Kaiserslautern Ulrich: Ich habe keine Angst um die Partei

Wenn ein Sympathieträger aus der vordersten Linie einer Partei zurücktritt, machen sich oft Sorgen breit, es gehe mit der Partei bergab. Derlei Befürchtungen hegt Alexander Ulrich, Bundestagsabgeordneter der Linken, nach der Ankündigung von Gregor Gysi, im Oktober nicht mehr für den Fraktionsvorsitz zu kandidieren, keineswegs. „Es ist ein Einschnitt, aber ich habe keine Angst, das es die Partei in Schwierigkeiten bringen wird“, betont der Abgeordnete.

Gysi kündigte auf dem Parteitag der Linken in Bielefeld an, nicht mehr bei der Wahl einer neuen Fraktionsführung anzutreten. Ulrich war in Bielefeld nicht völlig überrascht von dieser Ankündigung – sie hatte sich angedeutet. Gysi sei einer der herausragenden deutschen Politiker, der über das Wählerklientel der Linken hinaus Sympathien genieße. Dass er nun bald nicht mehr in der ersten Reihe stehe, sei traurig, aber verständlich. Es sei nachvollziehbar, dass sich Gysi mit 67 Jahren und nach mehreren Herzinfarkten den permanenten Stress nicht mehr antun wolle. Er bleibe aber Mitglied des Bundestages und brauche keinen Fraktionsvorsitz, um in der Öffentlichkeit zu wirken. Ulrich sieht nun keinen Richtungswechsel auf die Partei zukommen, sieht sie keineswegs ins Spannungsfeld zwischen möglicher Regierungsbeteiligung oder grundsätzlicher Opposition geraten. Denn: Gysi habe zwar den Wunsch geäußert, über Rot-Rot-Grün für die Zukunft nachzudenken, aber zugleich betont, dass die Linke mit der SPD wenig Gemeinsamkeiten habe. Ulrich sieht es genauso. Die SPD entferne sich immer weiter von sozialdemokratischer Politik, die Grünen hätten kein Problem mehr, mit der CDU zu koalieren, zur Zeit gebe es wenig Gemeinsamkeiten für eine Koalition. Nur wenn es gelinge, Armut entschieden zu bekämpfen, Reichtum couragiert zu verteilen und Leiharbeit wirklich zu bekämpfen, sei die Basis für eine Koalition gegeben. Aber die Linke strebe nicht vordringlich eine Regierungsbeteiligung an, vielmehr gehe es um Inhalte der Politik. Hier sieht Ulrich keine Veränderungen auf die Partei zukommen, wenn Gysi kürzer tritt. „Unsere Rolle ist Opposition im Bundestag gegen Schwarz und Rot, daran ändert sich nichts“, betont der Abgeordnete, der sich für eine Doppelspitze der Fraktion mit Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch ausspricht. Die Partei werde Gysis Kürzertreten gut verkraften. „Den Grünen hat man prophezeit, dass sie ohne Joschka Fischer untergehen, heute stehen sie ohne Fischer besser da als mit ihm“, so Ulrich. Persönlich kommt er gut mit Gysi aus. Der sei ein Mensch, der gerne im Mittelpunkt steht, sagt der Bundestagsabgeordnete. Dazu sei Gysi ein sehr guter Unterhalter, der es verstehe, auch ernste Themen mit Humor anzupacken. Bei gemeinsamen Mittagessen mache es Spaß, zuzuhören, wie er von und über Politik erzählt. Dabei sei Gysi höflich im Umgang und versuche immer, Menschen zusammenzubringen und nicht zu spalten. Ulrich hat ein gutes Verhältnis zu Gysi, was sich auch daran zeige, dass er 2012 zum Neujahrsempfang der Linken in Ulrichs Heimatort Reichenbach-Steegen gekommen sei. (dür)

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