Kaiserslautern Leidenschaft und Flüstertöne

Ein französisch-deutsches Programm wurde enthusiastisch umjubelt beim sechsten Mannheimer Akademiekonzert. Gespielt wurde César Francks d-Moll-Sinfonie (FWV 48), Schumanns Cellokonzert (a-Moll, op. 129) und Ravels „Daphnis und Chloé“ (zweite Suite aus dem gleichnamigen Ballett). Höchst anregende künstlerische Akzente setzten Mario Venzago am Pult des Nationaltheater-Orchesters und die junge US-amerikanische Cellovirtuosin Alisa Weilerstein.

Äußerst lebendig ging es diesmal zu im Rosengarten. Mario Venzago – einigen Musikfreunden in unserer Region noch in Erinnerung geblieben aus seiner Zeit als Heidelberger Generalmusikdirektor (1986-89) – agierte ungemein dynamisch, mit leidenschaftlichem Impetus. Offenkundig bedeutet Ausdruck dem Schweizer Dirigenten alles, der inzwischen eine bedeutende internationale Laufbahn bestreitet. Animierte er doch unentwegt mit aufwändig ausladender, beredter Zeichengebung das wie entfesselt aufspielende Nationaltheater-Orchester zu energie- und emotionsgeladenem, impulsivem Musizieren. Zustande kamen dabei vor Spannung geradezu berstende Wiedergaben. Bei der Franck-Sinfonie und „Daphnis und Chloé“ wurde mit emphatischem Gestus spätromantischer beziehungsweise frühmoderner großorchestraler Glanz gefeiert. In beiden Werken gab es – extrem gezielt exponierte – grandiose Höhepunkte und tönende Apotheosen. In „Daphnis und Chloé“ hätte man sich den ekstatischen Klangrausch des dritten Satzes, „Danse générale“, kaum überwältigender vorstellen können als er diesmal beschworen wurde. All dies geschah im Zeichen betont zügiger, straffer Abläufe. Mit Sicherheit sind mäßigere Zeitmaße sowohl bei Francks Sinfonie als auch bei „Daphnis und Chloé“ denkbar. Dessen ungeachtet vermochte Venzagos Version zu überzeugen und beeindrucken. Der Dirigent erwies sich jedoch keineswegs lediglich als musikalischer Draufgänger. Vielmehr war er ein sehr überlegen disponierender Maestro und auch ein Sensibilissimus. Bei Franck stand er für feinsinnig ausmusizierte delikate Lyrismen ein, und die sehr flexible Begleitung, stellenweise in hauchzarten Pianissimo-Tönen des Schumannschen Cellokonzerts war ein dirigentisches Meisterstück. Zuständig für die Flüstertöne des Soloparts war Alisa Weilerstein, eine Virtuosin in großem Stil und zugleich eine feinsinnige Künstlerin mit ausgeprägter gestalterischer Fantasie. Ihre traumwandlerische Sicherheit bei den über alle Maßen kniffligen Passagen des Schumann-Konzerts wirkten mehr als verblüffend. Andererseits spielte Weilerstein mit sanglich inspirierter schwärmerisch-romantischer Hingabe. Einige Glissandi hätte sie sich sparen können. Absolut vorbildlich in puncto Eleganz und Tonqualität aber geriet ihre Zugabe: die Bourrée aus Bachs dritter Cello-Solosuite in C-Dur.

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