen, die aus Hagenbach weg verlagert werden soll.

Das letzte Hemd.
Das letzte Hemd.

Dazu gehöre beispielsweise auch die Betreuung der Kunden in der Entwicklungsabteilung. Die soll in Indien und Spanien erfolgen, so Häfele. Bisher gebe es dort aber keine entsprechenden Strukturen. „Wir gehen aber davon aus, dass eine monatelange Einarbeitung nötig ist“, so Häfele.

„Bei uns wird schneller und flexibler gearbeitet“

Nicht schlüssig ist für den Betriebsrat auch die Argumentation der Geschäftsleitung, in Hagenbach seien die Lohn- und Energiekosten zu hoch. „Dafür wird bei uns schneller und flexibler gearbeitet, auch die Transportkosten sind niedriger“, befürchtet Häfele, dass die Geschäftsleitung auf einige wenige Kennziffern schaut und das Gesamtbild nicht sieht. Aussagen wie „Eine Vergleichsrechnung pro Bereich liegt nicht vor“ seien keine Seltenheit gewesen.

Nach der Übernahme von Hella hat sich der neue Gesamtkonzern in Forvia umbenannt.
Nach der Übernahme von Hella hat sich der neue Gesamtkonzern in Forvia umbenannt.

Nach drei Gesprächsrunden habe nun die Geschäftsführung die Verhandlungen für beendet erklärt. „Wir haben aber noch gar nicht verhandelt, wir wollten uns nur informieren“, sieht Häfele in dem Abbruch der Gespräche ein Indiz dafür, dass Faurecia es eilig hat: „Die wollen einfach schnell machen.“

Sozialtarifvertrag statt Sozialplan

Die Geschäftsleitung habe jetzt die Einigungsstelle angerufen. so Häfele. In ihr Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleich stark vertreten, ein unabhängiger Richter führt den Vorsitz. Der Betriebsrat hat auf einer Betriebsversammlung in der vergangenen Woche für einen anderen Weg geworben: angestrebt werden soll ein Sozialtarifvertrag. Anders als beim Sozialplan sind dabei die Gewerkschaften mit im Boot. Die Mittel eines tariflichen Arbeitskampfes können genutzt werden.

„Kritische Masse wird demnächst erreicht“

„Da die Mitgliederzahl der IG Metall in Hagenbach in den letzten Wochen stetig gestiegen ist, wird die kritische Masse für eine Arbeitskampf-Fähigkeit demnächst erreicht sein“, sagt Häfele. Der Weg werde also gangbar sein, wenn Faurecia sich nicht doch noch zu Verhandlungen bereit erklärt.

„Es ist richtig, dass sich die Arbeitgeberseite entschieden hat, die Einigungsstelle anzurufen“, teilt Faurecia auf Anfrage der RHEINPFALZ mit. Hintergrund seien die inhaltlich zu weit auseinander liegenden Positionen. Unter Einbindung der externen Moderation sollen die Verhandlungen Anfang 2024 fortgesetzt und in der ersten Jahreshälfte abgeschlossen werden.

Restrukturierung in zwei Phasen

Die Umsetzung der Restrukturierungsmaßnahme solle nach heutiger Planung in zwei Phasen erfolgen, so Faurecia: In der ersten Phase (bis April 2024) werden freiwillige Vereinbarungen mit interessierten Mitarbeitern angestrebt, um so betriebsbedingte Kündigungen auf ein Minimum zu reduzieren. „Zudem unterstützen wir unsere Mitarbeiter bereits heute aktiv dabei, Alternativen an anderen Standorten, innerhalb des Konzerns oder auch im externen Arbeitsmarkt zu identifizieren“, so Faurecia.

In der zweiten Phase (frühestens ab Mai 2024) sollen für die verbleibenden betroffenen Positionen betriebsbedingte Kündigungen beziehungsweise Änderungskündigungen ausgesprochen werden, so Faurecia weiter: „Unter Beachtung der jeweils einschlägigen arbeitgeberseitigen Kündigungsfrist.“

Zukunft des Standorts Hagenbach

Auf die Frage, welche Zukunft der Konzern für den Standort Hagenbach sehe, heißt es vonseiten Faurecias: „Hagenbach soll auch in Zukunft ein Standort sein, an dem Kundenbeziehungen gepflegt und Trends für die zukünftige Entwicklung von Produkten und Prozessen gesetzt werden. Für die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit setzen wir auf unser zukunftsorientiertes Team mit hoher Fachkompetenz.“

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