Kaiserslautern „Sprache ist der Schlüssel“

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Vom Bürgerkrieg in Syrien nach Schweden ins Asyl – Einblicke aus erster Hand konnte man am Mittwoch in der Alten Eintracht beim Vortrag von Hassan Kharat aus Syrien gewinnen. Auf Einladung des Gesprächskreises von Pfarrer in Ruhe Wolfgang Doll stand nicht nur Kharats persönliche Geschichte auf dem Programm, sondern auch der politische Konflikt in Syrien.

Seit elf Monaten lebt Kharat mit Frau und drei Kindern in Schweden. Alle fünf sind dabei, die neue Sprache zu lernen. „Die Sprache ist das A und O.“ Aber auch sein Deutsch ist exzellent. Von seiner Ausbildung her Feinelektronikingenieur, war Kharat schon 1978 als Stipendiat am Goetheinstitut in Mannheim, um einen Intensivsprachkurs zu besuchen. „Sprache ist der Schlüssel zu allem.“ „Wir haben versucht, vieles auszuhalten“, blickt Kharat zurück auf Damaskus. Seine Arbeit als Reiseleiter musste er unterbrechen. „Erst haben wir gedacht, das Thema ist schnell erledigt. Aber es wurde immer schlimmer.“ Rund drei Jahre lang konnte Kharat nachts nicht mehr schlafen. Die Angst, dass Soldaten kommen, dass geschossen wird, wenn man zögert zu öffnen, setzte dem 60-Jährigen und seiner Familie zu. Um seinen damals 16-jährigen Sohn machten sie sich die größten Sorgen. Von seinen 35 Klassenkameraden seien jetzt 13 tot. „Die Jugend wurde entweder zur Armee eingezogen und als Kanonenfutter in den Krieg geschickt oder verhaftet oder entführt und getötet.“ Das sei der Grund, weshalb so viele junge Männer aus Syrien flüchten. Drei Monate dauerte es, bis sein Sohn allein über Beirut, Istanbul, Izmir mit dem Schlauchboot nach Griechenland und schließlich nach Stockholm gelangen konnte. Das alles habe viel Geld gekostet. „Die Schlepper handeln mit Menschen. Das ist das Schlimmste, was es gibt. Aber es geht nicht ohne“, erklärt Kharat. Selbst gesundheitlich angeschlagen, ging Kharat mit seiner Familie für sieben Monate nach Istanbul, konnte dort bei einem Reisebüro arbeiten. Schließlich erhielten sie die Aufenthaltserlaubnis für Schweden. Die Herzlichkeit, mit der sie aufgenommen worden seien, müsse man beantworten mit Arbeit in der Gesellschaft, um auf diese Weise seine Dankbarkeit zu zeigen, sagt Kharat. In Mariestad mit 17.000 Einwohnern habe er zuallererst die rund 160 ansässigen Syrer in einem Verband organisiert, um den Kontakt zur Stadt zu erleichtern. Viele gut gebildete Leute seien darunter: Ärzte, Ingenieure, Architekten, Rechtsanwälte oder Apotheker. Als erstes hätten sie Fortbildungskurse untereinander und psychologische Workshops organisiert. Auch für die eigene Berufstätigkeit hat Kharat schon eine Idee. „Schweden hat wunderschöne Landschaften und tolle Fahrradwege“, erzählt er. Deshalb will er in den Fahrradtourismus einsteigen. Bis zum nächsten Jahr will er ein konkretes Programm ausarbeiten. Früher habe er Touristen von Deutschland nach Syrien gebracht, jetzt wolle er deutsche Touristen nach Schweden bringen. „Ich habe das Gefühl, das ist jetzt meine Heimat – und ich will für meine Heimat jetzt auch etwas tun.“

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