Donnersbergkreis Diagnose: durchwachsen

Fast 900 Bäume nahmen Baumfachleute im vergangenen Sommer unter die Lupe – unter anderem am Schafhausplatz.
Fast 900 Bäume nahmen Baumfachleute im vergangenen Sommer unter die Lupe – unter anderem am Schafhausplatz.

Kleine runde Metallplättchen mit Zahlen sind an immer mehr Baumstämmen in der Kreisstadt zu finden. Sie zeigen an: Dies Exemplar ist ins städtische Baumkataster aufgenommen. Seit 2008 wird an diesem Kataster, dem seinerzeit ersten einer Stadt im Donnersbergkreis, geschrieben. Es erfasst ausschließlich Bäume im öffentlichen, nicht aber im privaten Besitz. Zehn Jahre später bleiben nur noch „Restposten“ zu beackern, etwa die Bäume an der Marnheimer Straße.

Doch wie die Objekte selbst ist auch das Kataster, dem die Untere Naturschutzbehörde eine hohe Qualität zuschreibt, in fortwährender Entwicklung: Was einmal registriert ist, bleibt hinsichtlich seiner Vitalität unter Kontrolle. Von jedem der Bäume, die durch ihre Nummerierung im jeweiligen Lageplan schnell auszumachen sind, werden bei der Erstaufnahme Art und Höhe, Pflanzjahr und Erhaltungszustand beschrieben, im Falle von Schäden entweder Kontrollen in gestaffelten Zeiträumen oder gleich konkrete Pflegemaßnahmen vorgeschlagen. Jüngste Aufnahme fanden im Sommer 2017 nach Begutachtung durch das Fachbüro Eiling aus Heidelberg 440 Bäume auf dem Schillerhain zwischen nördlichem Wäldchen und südlicher Wohnbebauung. Das historische Kernstück, der „Bürgerpark“, soll bekanntlich als Geschützter Landschaftsbestandteil ausgewiesen werden; das Kataster ist dabei für die Zukunft wichtige Bestandsaufnahme und nützliche Handlungsempfehlung. Linde und Ahorn, registriert man beim Blättern darin, sind besonders häufig auf dem Schillerhain, aber beispielsweise ist nun auch die zum Stadion führende Birkenallee Bestandteil des Katasters. Der Zustand des Baumbestands insgesamt ist – nicht anders als bei den anderen untersuchten Standorten der Stadt – buchstäblich durchwachsen. Er reicht von „gesund“ über leicht, mittel und stark geschädigt bis zu „tot“ – was immerhin noch eine Fortexistenz als Biotopbaum nach sich ziehen kann. 28 Bäume müssen jedoch am Schillerhain fallen, darunter ein flächiger Robinienbestand von 19 Bäumen im Wäldchen. Für 132 Bäume machten die Heidelberger Experten Pflegebedarf geltend. Als stark geschädigt werteten sie neben einigen Linden- und Ahornbäumen beispielsweise Exemplare von Esche, Weißdorn, Prunus, Rosskastanie, Mehlbeere, Goldregen oder Eiche – gepflanzt sämtlich zwischen 1950 und 1990. Je nach Schadensumfang wurden zeitlich gestaffelte Folge-Begutachtungen festgelegt. So auch für einige Linden der zum Schillerdenkmal führenden Allee, die laut Gutachter durch den Hotel-Erweiterungsbau „leicht geschädigt“ wurden (wir berichteten) und alle zwei Jahre kontrolliert werden sollten. An anderen Standorten, die bereits zuvor im Kataster erfasst waren, begutachteten die Baumfachleute ebenfalls im Sommer 2017 den aktuellen Zustand. Den Schillerhain mitgerechnet, nahmen sie so fast 900 Bäume in belaubtem Zustand unter die Lupe: im Schlossgarten und auf dem Friedhof, am Schafhausplatz und Ziegelwoog, an der Paulskirche, in der Dr.-Edeltraud-Sießl-Allee und am Ehrenmal. Der Schlossgarten mit seiner außerordentlichen Artenvielfalt habe 2008 auch am Beginn der Katasterarbeit gestanden, erläutert Tatjana Fuchs von der Verbandsgemeindeverwaltung. Anlass war seinerzeit, dass die Brunck- Gedächtnisstiftung der BASF den Park an die Stadt verkaufte. Mit seinen aktuell fast 600 Bäumen und der historischen Bedeutsamkeit steht der Landschaftspark besonders im Fokus der Beobachtung und zu bedenkender Eingriffe, so Fuchs: „Wir merken, dass zahlreiche Bäume in ein kritisches Alter kommen, an vielen sehen wir Schäden. Wir wollen sie aber so lange erhalten wie irgend möglich. Wirtschaftlichkeit ist dabei nicht das entscheidende Kriterium.“ So werde man beispielsweise versuchen, dem Wurzelpilz an der großen Buche am Weiher mit einem „Gegenpilz“ den Garaus zu machen. Stark gefährdete Bäume würden sogar zweimal im Jahr begutachtet, fügt Fuchs hinzu. Insgesamt hatte das Büro Eiling im Sommer 258 Schlossgarten-Bäume kontrolliert, 48 Pflegemaßnahmen vorgeschlagen, die Hälfte davon eilbedürftig. Sieben Baumfällungen wurden als dringlich erachtet. Mit rund 150 meist alten Bäumen gehört auch der Friedhof zu den beeindruckenden Kirchheimbolander Grünanlagen. 107 wurden im Sommer inspiziert, für 23 sah das Büro Eiling Handlungsbedarf, wozu bei einigen Bäumen auch schlicht das Wässern in Trockenperioden gehört. Was die Fachleute ebenfalls für mehrere der – insgesamt aber doch recht gesunden – Linden in der Dr.-Edeltraud-Sießl-Allee anrieten und in noch größerem Umfang für ihre Artgenossen auf dem Schafhausplatz. Dort zum Kontrollzeitpunkt im Juli sogar als Sofortmaßnahme. An der Paulskirche hielten die Fachleute an fünf Bäumen leichte bis mittlere Schäden fest, am Ziegelwoog überwiegend leichte Schäden. Als in der Mehrzahl gesund erwiesen sich die – freilich noch recht jungen – Bäume am Ehrenmal. Insgesamt sind laut Tatjana Fuchs im Stadtgebiet mittlerweile rund 1940 Bäume erfasst, darunter, wie an Grundschule und Hallenbad, auch solche, die formal in die Zuständigkeit der Verbandsgemeinde fallen. Hinzu kommen 98 Bäume an Grundschulen in den Dörfern der Verbandsgemeinde Kirchheimbolanden, deren Kontrolle ebenfalls zweckmäßigerweise gleich mit ausgeschrieben worden war. Da der Vertrag mit dem Büro Eiling über die Baumkontrollen im Jahr 2017 auslief, hat die Bauverwaltung diese Ingenieurleistungen für die nächsten fünf Jahre neu ausgeschrieben. Vergeben werden sollen sie laut Tatjana Fuchs in der nächsten Stadtratssitzung, damit auch in Zukunft vorschriftsgemäße und fachkundige Begutachtungen und bei drohender Gefahr schnelles Handeln gesichert sind. Denn dass die wertvolle „grüne Lunge“ der Stadt ansehnlich und leistungsfähig zum Wohle der Bürger bleibt, ist nur die eine Seite der Medaille. Die andere, sie vor Schaden etwa durch umstürzende Bäume oder herabfallende Äste zu bewahren. Für diese „Verkehrssicherungspflicht“ haben Stadt und VG als Eigentümer der Grünflächen den Hut auf. Da fungiert das Baumkataster also auch selbst als eine Art Kontrollinstrument.

Die in das Kataster aufgenommenen Bäume haben ein rundes Metallplättchen.
Die in das Kataster aufgenommenen Bäume haben ein rundes Metallplättchen.
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