Kaiserslautern Nosferatu trifft Rocky Horror

Nahmen nach gut drei Stunden Aufführung den Applaus des Publikums entgegen: Die Solosänger (vorne von links) Daniel Kim (Doktor
Nahmen nach gut drei Stunden Aufführung den Applaus des Publikums entgegen: Die Solosänger (vorne von links) Daniel Kim (Doktor Faust), Susanne Langbein (Margarete) und Wieland Satter (Mephisto). Im Hintergrund der neue Chordirektor Gerhard Polifka (im schwarzen Anzug) sowie Chormitglieder.

War der Schlussapplaus am Samstag im Großen Haus des Pfalztheaters tatsächlich so verhalten, wie ein Besucher aus Saarbrücken es empfunden hatte? Brauchte nicht viel eher das Publikum nach gut drei Stunden mit Charles Gounods Oper „Faust“ einfach ein paar Minuten, um „runterzukommen“, wie ein anderer Premierengast es sich spontan zugestand? Die RHEINPFALZ hat sich beim Publikum umgehört.

Im Programm des Pfalztheaters sei Gounods „Faust“ längst überfällig gewesen, sagte Intendant Urs Häberli bei der Premierenfeier. Sein Dank galt den Solisten, dem Chor mit Extrachor und dem Orchester ebenso wie den Werkstätten des Hauses. Durch gemeinsames Engagement sei ein „wunderbares Gesamtbild“ entstanden, für das er bereits im Laufe des Premierenabends viel Anerkennendes gehört habe. Wie haben Premierenbesucher die Inszenierung von Gastregisseur Michael Sturm erlebt? „Mitreißende Musik, toller Gesang, vor allem vom Chor“, schwärmte Roman Köhl. Minuten nach dem Schlussapplaus war er noch nicht ganz „runtergekommen“ und räumte noch einigen Bedarf zum Nachdenken ein. Spontan hatte sich im Bekanntenkreis die Frage erhoben über das Umfeld, in dem Mephisto (Wieland Satter) und Faust (Daniel Kim) sich im ersten Akt bewegen: Psychiatrie oder Anatomie? Die Frage blieb am Tisch mit Bekannten vorerst offen. „Eine Mischung aus Nosferatu, Rocky Horror Picture Show und Oberammergau“ hatte Hans Trinkaus erlebt. Eine Einschätzung die, wie er ausdrücklich betonte, durchaus positiv gemeint sei. Die Musik? „Genial.“ Die Inszenierung? „Es muss nicht immer altbacken inszeniert werden.“ Eine „wirklich gelungene Aufführung“ bilanzierte Wolfgang Schumacher. „Gut und Böse, Tod und Teufel, Segen und Fluch – darum geht’s.“ Wenn dann am Ende die Figur Jesus komme, sei dies eigentlich nur folgerichtig. Sehr gut gefallen hatte ihm das Orchester, dirigiert vom neuen ersten Kapellmeister Olivier Pols, dazu Mephisto (Wieland Satter) und Susanne Langbein als Margarete. Das Bühnenbild – unter anderem mit Gustave Courbets „Ursprung der Welt“ – sei am Anfang für ihn überraschend, dann aber stimmig gewesen. „Ich bin froh, dass ich die Oper gesehen und gehört habe. Es war eine tolle Leistung“, lobte Ingrid App. Die Musik, das Bühnenbild, die tollen Stimmen der Solisten und vom Chor – alles hatte ihr gefallen. Nur mit den Kostümen des Chors – weiße Gewänder und seltsame Masken – konnte sie nichts anfangen. Als ein echter Freund des Pfalztheaters hatte Stadtplaner Gerhard Steinebach den Professorenkollegen und Mitbegründer seiner Firu-Gesellschaft in Kaiserslautern, Peter Schweitzer, und mit Detlef Thiery den Vorsitzenden des Sponsorenclubs des Saarländischen Staatstheaters zur Premiere eingeladen. Seit dem Firmenjubiläum, das er vor kurzem im Pfalztheater gefeiert hatte, war ihm die Idee durch den Kopf gegangen, die Freundeskreise – ähnlich der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken-Kaiserslautern – miteinander zu verbinden. Nach der „Faust“-Premiere sah er sich seiner Idee einen großen Schritt näher. Die Gäste waren begeistert „Ich bin nur positiv überrascht, das Niveau des Pfalztheaters ist außergewöhnlich“, lobte der Vorsitzende des Sponsorenclubs. Als Hauptunterschied zum Staatstheater hatte Thiery direkt ausgemacht, „dass nach dieser Vorführung das Publikum in Saarbrücken wesentlich euphorischer reagiert hätte“. Die sängerischen Leistungen der Margarete und des Mephisto hatte er als außergewöhnlich erlebt. Nur die Figur des Jesus war ihm zu plakativ. Fazit: „Orchester, Bühnenbild, die ganze Atmosphäre hat uns sehr gut gefallen. Wir werden öfter kommen.“ Peter Schweitzer schwärmte seinerseits von einer „hervorragenden Leistung von Sängern und Orchester“ und einer insgesamt „wunderbaren Inszenierung“. Vielsagend erklärte er noch: „Wir hatten schon viel erwartet …“ Trotz der vorgerückten Stunde waren zur Feier der ersten Opernpremiere der Saison viele Theaterbesucher noch im Foyer geblieben. Es gab noch einmal Beifall für alle an der Inszenierung beteiligten Künstler. Ausgesprochen herzlich begrüßt wurden bei dem Anlass der neue Chordirektor Gerhard Polifka, der zu Saisonbeginn den Staffelstab von Johannes Köhler übernommen hatte und Olivier Pols. Mit dem „Faust“ sei dem Ersten Kapellmeister des Pfalztheaters ein hervorragender Einstand gelungen, erklärte der Intendant, Urs Häberli. Kultur

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