Kaiserslautern Starke Frauen und etwas Melancholie

Das Saitengefühl seines ganzen Volkes schwingt in dem Silberling „Just play!“ von Häns’che Weiss mit. Fast fühlt man sich in den berühmten Hot Club de France zurückversetzt, wo Django Reinhardt in den 1930er Jahren sogar die amerikanischen Jazzmusiker faszinierte. Es ist die Melancholie der alten Zigeunertradition, die den Zauber der Musik von Häns’che Weiss ausmacht. In Stücken wie „Myriam“ oder „Fall of Leaves“ besticht er durch sein magisch-poetisches Gitarrenspiel. Zwar verblüfft er auch mit akrobatischen Läufen wie im „Minor Swing“ oder dem „Limehouse Blues“, trotzdem strahlt er eine unglaubliche Ruhe und Souveränität aus. Trotz höchster Virtuosität bewahrt er sich eine verblüffende Leichtigkeit, als schüttele er die Melodien gerade locker aus dem Ärmel. Der Bassist Vali Mayer indes pflegt das eher Unauffällige, gelegentlich durchbrochen durch tolle Bass-Soli wie in „Flute Blues“, mit denen es ihm gelingt, den Hörer mit überraschenden Interpretationen bei der Stange zu halten. So erfahren die Swing-Nummern eine Wiederbelebung – fernab jeder Langeweile. Zumal Mayers Scat-Vocalismen genauso akrobatisch tanzen wie seine Bass-Phrasierungen. Zwei, die einander gesucht und gefunden haben: Nichts als ihre Stimme und eine Gitarre braucht das Duo „Friend’n’Fellow“, um den Hörer zu bezaubern. Thomas Fellow ist ein gewiefter Saitenzauberer und Constanze Friend ist ein Stimmwunder. Mit ihrer dunklen, warmen Stimme hüllt die in Weimar wohnhafte Sängerin die Zuhörer buchstäblich ein, und mit dem hauchenden Pianissimo verführt sie zum Träumen. Bewusst mit dem Instrument der Reduzierung spielt der Leipziger Thomas Fellow. Und damit gelingen ihm besondere Momente der Zurückhaltung und Intimität, wobei schier zeitlose Miniaturen fast dekorativer Hintergrundmusik entstehen. Leicht wie Schneeflocken schweben die Saitentöne in der Luft. Die Melancholie – selten klingt sie schöner. Dabei demonstriert das Duo, wie man mit minimalen Mitteln und herausragenden Kompositionen ganze Gefühlsberge versetzen kann, ohne sentimental zu werden. Wenn Constanze Friend die Intensität des Blues mit der Freiheit des Jazz und dem Klang des Soul verbindet, wie in „My baby just cares for me“, dann ist ihr vokaler Farbkasten bestens gefüllt. Neben wunderschönen Balladen, die sich stimmig an die Melodie anschmiegen, versteht sie sich aber auch darauf expressiv zu intonieren. Cécile Verny zieht den Hörer sofort in ihren Bann. Mit einer unglaublich intimen Musik und einer nahezu zerbrechlich wirkenden Stimme zelebriert die Französin mit afrikanischen Wurzeln zwölf Titel schier in Zeitlupe. Die Titel hat sie allesamt selbst gemeinsam mit ihren Bandmitgliedern geschrieben. Ihre Stimme klingt in den ersten Stücken wie „The Wild Heart Of The Earth“, „No Id“ oder „Snow Falling“ ein wenig naiv und mädchenhaft, die balladenhaften Chansons sind musikalisch und rhythmisch sehr reduziert. Aber die Künstlerin singt einfach und versucht eben nicht, irgendjemand anderen zu imitieren. Gelegentlich macht sie einen Abstecher in Blues und Swing, in der Regel aber hat sie Vertrauen („Faith“) in unglaublich schönen Balladen, die wie „How Do I Love Thee?“ oder „Time To Let You Go“ sehr atmosphärisch klingen. Ebenso glaubwürdig klingt Cécile Verny aber auch, wenn sie sich in scattende Gefilde begibt, die von Jazz und Pop gefüttert werden, in musikalisch klare Gewässer, die viel Gefühl transportieren. Ihre Songs beziehen ihre Atmosphäre von balladesken Pianonoten (Andreas Erchinger), dumpfen Bass-Tapes (Bernd Heitzler) sowie reduzierter, ganz dezenter Rhythmik (Lars Binder). Mit gestopften Flügelhorntönen glänzt Nils Wülker in „... Car Désesperée“. Das Jutta Brandl Quartett bietet klassischen Vocal-Jazz mit moderner Jazz-Ästhetik. Die Instrumentalstücke aus dem „American Songbook“, die Jutta Brandl wunderbar interpretiert, sind für Gesang bearbeitet. Songs wie „Butterfly“ von Herbie Hancock oder „Leaving“ (R. Beirach/N. Gottschalk) werden auf ihre Essenz reduziert. Fernab vom Verdacht der Beliebigkeit pendelt jeder der Songs zwischen reifer Klugheit, purem Glück und gedämpfter Melancholie, klassischem Jazz und originärem Chanson. Nebenbei ist das auch noch Anschauungsmaterial für Nachwuchssängerinnen. Denn Jutta Brandl war von 1988 bis 1998 Dozentin an der Emmerich-Smola-Musikschule in Kaiserslautern. Dass sie auch richtig jazzen kann, beweist sie nachdrücklich in Titeln wie „Windows“ (von Chick Corea, von ihr arrangiert) oder „Teach me tonight“, in denen sie ihre Stimme voll entfaltet und mit verblüffender Leichtigkeit zu scatten versteht. Ebenso beeindruckend ist ihre expressive Stimme. Mit sanften Basstupfern begleitet sie Johannes Schädlich, während Kristof Körner atmosphärisch dezent am Schlagzeug begleitet. In Martin Preiser, einem der gefragtesten Musikern des Saarlandes und der Pfalz („Jazzbühne“), hat die Sängerin dazu einen idealen Pianopartner gefunden. Er begleitet sie unglaublich einfühlsam und wunderbar musikalisch. „Mit ihm zusammen entsteht die Musik im Augenblick. Jeder Ton, jedes Geräusch, jede Pause ist Musik“, sagt Brandl. (fk)

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