Kaiserslautern Nicht mehr als angenehmer Klang

Komponisten der „Mannheimer und Karlsruher Schule“ standen auf dem Programm des Konzertes der Staatsphilharmonie in der Mannheimer Christuskirche. Unter Leitung des Schweizers Christoph-Mathias Mueller erklangen „Mannheimer“ Kompositionen von Abbé Vogler, Carl Maria von Weber und Carl Stamitz, für Karlsruhe standen Eugen Werner Velte und sein Schüler Wolfgang Rihm. Solistin war die junge Geigerin Tianwa Yang.

„Rebellion im Quadrat“ – als Überschrift liest sich das gut, aber um echte Rebellen handelte es sich nun wirklich nicht. Eingangs gab es eine d-Moll-Sinfonie von Abbé Vogler, die sich Pariser Sinfonie nannte und sich mächtig in die Brust warf mit Pauken und Trompeten und reichlich Leerlauf, aber unter dem verständigen Dirigenten Christoph-Mathias Mueller als reizvoller Einspieler daherplätscherte. Vogler gehört in die Spätphase der sogenannten „Mannheimer Schule“, die man heute korrekter als Mannheimer Hofmusik bezeichnet und schon gar nicht als Vorläuferin der Wiener Klassik, wie das Programmheft längst verworfene Weisheiten wiederkäuend weismachen wollte. Vogler ist ein typischer Vertreter jener Brückenzeit, in der der feudale Musikbetrieb dank unserer revolutionären französischen Nachbarn an sein Ende kam und eine neue, bürgerliche Musikkultur sich etablierte. Weit weniger gilt das von Carl Maria von Weber, Voglers Schüler in Darmstadt (zusammen mit Giacomo Meyerbeer, die Konstellation ist musikhistorisch interessant). Als Sinfoniker ist Weber eine Eintagsfliege, geschrieben hat er 1807 (da war er 21 Jahre alt) gerade mal zwei, gespielt wurde die zweite in C-Dur. Für die entspannt aufspielenden Staatsphilharmoniker war es ein Klacks, die elegische Gefühlswelt im aphoristisch kurzen Adagio auszuspielen und ansonsten viel von jenem romantisch beseelten deutschen Wald ahnen zu lassen, der später im „Freischütz“ die Hauptrolle spielen wird. Wolfgang Rihm ist in der diesjährigen Konzertsaison des Orchesters ein Schwerpunkt. Zu Recht -– die „Gesungene Zeit“ ist ein echtes Bijou, von der aufstrebenden Mitzwanzigerin Tianwa Yang violinschimmernd und mit jener betörenden Schlichtheit vorgetragen, die sich nur der erlauben kann, der sein musikalisches Handwerk mit traumwandlerischer Sicherheit beherrscht (das gilt auch für die Ysaye-Zugabe). Rihms „Musik für Violine und Streicher“ wurde 1992 in Zürich von der Widmungsträgerin Anne-Sophie Mutter uraufgeführt: ein knapper Halbstünder aus der hohen Geigen-Couture, elegant im Zuschnitt, von Yang und ihren Streicher-Kollegen mit weitem Atem und bestechender Selbstverständlichkeit ausgebreitet, ein echter Rihm, der es versteht zu gefallen, ohne gefallsüchtig zu werden. Als zweites Beispiel aus der Karlsruher Talentschmiede gab es in kleiner Besetzung ein kurzes, hochexpressives Grave „Zum Andenken und Erinnerung ...“ aus der Feder des bedeutenden Rihm-Lehrers Eugen Werner Velte, eine extrem emotionale Verschnaufpause vor der finalen d-Moll-Sinfonie (op. 15 Nr. 3) von Carl Stamitz, Sohn des großen Wenzel und Spezialist für mannheimerisch grundiertes Pret-à-porter aus dem Gepäck des reisenden Virtuosen, dessen steil nach oben führende Karriere am Ende in subalterner Stelle in Jena verläpperte. 80 Sinfonien, die konzertanten eingeschlossen, hat er hinterlassen. Klingen angenehm, aber dringlich ist kaum eine davon.

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