Kaiserslautern Wie aus dem Lehrbuch

91-73800062.jpg

Ein lehrbuchhaft konzipiertes Programm legt der erste Kapellmeister des Pfalztheaters, Markus Bieringer, fürs erste Pfalztheaterkonzert morgen vor: eine klassische Mozart-Sinfonie, ein romantisches Solokonzert von Weber und dazu eine Schostakowitsch-Sinfonie als Bindeglied zwischen Spätromantik und Moderne.

Im RHEINPFALZ-Gespräch würdigt Bieringer vorab das nicht selbstverständliche Entgegenkommen des Generalmusikdirektors Uwe Sandner und des Pfalztheaters, dass er seine Programmvorstellungen unbürokratisch und komplett verwirklichen konnte. Mit der 35. Sinfonie von Mozart mit dem Beinamen „Haffner“ hat Bieringer dabei eine der späten Mozart-Sinfonien gewählt, die zwischen liedhaft schlichter, anmutiger Melodik und dramatischen Aufschwüngen des Themas des Kopfsatzes seine kompositorische Dialektik widerspiegelt. Opernhafte Dramatik zeigt sich im Thema des Finalsatzes, das an eine Bass-Arie des Osmin aus der Oper „Entführung aus dem Serail“ erinnert. Mit Carl Maria von Webers erstem Klarinettenkonzert setzt Bieringer eine liebgewordene und lobenswerte Leitidee des Hauses fort, aufstrebenden Stimmführern und herausragenden eigenen Kräften aus den Reihen des Orchesters Profilierungsmöglichkeiten zu geben: Der Soloklarinettist Benjamin Bruschke wird das zwischen Frühromantik und beginnendem Virtuosentum stehende Konzert mit seinem brillanten Rondo spielen. Gefolgt von der 12. Sinfonie Schostakowitschs, den Bieringer im Spannungsfeld zwischen künstlerischer Autonomie und der seit 1935 erfolgten Beobachtungen und Maßregelungen durch das damalige Zentralkomitee sieht. Der Vorwurf des abstrakten Rationalismus’ stand im Raum, der Komponist wurde stattdessen zu massenwirksamen Grundsätzen des sozialistischen Realismus’ aufgerufen und verpflichtet. Die Sinfonie ist Lenin gewidmet, was Schostakowitschs versöhnliche Geste zeige, so Bieringer. Allerdings sei, so der Dirigent weiter, diese politische Dimension ihrer Entstehung für ihn nicht zu hören. Vielmehr zeigte er sich beim Blättern in der umfangreichen und sehr anspruchsvollen Partitur von deren russischer Seele, von der Schwankung zwischen zerbrechlicher Melancholie und furioser energiegeladener Tonsprache berührt. Das Werk stehe tonal zwar in spätromantischer Tradition, zeige aber auch bitonale Passagen.

x