Donnersbergkreis „Es geht darum, uns Gehör zu verschaffen“

Rund 50 Gäste hatte Joachim Eckhardt (rechts) in sein Bistro „Clou“ geladen, um über die Situation der Kleinstgastronomie zu dis
Rund 50 Gäste hatte Joachim Eckhardt (rechts) in sein Bistro »Clou« geladen, um über die Situation der Kleinstgastronomie zu diskutieren.

Auf den Bildern an den Wänden von Joachim Eckhardts Dorfkneipe wird herzlich gelacht. Man zeigt Zähne, schüttelt Hände. Der Gaugrehweilerer Wirt lässt sich ab und an gerne ablichten – für seine Galerie mit der landespolitischen Prominenz. Hier Minister Volker Wissing, dort eine Runde Tischkicker mit Julia Klöckner. Einträchtig, fast freundschaftlich gibt man sich. Einen solchen Schnappschuss wird es heute nicht geben. An diesem Donnerstagnachmittag hatte Eckhardt in seinem Bistro „Clou“ eigentlich einen Ehrengast erwartet. Der habe aber vor einer halben Stunde abgesagt. Michael Hüttner (SPD), Vorsitzender des Ausschusses für Inneres, die „rechte Hand“ Roger Lewentz’, wie Eckhardt betont, packt’s nicht. Familiärer Notfall. Da könne man nichts machen. „Ihn hätten wir gerne informiert. Er kann unser Anliegen nach oben bringen“, hadert der Kneipier. Egal, sein Programm zieht er durch. Noch vor Sitzungsstart kramt Eckhardt einen dicken Stapel Zeitungsartikel hervor. Den Zeigefinger presst er auf fett rosa markierte Absätze. „Leben und leben lassen“, „wollen wieder ins ländliche Leben“, „wer wissen will, was die Menschen bewegt, muss in die Kneipe“, zitiert der Wirt aufgebracht. Nach den Sommerferien, heißt es in den Texten, wolle die Landespolitik mehr ins Dorf, mehr in die Provinz, mehr zum Bürger. Basispolitik. „Da hätten wir Herrn Hüttner genau am richtigen Punkt erwischt“, ruft Eckhardt. „Es geht darum, uns Gehör zu verschaffen und Sympathien zu wecken. Dass die Politik mit uns redet“, erklärt auch Ole Rom, Vorsitzender der Fachgruppe Gastro-Automaten im rheinland-pfälzischen Dehoga. Das sei der einzige Weg, den Kleinstgastronomie und Interessenvertretung im Schulterschluss gehen können: nicht nachgeben, rührig kämpfen. Mal wieder steht an diesem Tag die Vergnügungssteuer im Fokus (wir berichteten zuletzt am 18. April). Jene Abgabe, die vor allem auf Spielautomaten entfällt. Utopisch hoch sei die, klagen die Wirte. Dass sich die kommunalen Sätze einzelner Verbandsgemeinden teils drastisch unterscheiden, hier bei 15, dort bei 22 Prozent liegen, sei unfair, ja, reine Willkür. „Da sind dicke Bretter zu bohren“, sagt Rom. Mit einem „einheitlichen Satz für die Gastronomie“, meint der Däne, „wäre vielen geholfen“. 50 Gäste hat Eckhardt geladen. Landtagsabgeordnete, Wirte, Personal, Automatenunternehmer, Lokalpolitiker, Redakteure zweier großer Fachmagazine der Automatenbranche. Wie Anfang April, als mit Gustav Herzog einer aus dem Bundestag in Gaugrehweiler saß. Alle an einem Tisch, könnte man meinen – wäre die Landespolitik heute im „Clou“ vertreten. Ist sie nicht. Dafür beispielsweise Uwe Niechziol von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier, verantwortlich für die Sparte Glücksspiel. Einen leichten Stand hat er vor den Wirten nicht – sein Amt veröffentlichte, dass 30 Prozent der getesteten Kneipen gegen den Jugendschutz verstießen. Seit 2014 wurden der Studie zufolge rund 1600 Gaststätten mittels verdeckter Testkäufe – eigens dafür engagierte die ADD ein Unternehmen – auf die Probe gestellt. Etwa 430 fielen durch, der minderjährige Testkäufer kam ungehindert an den Geldspielautomaten. Ungehindert heißt hier auch: Eine Münze konnte er in einem unbeobachteten Moment einwerfen, danach sofort abziehen. Laut Rom bilde diese Methode die Wirklichkeit nicht ab. Niechziol erklärt: „Am Anfang war die Quote höher, mittlerweile hat sie sich gebessert. Zurückzuführen sind Verstöße auf ungeschultes Personal.“ Die ADD wolle den Kneipen ja keinen reinwürgen. Im Gegenteil, sagt er. „Wir hätten weniger Aufwand, müssten wir die Kostenbescheide nicht ausstellen“, so Niechziol. Die Strafen können im hohen dreistelligen Bereich liegen. Rom glaubt: Eine solche Statistik sei „politisch eine potenzielle Bedrohung“ für Kneipen, die Durchfallquote „Munition“ gegen die Kleinstgastronomie. Spielautomaten werden als suchtförderndes Risiko dargestellt. Dabei erscheint das Vorgehen des ADD-Dienstleisters teilweise intransparent. Wie genau der Testkauf immer abläuft, das könne Niechziol, der selbst oft ins Feld gehe, nicht nachvollziehen – gleichwohl, das betont er, seien die Richtlinien der ADD streng. Eckhardt verweist auf eine Umfrage, die er selbst unter Kneipengängern (1364 Befragte) gemacht hat. Dabei hätten über 99 Prozent angegeben, dass ihr Wirt den Jugendschutz strikt einhalte. Zahlen, die sich beißen. Der Beamer wirft eine von unzähligen Kalkulationen Eckhardts an die Wand. Die Höhe der Abgaben zeigt: Viel bleibt dem Wirt nicht in der Tasche. „Rheinland-Pfalz ist in einer Situation, die finanziell problematisch ist. Viele Kommunen sind unterfinanziert. Wer eine Steuer reduziert, muss irgendwo einen Ausgleich finden“, sagt Helmut Gass, Fraktionsführer der FDP im Verbandsgemeinderat Rockenhausen. Die Nordpfalz-Stadt sei keine „Oase der Glückseligkeit“. Gass findet jedoch: „Dass die Vergnügungssteuer auf den Bruttoumsatz angerechnet wird, ist Abzocke!“ Da müsse die Regierung den Riegel vorschieben – nicht die Verbandsgemeinde. In diesem Punkt ist man sich einig. Für den 12. September hat sich Hüttner wieder angekündigt. Ersatztermin. Es wird wohl das nächste Foto für Eckhardts Galerie geben. Und, viel wichtiger, wieder ein Politiker, dem er das Kneipendilemma nahebringen kann.

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