Kaiserslautern Wunderbar klanglich ausbalanciert

Steigerten sich: von links Anne Katharina Schreiber (Violine), Jutta Ernst (Klavier) und Kristin von der Goltz (Violoncello).
Steigerten sich: von links Anne Katharina Schreiber (Violine), Jutta Ernst (Klavier) und Kristin von der Goltz (Violoncello).

Es macht gerade das Wesen und den Reiz von Live-Konzerten aus, dass durch die Gunst der Stunde oder die Inspiration des Augenblicks jede Aufführung ihren eigenen Verlauf nimmt. Auch beim Kammerkonzert am Freitag im Casino der Volksbank mit dem „Trio Vivente“ entwickelte sich eine Eigendynamik, die zunehmend zu interpretatorischen Steigerungen führte.

Das Konzertprogramm des Klaviertrios, genannt „Trio Vivente“, hatte die ausgewählten Komponisten chronologisch geordnet, also den Wiener Klassiker Mozart mit dessen Trio in C-Dur zum Auftakt gewählt. Mozart ist durch strukturelle Klarheit und filigrane Linienführung ohnehin heikel und als Einspielstück nicht geeignet, diese leidige Erfahrung machen viele Interpreten – auch Stellenbewerber bei Mozarts-Solokonzerten. Konkret: Die Pianistin Jutta Ernst (Dozentin an der Musikhochschule Saarbrücken), die Geigerin Anne Katharina Schreiber (an der Freiburger Musikhochschule lehrend) und die Cellistin Kristin von der Goltz (Frankfurter Hochschule) deuteten Mozarts Kopfsatz im furiosen rasanten Allegro. Sie belebten so die Diskussion um adäquate Tempi, die hier drängende Unruhe und manchmal verwischte melodische Konturen mit sich brachten; wobei Bruchteile der vollen spielerischen Präzision hier und (seltener) beim Finalsatz fehlten. Dabei gelten die beiden Streicherinnen als Expertinnen „Alter Musik“. Das Markenzeichen des klassisch-galanten Stils ist aber das singende Allegro, Kantabilität geht über gestalterische Intensität. Dies gelang beim Andante dann besser. Dagegen hatten die Ausführenden beim Klaviertrio in F-Dur von Camille Saint-Saens auf Anhieb einen besseren, stilgerechteren Zugang gefunden. Der packende, gestalterische Zugriff gab hier den Ecksätzen Stringenz, das Scherzo wirkte filigran ausgearbeitet und gestochen klar artikuliert. Und alle Sätze lebten von einer erkennbar dialogischen Verbundenheit, die bei Mozart einer virtuosen Selbstdarstellung wich. Konnte schon die Prägnanz der Gestaltung und Charakterisierung bei Saint-Saens überzeugen, entstanden nach der Pause dann nach diesen bei Mozart umstrittenen und dann lobenswerten Satzaufführungen mit Ravel beglückende Momente der Inspiration. Diese hätte man nach dem ersten Teil mit oftmals robuster und nicht der Akustik angepasster Spielweise so nicht vermutet. Zugegeben, Ravels Klangästhetik geht von Klangfarben, von sich verändernden und auflösenden Harmoniefolgen und von anderen Gestaltungsprinzipien aus. Anstelle einer Beethovenschen dramatischen Dialektik und Spannung oder einer Brillanz im Virtuosentum – etwa bei Mendelssohns Klaviertrios – intendiert Ravel vor allem auch Klangwirkungen in subtilster Form. Hier erreichte das Trio an klanglichem Raffinement, an zartesten Abstufungen und in pastosen melodischen Linien seine absoluten Stärken. Die Drei stellten sich immer besser auf die Rahmenbedingungen ein und erreichten so eine wunderbare klangliche Ausbalancierung. Auch die stürmisch geforderte Zugabe knüpfte an diese Ausdrucksverfeinerung in bezaubernden Kantilenen an.

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