Kaiserslautern Nur selten wackeln die Kabinenwände

Volle Konzentration: Das Team der Spielvereinigung ESP in der Kabine. Vorm Aufwärmen gibt’s die nötigen Anweisungen fürs bevorst
Volle Konzentration: Das Team der Spielvereinigung ESP in der Kabine. Vorm Aufwärmen gibt’s die nötigen Anweisungen fürs bevorstehende Match. Trainer Timo Bäcker greift bei dieser Gelegenheit gerne zur Tafel, um seine taktischen Vorgaben anschaulicher zu machen.

Hop oder top: Die Spannung steigt. Heute Abend fällt die erste von zwei Entscheidungen, heute sind Fabian Blanz und Andreas Bauer als Motivatoren und Psychologen ganz besonders gefordert. Geht es gut, steigt beim FC Queidersbach ab etwa 20.20 Uhr, vielleicht auch erst eine halbe oder eine Stunde später die erste große Sause. Um 18.30 Uhr erfolgt in Reichenbach-Steegen der Anstoß zum Endspiel um den Kreispokal. Der Cup ist eins von zwei heißen Eisen, die die Queidersbacher noch im Feuer haben. Denn parallel dazu liefert sich die Mannschaft um das Spielertrainer-Tandem Blanz und Bauer ein heißes Rennen um die Meisterschaft in der A-Klasse Kusel-Kaiserslautern. Konkurrent in beiden Wettbewerben: der FV Kusel. Nein, mit leeren Händen dastehen wollen die Akteure von der Sickingerhöhe am Saisonende nicht. Heute zählt nur ein Sieg, in den verbleibenden Meisterschaftsspielen darf sich der FC ebenfalls keinen Ausrutscher mehr leisten. Wie sehr sind da Motivationskünste gefragt? „Gar nicht mal so sehr“, wissen Bauer und Blanz: „Eigentlich sind in dieser Phase motivierende Worte gar nicht mehr nötig“, erläutert Blanz. „Die Spieler wissen ja selbst ganz genau, worum es hier geht.“ Sprich: Wer’s bis kurz vorm Einlaufen noch nicht kapiert hat ... Wackeln heute Abend in Reichenbach Kabinenwände? „Wir können auch laut“, sagt Blanz – wohlwissend, dass Geschrei kein probates Mittel ist. Der Hebel werde früher angesetzt, die Vorbereitung müsse stimmen. In der Mannschaftsbesprechung kommt nur das Wichtigste aufs Tapet. Vor der Partie wird ein Kreis gebildet, wird das Team noch einmal eingeschworen. „Man kann auch während des Spiels noch Einfluss nehmen“, weiß Blanz. „Aber eben bedingt. Umstellungen, Ansprachen an Spieler, die nicht gut drauf sind“ – es gibt schon Stellschrauben, die sich noch justieren lassen. Aber das ganze Gefüge umzubiegen, wenn es insgesamt so gar nicht laufen will – recht schwierig. Glück gehört dazu, die Tagesform ist wichtig. Cholerische Ausbrüche jedenfalls scheinen kein Heilmittel. Da sind sich die Trainer einig. Während die Queidersbacher im günstigsten Fall am 26. Mai, im Falle eines Entscheidungsspiel ein paar Tage später sogar das „Double“ – Cup- und Titelgewinn – feiern dürfen, geht es für die Kicker der Spielvereinigung Erzenhausen-Schwedelbach-Pörrbach nurmehr um die bronzene Brechbohne. Was ja aber keinesfalls heißen darf, dass es die Mannschaft locker ausklingen lässt. Der Coach der ESP, Timo Bäcker, verlangt volle Konzentration und Leistung bis zum letzten Abpfiff. Und falls mal nichts gelingen will, schäumt er dann vor Wut? „Ich bin eher der sachliche Typ“, sagt Bäcker. Zwar findet auch er mal laute Töne. „Aber was soll es denn bringen: Wenn ein Spieler eh’ geknickt ist, soll ich dann noch auf ihn drauf hauen? Das ist doch absolut kontraproduktiv“, sagt Bäcker. „In gutem Ton die richtigen Worte finden“, einen Spieler stützen – und vor allem Fehler analysieren, ansprechen – das sei ungleich wirkungsvoller. Auf sachliche Analyse zu setzen, das hat Bäcker als Spieler gelernt – von seinen damaligen Trainern. Wie Thomas Renner und Stefan Schehl vor allem. Auf die hält Bäcker große Stücke. Besagter Stefan Schehl ist Coach des SV Rodenbach und schickt sich gerade an, den SVR mit einem Husarenritt zurück in die Verbandsliga zu führen. Der frühere Profi gilt als einer der kompetentesten und sachlichsten seiner Zunft. Rivale im Landesliga-Titelkampf ist ebenfalls ein ehemaliger Fußballprofi: Daniel Graf, der seine Trainerkarriere vor zehn Jahren beim SV Steinwenden gestartet hat – und Ende Mai Abschied Richtung SV Morlautern nimmt. Kabinenansprachen? „Beeindruckend war Stefan Kunz, auch Uwe Reinders“, nennt Graf zwei Größen, unter deren Regie er das Trikot getragen hat. Längst hat Graf seinen eigenen Stil entwickelt. „Laut? Ja, schon. Kommt mal vor. Kürzlich hat’s gewackelt. Ich bin gefragt worden: Mann, hast du die aber zusammengefaltet? War ich aber nicht, da hat mein Kapitän Andre Forsch mal losgelegt“, gibt Graf Einblick ins Kabinengeschehen. Die Begebenheit hat ihn amüsiert. „Ich fand’s gut. Das erwarte ich vom Kapitän, auch von den Spielern: Sie müssen Verantwortung übernehmen.“ Graf hat als Bundes- und Zweiliga-Spieler den wohl größten Erfahrungsschatz von allen. Als Trainer ist auch Daniel Graf der sachlich-analytische Typ – und das kommt an. Beispiel dafür ist Johannes Straßer. Der hat vor zwei Jahren, mit 25 Jahren, die Bezirksliga-Elf der SG Oberarnbach/Obernheim-Kirchenarnbach übernommen, dort nun „zwei tolle und erfolgreiche Jahre“ erlebt. „Das Wichtigste ist der Spaß am Fußball“, sagt Straßer. Daher kommt ihm auch nicht in den Sinn, einen Akteur zusammenzufalten, der eh einen Knacks habe: „Kopf hoch und an das Positive anknüpfen“ sei wirkungsvoller. „Besser ansprechen, was gut gelaufen ist und darauf aufbauen. “

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