Kaiserslautern Sportschuhe und Lust genügen

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Schwupps über die Mauer – und dann ein Salto, der Schwung reicht für einen Hops übers Autodach. Funktioniert das so? Nicht ganz: „Parkour“ in Perfektion mag spektakulär wirken. Wer diese Form der Fortbewegung lernen will, dem bringt die Lauterer Gruppe „ViaNox“ aber erst einmal die „Basics“ bei.

Zum Lokaltermin kommen die Jungs auf schmalen Rollen geflitzt. Raus aus den Inlinern, rein in die Sportschuhe. Viel mehr braucht’s nicht. Was muss der angehende „Traceur“, der „Linien-Läufer“, als Laie denn so mitbringen? „Sportschuhe. Und Lust.“ Das soll reichen, um als Parkour-Läufer durch die Stadt zu sausen? Philipp Maué lacht: Mal langsam. „Es geht nicht gleich mit einem Salto los“, beruhigt der 22-Jährige. Klar. Es seien schon Leute mit der Erwartung angetanzt, sie könnten am Abend eines Workshop-Tages gleich den Klose machen und wie Miro nach Treffern durch die Lüfte wirbeln. So klappt das nicht. Grundsätzlich aber gilt: Parkour kann jeder. Der eine halt schneller, eleganter, spektakulärer. Der andere eben gemächlicher. Das Kaiserslauterer Quartett hat es selbst mal lernen müssen: „Wir haben angefangen – und hatten keinerlei Ahnung, was dahintersteckt“, räumen Philipp Maué und Patrick Leßmeister (22) gerne ein. Wagemutig sprangen die damaligen Schüler dem Teufel von der Schippe. „Höher war besser“, sagt Maué grinsend, „nach dem Motto: no risk, no fun.“ Aber auch ohne Risiko ist Spaß möglich. Die Teenies von damals haben sich rasch besonnen. Sie waren Kameraden am Heinrich-Heine-Gymnasium, teilten nach dem Unterricht die Leidenschaft fürs Skaten. Und entdeckten dann eine andere Art der Fortbewegung für sich. Eine ohne kleine Rädchen, überhaupt ohne Hilfsmittel, die dafür mitzuschleppen wären. Das war im Jahr 2006. „Wir sind dann am Rathaus rumgehüpft, später an der Uni Garagen rauf und runter“, erinnert sich Leßmeister. Heute hüpfen und rennen die jungen Männer auf seriösem Fundament: 2011 haben Philipp Maué, Max Rung, Kai Hansen und Patrick Leßmeister eine Gesellschaft gegründet. Nicht zuletzt auch aus versicherungsrechtlichen Gründen. Um auf sicherer Basis Workshops anbieten zu können. Denn inzwischen hatten sie im Hochschulsport der TU mitgemischt, sich in einer Ecke der Halle vergnügt, andere zum Mitmachen animiert. Die Halle war von Turnern belegt – bald aber war die Parkour-Ecke voll. „Wir waren plötzlich mehr als die Turner“, blickt Max Rung zurück. Beim ersten offiziellen Parkour-Training in der Unisport-Halle tummelten sich 36 junge Leute, die mitmischen wollten. Auch die machten nicht gleich einen Salto. „Wir bringen Neulingen erst einmal die ,Basics’ bei, also die Grundlagen“, erläutert Max Rung. Es gelte, ein gewisses Bewegungsrepertoire zu vermitteln. „Das kann dann jeder durch Training, durch ständige Wiederholung der Bewegungen ausbauen“, erläutert der 24-jährige Physiotherapeut. „ViaNox“ heißt die 2011 gegründete Gesellschaft Bürgerlichen Rechts. Die hat rasch Kontakte geknüpft, zur Sportjugend Pfalz etwa, zum Turnerbund, auch zu einzelnen Vereinen. Die Parkour-Kenner haben bei Workshops Neugierigen Einblicke in ihre Art der Fortbewegung gegeben. Sogar einen Parkour-Park hat das Quartett mal konzipiert – und sich damit am Projekt „Jugend bewegt“ der Stadt Kaiserslautern beteiligt. „ViaNox“ hatte damit sogar vollauf überzeugt. Als „Preis“ für das Projekt hätte die Planskizze eigentlich in echte Form gebracht werden sollen. Der Park jedoch habe sich leider nicht realisieren lassen. Das aber ist nicht weiter wild, den Park braucht’s nicht, Sportschuhe und Lust genügen – wenngleich die „ViaNox“-Jungs die Annehmlichkeiten der TU-Sporthalle durchaus zu schätzen wissen. Vor allem für ihre Lehrtätigkeit. Da stört kein Regen, da lassen sich die Hindernisse in Form von Sportgerät leicht aufbauen. Und wenn das Quartett in Stadt oder freier Natur unterwegs ist, dann wären Enge und Zwänge eines vorgegebenen Parkour-Parcours ohnehin nur störend. Lautern ist ja voller „Spots“. Punkte, Flecken: So nennen die „Traceure“ – französisch für „Linienzieher“ – Orte, an denen sie sich austoben können. Trainingshalber könnte man sich auch mal eine Stunde lang an einem Poller vorm Pfalztheater verdulden, sagt Maué. Mehr Spaß aber macht’s, wenn die Latte weit höher liegt, die Anforderungen steigen. Dann bewegen sich die „Profis“ behände durch „urbanen Raum“, fegen über Mauern hinweg, schwingen sich über Bänke und Geländer, überwinden, was sich ihnen in den Weg stellt. So wirkt es zumindest auf den unbedarften Beobachter. Tatsächlich steckt ein Plan dahinter. Aufs Geratewohl losflitzen, wäre viel zu gefährlich. So schauen sich die Parkourler ihre Strecke zuvor an und schätzen Risiken ab. Auch damit Physiotherapeut Rung und der ausgebildete Rettungssanitäter Leßmeister – der wie Hansen und Maué an der TU studiert – nicht in die Verlegenheit kommen, ihr Fachwissen anwenden zu müssen. Blessuren? Die kommen so gut wie nicht vor. Die Verletzungsgefahr sei weit geringer als bei fast allen Teamsportarten, außer dem ein oder anderen verstauchten Fuß gab’s da nichts, was das Quartett je gebremst hätte. Auch, weil die „Spots“ vorm Start genau auf gefährlichen Unrat hin inspiziert werden. So müssen die Sportler in aller Regel erst mal Glasscherben aus dem Weg räumen. Und so kommt es, dass sie ihre „Sportstätten“ stets sauberer hinterlassen, als sie sie vorfinden. INFO Kontakt über die noch im Aufbau steckende Internetseite  www.vianox.eu. Direkte Anfragen an info@vianox.eu oder telefonisch an Philipp Maué unter Telefon 0159 01019677.

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