Theater Was hat es mit dem neuen Robin Hood am Pfalztheater auf sich? – Ein Interview

Helena Vogel bei einer Probe. Sie spielt die Marian – eine Figur, mit der sich das Publikum sehr gut identifizieren kann, wie Re
Helena Vogel bei einer Probe. Sie spielt die Marian – eine Figur, mit der sich das Publikum sehr gut identifizieren kann, wie Regisseur Stephan Beer meint.

Ein sehr besonderer Robin Hood kehrt am 25. November auf die Bühne des Pfalztheaters zurück. Denn der Held ist gar nicht so, wie man ihn sich vorstellt. Im Interview verraten Regisseur Stephan Beer, Bühnenbildner Georg Burger und Kostümbildnerin Kristina Böcher mehr.

Herr Beer, Ihr Stück heißt „Die Rückkehr“. Kommt Robin Hood etwa aus dem Ruhestand zurück?
Stephan Beer: Nein, wir setzen viel später ein. Der Mythos von Robin Hood ist ja um das Jahr 1200 verortet. Wir agieren 600 Jahre später, um 1830, in der Zeit von Charles Dickens' ,Oliver Twist’. Sie ist geprägt von Industrialisierung und Kapitalismus, die damals in England in Gang kamen. Dort haben wir unsere Geschichte von Robin Hood angesiedelt, mit Leuten, die sich auf die Geschichte von Robin Hood beziehen.

Inwiefern?
Stephan Beer: Marian und ihr Vater John leben im Wald in einer Hütte. Der Sheriff von Nottingham präsentiert ihnen einen Räumungsbefehl, denn unter dem Sherwood Forest wurde Kohle gefunden. Und reiche Leute haben den Sheriff bestochen, die Bewohner zu vertreiben, damit sie diese Bodenschätze verwerten können. Marian und andere aber sagen: Wir wollen Widerstand leisten. Und sie nennen sich ,Robin Hood’, sind aber nicht Robin Hood.

Wogegen genau wollen sie sich wehren? Nur gegen Kapitalismus? Oder schwingt hier auch ein Umweltschutzgedanke, wie wir ihn heute verstehen, mit?
Stephan Beer: Natürlich geht es Marian um den Schutz des Waldes, in dem sie lebt. Das ist schon ein bisschen wie bei ,Fridays for Future’, ebenso geht es aber auch um soziale Gerechtigkeit und Solidarität.

Wer ist Robin Hood in Ihrem Stück?
Stephan Beer: Das ist bei uns die große Rätselfrage. Das ist der Cliffhanger der ganzen Geschichte. Robin Hood ist nicht so, wie man ihn sich immer gerne vorstellt.

Wer ist denn der Held in Ihrer Geschichte?
Stephan Beer: Eine Figur, mit der man sich sehr gut identifizieren kann, ist Marian. Sie ist ganz kämpferisch unterwegs, mit heutigen Themen und einer ganz starken Persönlichkeit. Sie protestiert gegen Ungerechtigkeit, gegen die Abholzung des Waldes.

Die Autoren des Stücks: Georg Burger, der das Bühnenbild verantwortet, und, rechts von ihm, der Regisseur, Stephan Beer.
Die Autoren des Stücks: Georg Burger, der das Bühnenbild verantwortet, und, rechts von ihm, der Regisseur, Stephan Beer.

Wie sieht denn die Bühne aus, Herr Burger?
Georg Burger: Wir fangen mit dem Wald an. Man befindet sich im Sherwood Forest. Und der Wald verändert sich über die Jahrhunderte hinweg nicht, aber die Menschen verändern ihn.

Sieht man das auf der Bühne?
Georg Burger: Ja, es gibt einiges zu schauen. Man wird auch die Kohle sehen, ebenso die Räume der Reichen. Es gibt verschiedene Schauplätze, die ineinander übergehen.

Diese Geschichte erinnert mich an Ereignisse wie die zwangsweise Räumung des Hambacher Forstes, das Wegbaggern von Dörfern zwecks Kohleförderung. Hatten Sie das im Hinterkopf?
Georg Burger: Das spielt bei unserem Setting schon mit, dass Menschen vertrieben werden und die Natur zerstört wird. Bildhaft nehmen wir Robin Hood seinen Wald weg. Da zieht sich eine Linie bis in die Gegenwart. In unserer Bühne gleitet alles organisch ineinander über. Man sieht, wie sich die Bühne ständig auch in einer offenen Verwandlung verändert.

Wie sehen denn die Menschen, die hier leben, aus?
Kristina Böcher: Die Leute sehen gar nicht aus wie heute, aber die Thematik bleibt. Wir haben einen Barden aus der Zeit um 1200, auch in entsprechendem Kostüm, den es in die Gegenwart von 1830 verschlagen hat. Die Französische Revolution wird da gerade rückgängig gemacht, Karl Marx schreibt sein „Kapital“, die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer. Diese Struktur bleibt bis heute, es wird zensiert und korrumpiert.

Frau Böcher, spiegelt sich die Spaltung zwischen Reich und Arm auch in Ihren Kostümen wider?
Kristina Böcher: Ja, es gibt eine klare Zweiteilung. Die Reichen sehen wir in farbenprächtigen Kostümen aus der Zeit von etwa 1850, voller Dekadenz. Und die Armen hatten immer schon einfache, unscheinbare Sachen.

Die Kostüme hat Kristina Böcher entworfen.
Die Kostüme hat Kristina Böcher entworfen.

Wie fügt sich Ihr Barde da ein? Ist er ein sympathischer Fremdkörper, der sich integriert, oder ein ,loser Vogel’?
Kristina Böcher: Er ist manchmal ein Sidekick für Marian. Er ist jemand, der alles hinterfragt, weil er als Neuer dazugekommen ist. Er kann immer wieder Kommentare von sich geben, was das Mittelalter denn von der Zeit, in der das Stück spielt, unterscheidet. Zum Beispiel: Im Mittelalter haben wir uns einfach duelliert, statt Sachen auszudiskutieren. So bringt der Barde eine witzige Ebene ins Spiel – und er freundet sich mit Marian an.

Mit Gwendoline und Archibald tauchen auch Namen auf, die man so nicht unbedingt aus den Robin Hood-Geschichten kennt.
Stephan Beer: Das sind die reichen Kapitalisten.

Karl Marx steht auch auf der Besetzungsliste?
Stephan Beer: Ja, er kommt des Weges daher und gibt einem Polizisten einen guten Ratschlag, den dieser auch umsetzt. Das ist fast wie bei Monty Python.

Und der Teufel kommt auch?
Stephan Beer: Das ist ein total surrealer Moment.

Und wann kommt der Teufel ins Spiel?
Stephan Beer: Wenn den bösen Reichen die Ideen ausgehen, brauchen sie neuen Input, wie man noch reicher werden kann.

Von wem ist eigentlich dieser Robin Hood?
Stephan Beer: Den haben Georg Burger und ich zusammen geschrieben. Es ist zwar eine Bearbeitung eines Stoffes, den es schon gibt. Aber es entsteht eine ganz neue, eigene Geschichte. Und es gibt ja nicht die eine Robin Hood-Geschichte, sondern es ist eine Sammlung von Mythen und Sagen. Kanonisch geworden sind die Hollywoodbearbeitungen, vor allem die Version mit Errol Flynn aus den 1930er-Jahren. Aber jede Zeit hat eine andere Robin Hood-Geschichte, jede Generation hat die Geschichte neu gelesen.

Wie alt sind denn Marian und Robin bei Ihnen?
Stephan Beer: Marian könnte ein älterer Teen sein oder knapp 20, sie löst sich gerade von ihrem Papa und ihrem Zuhause. Und Papa John ist so um die 50. Er war früher mal Sheriff und macht auch mit bei Robin Hood. Er war aufrichtig und geradlinig, hat sich nicht korrumpieren lassen und ist deshalb durch eine Rufmordkampagne als Sheriff abgesetzt worden.

Gibt es auch Musik?
Stephan Beer: Ja, es gibt eine eigene Schauspielmusik, eigens für das Stück geschriebene Songs. Die spannen einen Bogen von den Bänkelsängerliedern aus dem Mittelalter bis zu kämpferischen Liedern in der Tradition der Widerstandslieder. Manches erinnert hier an Kurt Weill oder die „Dreigroschenoper“. Der Schlusssong ist eine gute Mischung, das ist sehr peppig, aber auch kämpferisch. Es macht einfach Spaß und gute Stimmung. Aber es gibt auch Atmosphäre, Geräusche, einen Soundteppich, ein Sounddesign.

Für Kinder ab welchem Alter ist Ihr Robin Hood denn gedacht?
Stephan Beer: Ab sechs Jahren, also das klassische Weihnachtspublikum. Aber nach oben sind keine Grenzen gesetzt.

Info

Robin Hood – Die Rückkehr, Familienstück von Stephan Beer und Georg Burger, Großes Haus im Pfalztheater Kaiserslautern. Premiere: Samstag, 25. November, 17 Uhr. Weitere öffentliche Vorstellungen am 1., 17., 25. und 27. Dezember. Karten online unter pfalztheater.de.

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