Kaiserslautern Teelicht statt Leuchtturm

Großes wollten die Stadtoberen von Pirmasens. Mit fetter Landesunterstützung wurde das frühere Postamt für zwölf Millionen Euro zum Kulturtempel umgebaut, den der eigens engagierte Kunsthistoriker Jörg Meißner aus Tübingen zum „Leuchtturm“ entwickeln sollte. Nach zwei Jahren Aufbauarbeit ist jetzt Schluss. Meißner wurde nach dem Auslaufen seines Zeitvertrags nicht fest eingestellt und steht auf der Straße. Das Kulturamt wurde dem Stadtmarketing einverleibt. Aus dem Leuchtturm droht ein Teelicht zu werden.

Beim Ausbau des „Königlich-Bayerischen Postamtes“ zum Kulturzentrum hatte die Stadt an nichts gespart. Erlesenste Klimatechnik, die es mit großen Museen aufnehmen kann, findet sich darin. Architektonische Details wurden aufwendig restauriert. Damit auch Leben in das gute Stück kommt, sollte kein städtischer Beamter die 2000 Quadratmeter Ausstellungsfläche bespielen, sondern es musste ein richtiger Fachmann als Kurator sein. Voll des Lobes war Oberbürgermeister Matheis denn auch im März 2013, als Jörg Meißner die Stelle antrat. Fünf Monate vor der ersten Ausstellung in der Alten Post erst den Kurator zu engagieren, war jedoch sehr kurzfristig, um fix ein anspruchsvolles Programm zu erstellen. Sind doch Vorlaufzeiten von mehreren Jahren für hochwertige Ausstellungen die Regel. Meißner schaffte es dennoch, mit dem Fotografen Götz Diergarten, einer Künstler-Postkarten-Ausstellung aus der Berliner Akademie der Künste und in der Südwestpfalz ungewohnten kulturellen Leckereien andere Akzente zu setzen als es die sonst üblichen Operetten, Tourneetheaterstücke und Ausstellungen regionaler Künstler tun. Zwischendurch überarbeitete der Kunsthistoriker noch die Sammlung mit Gemälden des Genremalers Heinrich Bürkel zu einer schmucken Dauergalerie im Haus. Und ganz nebenbei musste das Haus auch für Hochzeiten, Kongresse und Seminare positioniert werden, da die Betriebskosten über die Kultur allein nicht reinkommen wollten. Nicht ganz reibungslos lief die Zusammenarbeit mit der Hugo-Ball-Gesellschaft und dem Literaturwissenschaftler Eckhard Faul, der die Pirmasenser Hugo-Ball-Sammlung betreut. Das gipfelte schließlich in einer Auslagerung der Sammlung vom Kulturamt in die Bücherei und der Anstellung Fauls bei der Ball-Gesellschaft. 2015 sollte es endlich richtig rundlaufen in der Alten Post, mit einer zugstarken Ausstellung Klassischer Moderne, Dada auf dem Vorplatz und dem Hugo-Ball-Kabinett, der zweiten Dauerausstellung. Dann kam jedoch der Knall. Aus „arbeitsrechtlichen Gründen“ habe man sich zumindest vorläufig von Meißner trennen müssen, verkündete diese Woche Oberbürgermeister Matheis. Nach dem Zeitvertrag hätte der Kulturamtsleiter und Kurator für die Alte Post fest eingestellt werden müssen, was Matheis vermeiden wollte. Stattdessen wurde das Kulturamt kurzerhand dem bisherigen Leiter der Abteilungen für Stadtmarketing, Tourismus und des Mitmachmuseums „Dynamikum“, Rolf Schlicher, unterstellt. Der Diplomkaufmann Schlicher wird allseits geschätzt als Organisator von Stadtfesten oder beispielsweise Marketingaktionen mit bemalten Plastikstieren, die überall in der Stadt zu sehen sind. Von Kunst hat er allerdings ein etwas anderes Verständnis als Meißner. Durch die Ämterzusammenlegung verspricht sich Matheis Einsparungen und Synergien für einen noch effektiveren Betrieb von „Dynamikum“ und Alter Post. Eine Idee, die vor der Einstellung Meißners schon in der Verwaltung herumgeisterte, aber wieder verworfen worden war. Matheis will Meißner schon gerne in der Stadt halten, und er ist auch voll des Lobes für die Leistungen des früheren Amtsleiters. Einzig die Honorierung dieser Leistung mit einer Festanstellung will er ihm nicht geben. Dem Vernehmen nach soll Jörg Meißner eine freie Mitarbeit angeboten worden sein oder ein Konstrukt mit erneutem Zeitvertrag, diesmal nur als Kurator ohne Leitungsfunktion. Wie Meißner dann aus dieser Position heraus mit renommierten Kunstsammlern, Museen und Künstlern verhandeln soll, bleibt das Geheimnis des Pirmasenser Stadtchefs. Das von Meißner schon initiierte Programm für das laufende Jahr wird von dessen Ehefrau Simone Holt, ebenfalls Kunsthistorikerin, weitergeführt. Holt wurde als Museumspädagogin, auch mit Zeitvertrag, eingestellt und soll nun die Arbeit ihres Mannes weiterführen. Zumindest bis Ende des Jahres. Dann läuft auch ihr Vertrag aus. Bei der Ämterumschichtung unter den Tisch gefallen ist das Hugo-Ball-Kabinett, das auf unbestimmte Zeit verschoben wurde. Und wer das Programm für 2016 gestalten soll, ist auch noch offen. Künstler und solche, die es gerne wären, wittern bereits Morgenluft. Hatte Meißner doch recht standhaft die Begierden der regionalen Künstler nach Ausstellungsfläche abgeblockt, um dem Haus ein überregional interessantes Profil zu sichern. Eine Standfestigkeit, die ihn jetzt vielleicht den Job gekostet hat.

x