Kreis Bad Duerkheim „Ungeliebtes Kind“

Beim Neustadter Fasshersteller Sulo gehen in dieser Woche die Lichter aus. 42 Jahre hat Otmar Huber (60) in der Schlachthofstraße gearbeitet. Sein Kommentar zur Werkschließung: Sie ist unnötig und hatte sich schon lange abgezeichnet.

Von den 37 Mitarbeitern, die bei Sulo ihren Arbeitsplatz verlieren, hat nur einer bislang eine neue Stelle gefunden. Fünf Kollegen dürfen ein halbes Jahr länger bleiben, um beim Abbau der Anlagen zu helfen und die Kollegen in Herford an den Maschinen einzuarbeiten. Dafür wurde in dieser Woche extra eine Ergänzung zum Sozialplan unterschrieben. In Herford hat Geschäftsführer Henry Freudenreich gegenüber der dortigen Lokalzeitung erklärt, mit der Verlagerung der Produktion von 200-Liter-Fässern aus Neustadt 18 neue Arbeitsplätze zu schaffen. Der Neustadter Betriebsratsvorsitzende Otmar Huber hat 1972 mit einer Lehre als Starkstromelektriker bei der einstigen Blechembalagenfabrik Schönung angefangen. Damals gehörten auch Kleingebinde (60 Liter) und Kombifässer aus Kunststoff mit einem Blechmantel zur Produktionspalette. 100 Arbeitsplätze gab es in der Schlachthofstraße. Unter dem geschäftsführenden Gesellschafter Georg Serr sei es noch gut gelaufen, erinnert sich Huber. Auch sein Nachnachfolger Günther Brieskorn habe gute Arbeit geleistet, auch wenn unter ihm 1995 der Verkauf an Sulo erfolgte. Damals sei es versäumt worden, aktiver am Markt zu agieren. „Wir haben uns nur auf die BASF verlassen. Die wollten sich nicht gegenseitig wehtun“, beschreibt Huber das Verhältnis auch zum Haßlocher Mitbewerber Duttenhöfer. Sulo habe dann die Kleingebinde aus dem Programm genommen, obwohl die Deckungsbeiträge gestimmt hätten. In einem zweiten Schritt sei die Kunststoffproduktion nach Welkers in Osthessen verlagert worden, was 30 Stellen und damit die erste Entlastungswelle ausgelöst habe. Welkers sei dann wenig später geschlossen worden, die Kunststoffproduktion wieder zurück nach Neustadt geholt worden – ohne nennenswerten Personalaufbau. 2004 wurde Sulo an den Finanzinvestor Blackstone verkauft. „Das war eine dieser Heuschrecken, die haben uns aber in Ruhe gelassen, weil sie andere Baustellen hatten“, schildert Huber. Im April 2007 kam dann der Verkauf an Veolia und im Oktober 2007 der Einstieg der französischen Plastic Omnium-Gruppe. „Wir wurden da zweimal filetiert. Veolia ging es um die Umweltsparte, Plastic Omnium wollte nur die Mülleimersparte von Sulo. So waren wir immer ungeliebtes Kind“, stellt Huber fest. Er glaubt heute, dass Sulo vorhatte, den Standort Neustadt früher zu schließen, aber wegen der Nähe zum Hauptabnehmer BASF noch so lange wie möglich das Geschäft mitnehmen wollte. Zu keinem Zeitpunkt sei in den Standort Neustadt nennenswert investiert worden, außer für die Instandhaltung. 2012 mussten 24 Mitarbeiter gehen, 2013 ging Werkleiter Peter Stein. „Ab dem Zeitpunkt war der Werkleiter aus Herford für uns zuständig und kam einmal in der Woche vorbei. Da war mir schon klar, dass es zu Ende geht“, erklärt Huber im Rückblick. Die Hoffnung sei zwar nie erloschen, auf die großen Reden bei der 100-Jahr-Feier Ende 2013 habe er aber nichts mehr gegeben. Der Konkurrent Mauser habe dann mit seinen aggressiven Preisen dem Werk endgültig die Grundlage entzogen. Das Durchschnittsalter der Neustadter Sulo-Belegschaft liegt bei 48 Jahren. Die meisten seien 20, 25 Jahre und länger im Unternehmen. „Uns hat alle frustriert, dass nicht mit offenen Karten gespielt wurde und man uns immer eine Zukunft vorgaukelte“, sagt Huber. Zum 1. September 2014 und zum 1. Januar 2015 wird das Frankenthaler Zentrum für Arbeit und Bildung (ZAB) die Sulo-Mitarbeiter für ein Jahr übernehmen. Im Sozialplan ist vereinbart, dass zusätzlich pro Kopf 2000 Euro für Weiterbildungsmaßnahmen zur Verfügung stehen. „Wir haben schon 2012 gute Erfahrungen mit ZAB gemacht. Die haben für gut die Hälfte der damals 24 Entlassenen neue Arbeitsplätze gefunden“, erklärt Huber. Die Abfindungen – laut RHEINPFALZ-Informationen zwischen einem halben und einem Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr – seien eine wichtige Stütze. „Wer befürchten muss, keinen neuen Arbeitsplatz mehr zu finden, ist froh über jeden Cent.“ Huber macht sich wenig Hoffnung auf eine neue Stelle: „Ein Jahr ZAB, zwei Jahre Arbeitslosigkeit und dann hoffe ich, vorzeitig in den Ruhestand gehen zu dürfen. Ich will ja arbeiten, aber wo haben wir in Neustadt denn noch industrielle Arbeitgeber?“

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