Kaiserslautern Ob Gauck kommt, bleibt offen

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„Nie wieder Krieg“ ist das Motto des Antikriegs- und Weltfriedenstags am 1. September. Er erinnert an den Beginn des Zweiten Weltkriegs mit dem Angriff auf Polen. Die westdeutsche Initiative für diesen Gedenktag ging vom Deutschen Gewerkschaftsbund aus, der erstmals 1957 zu Aktionen aufrief. Nie wieder Krieg? Seitdem ist uns Krieg nie näher als heute gewesen – sagen die Untiere und gedenken zum zweiten Mal öffentlich. Ein Vorab-Besuch während der ersten Liedprobe mit Einblicken ins Programm.

Ein Fenster zur Straße, eine Tür zum Flur – den Rest des kleinen Raumes im Hause Wolfgang Marschalls beherrscht ein Kreis platzgreifender Musikinstrumente. Er selbst – Spiritus Rector des „politeramusischen“ Kabarettistenquartetts Die Untiere – schlüpft durch Bleche und Trommeln hindurch auf seinen Drummer-Schemel, während Philipp Tulius zum Bass greift, Edwin Schwehm-Herter Tonarten auf seinem E-Piano testet und sich die beiden Sängerinnen, Marina Tamassy und Gast Eva Schön, hinter ihre Notenständer setzen. Und wie sich schnell erweisen sollte, frei nach Schiller zitiert: „Konzertbühnen finden in der kleinsten Hütte Platz, für eine glücklich musizierende Combo.“ Es geht los. Ein kurzes Piano-Solo. Die markanten Vierertakte – genau! Noch ehe Tamassys Altstimme den Titel „Imagine“ singt, wird jeder im Publikum die vertonten Friedensgedanken John Lennons erkannt haben. Etwa wie: „Stell’ dir vor, es gäbe keinen Besitz mehr (...), keinen Grund für Habgier oder Hunger, eine Menschheit in Brüderlichkeit.“ Doch die Melodie hakt. Die Noten zu „a dreamer“ treffen die Tonlage nicht. Neue Versuche, wieder und wieder. Eine geänderte Tonart. Oder eine Terz tiefer? Abstimmung: b-moll? Ja. Die Zeit verrinnt, es geht in die Nacht hinein. Pause ist angesagt. Füße vertreten und Zwischengespräche. Ein Blick auf das Untiere-Programm, das neben vier Liedern, vier Gedichten und vier Marschall-Texten noch vier Gastbeiträge beinhaltet (wir berichteten am 21. August). Am Ende erklingt – wie vergangenes Jahr – „Weiches Wasser“, das im Bots-Song Stein bricht. Zwischendurch Gedanken austauschen. Marschall zitiert zwei Kriegsbedrohungen, die er textlich vertieft: drohende Drohnenkriege, zynisches Recht der Moderne sowie der aufkeimende Rechtsruck, der jetzt schon Züge eines brutalen Bürgerkriegs zeige. „Wir müssen Angst vor den Rechten haben, nicht vor Flüchtlingen.“ Schwierig sei, so Marschall, so manches Vokabular. Etwa Antikriegstag: „Wer lässt sich dahin schon einladen?“ Im Gegensatz zu Weltfriedenstag: „Da rennen sie hin.“ Ob Philipp Tulius den Gauck machen sollte? Aber dessen Optik! Schwierig zu imitieren. Und so blieb an diesem Abend die Entscheidung offen. Dagegen werden die neuen Feindbilder diskutiert, die Ausländer- und Flüchtlingsmisere zitiert, das ewig menschliche Potenzial Kriege anzuzetteln – sogar im Namen der jeweiligen Religionen. Veranstaltung Programm anlässlich des Antikriegstags im Edith-Stein-Haus am Dienstag, 1. September, 20 Uhr. Eintrittskarten gibt’s im Vorverkauf bei Thalia und an der Abendkasse.

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