Kaiserslautern stadtleben: Irritierter Choreograph

91-79601397.jpg

Keiner muss alle Facetten von Begeisterung kennen, aber es hilft, Missverständnisse zu vermeiden. Für James Sutherland, der im Pfalztheater das Ballett „Romeo und Julia“ inszeniert hat, war hilfreich, dass ein Kollege ihm am Samstagabend auf die Spur half. Er habe sich gefragt, warum die Leute nach der Premiere zwar geklatscht hatten, aber nicht aufgestanden waren, gesteht der Choreograph. Ein Schauspieler habe ihm dann klargemacht, dass die Zuschauer immerhin 20 Minuten applaudiert hatten und dass das eigentlich besser sei als aufzustehen. „Ich hoffe, dass ich eine gute Balance gefunden habe, zwischen einer Choreographie, die einem breiten Publikum zugänglich ist und trotzdem Kunst ist“, meint Sutherland im Rückblick. Ein glaubhaftes Konzept für ihn und die Compagnie hat er jedenfalls gefunden. Was nicht heißt, dass er im Laufe von insgesamt 15 Vorstellungen am Pfalztheater nicht immer wieder einen Weg erkennen wird, um etwas besser zu machen. Die Gelegenheit dazu wurde ihm zwangsweise bereits in dieser Woche geboten. Die Zusammenarbeit mit der Compagnie sei ein langer Prozess gewesen, bei dem alle mitgemacht und gemeinsam einen Weg gefunden hätten, beschreibt Sutherland. Seine Arbeit wäre damit eigentlich getan und er könnte sich neuen Aufgaben zuwenden. Wenn nicht ausgerechnet vor der zweiten Vorstellung von „Romeo und Julia“ gestern Abend der Tänzer einer Hauptfigur sich verletzt hätte. Die Rolle musste umbesetzt und zwei Ersatzleute neu eingearbeitet werden, weil: „Die haben keine Noten, keine Souffleuse, das muss man lernen.“ Sutherland wirkt gelassen. Als Autor seines Ballettstücks weiß er damit umzugehen. Er kann Abläufe nach Belieben ändern, solange sie der Geschichte folgen. Die Überlegung folgt seiner Maxime, dass ein einmal gefundenes Konzept nicht dasselbe bleiben muss, sondern immer weitergeführt werden sollte. Eines hat das Pfalztheater-Publikum Sutherlands „Romeo und Julia“ bei aller Begeisterung aber doch vorenthalten: seine Tränen. Niemand hat geweint nach einer Geschichte, in der doch die Liebe alles besiegt. (krh)

x