Kaiserslautern Unerhört und ungehört

Eine dicht besetzte Theresien-Kirche und eine künstlerisch ambitionierte Programmfolge setzten am Sonntag möglicherweise das Vocalensemble Kaiserslautern etwas unter Erfolgsdruck.

Veranstaltungen, die sich der Bekanntmachung der komponierenden Frau in der Musikgeschichte widmen, verdienen ohnehin uneingeschränktes Lob. Sie tragen zur künstlerischen Aufwertung von Komponistinnen bei, die bis in unsere Zeit oftmals im Schatten ihrer Ehemänner, Brüder oder einfach Zeitgenossen standen und von der Gesellschaft als Außenseiterinnen belächelt wurden. Ein flammender Appell diesbezüglich gelang dem musikalischen Leiter Siegward Pfalzgraf mit seiner programmatisch-thematischen Offensive unter dem Titel „Unerhört“ – weil es sich nicht gehörte – und „Ungehört“ – weil einfach ignoriert und nicht veröffentlicht wurde –, wie es Pfalzgraf am Beispiel ausgewählter Kurzbiographien aufzeigte. Durch diesen Ehrgeiz beflügelt, umspannte die Vortragsfolge eine fast 1000-jährige Musikgeschichte unter diesem Blickwinkel: Ausgehend von der als Spiegel der himmlischen Harmonie sich verstehenden Musik der Äbtissin Hildegard von Bingen des Mittelalters über eine Pionierin der aufkommenden Oper um 1600 mit Francesaca Caccini und der deutschen Romantik mit Fanny Hensel (Schwester von Mendelssohn-Bartholdy) bis in die Gegenwart und in unsere Region reichten diese Bemühungen um nachträgliche oder zusätzliche Anerkennung. So auch beispielsweise für die im benachbarten Neustadt als Komponistin und Musikpädagogin wirkende Hanni Schoen-Knauff, die viele regionale Musiker inspiriert hat. Die Vielzahl der stilistisch, satztechnisch und vor allem harmonisch völlig unterschiedlich gehaltenen Vokalwerke erklären, dass sich bei dem immens hohen Schwierigkeitsgrad in der Summe das Vocalensemble Kaiserslautern diesmal hinsichtlich stimmlicher Reinkultur (Intonation, Zusammenklang) nicht ganz die Güte gewohnter Konzerterlebnisse erreichte. So sind die von der Gregorianik inspirierten Gesänge der Hildegard eng mit der Prosodie des zugrundeliegenden Textes in reicher Melismatik verbunden. Dies erfordert eine besonders geschulte Dirigierweise und Aufführungspraxis, was von einem klassisch-romantischen Kammerchor nicht erwartet werden darf. Auch erwies sich das Zusammenführen von Solo- und Klavierpart mit Chorklang bei weiteren Kompositionen von Lili Boulanger oder Cécile Chaminade als problematisch, wobei die Sopranistin Gisela Glas-Lorenz durchaus entsprechende gesangstechnische Fähigkeiten zeigte. Ob begleitet vom sehr sicheren Pianisten Klaus Demuth oder a-cappella, das Vocalensemble bewies schon seine hohe stimmliche und gestalterische Substanz, auch im Hinblick auf die hohen stimmlichen Anforderungen. Die Kostproben von Komponistinnen in der Instrumentalmusik wollte der Percussionist Andreas Zimnol auf dem Marimbaphon aufzeigen, kurzfristig erkrankt, musste er leider absagen. So blieb es bei der Aufführung von Klavierkompositionen als Kontrast. Clara Schumann ist vielen ein Begriff, Fanny Hensel wurde jüngst auch beim Gemeinschaftskonzert des Chorforums aufgeführt, doch wer kennt Mel Bonis? Klaus Demuth tat alles Erdenkliche an pianistischer Brillanz, an musikalischer Charakterisierung und Stilisierung, um ihre Ballade in allen Facetten belichtet in den gleichberechtigten Rang zu erheben.

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