Kaiserslautern Launige Libertinage der listigen Lästermäuler

Hier werden Weiber zu Hyänen: Birgit Schöndorf und Ursel Pfeiffer-Anslinger vom Homburger Frauenkabarett.
Hier werden Weiber zu Hyänen: Birgit Schöndorf und Ursel Pfeiffer-Anslinger vom Homburger Frauenkabarett.

Im Humor und Galgenhumor überwindet der Mensch seine Selbstüberschätzung oder seine Angst vor dem Schicksal. In der Selbstironie aber befreit er sich von sich selbst, indem er seine eigenen Schwächen verspottet. Mit seinem neuesten Programm „Neues aus dem Spätmittelalter“ bringt das Homburger Frauenkabarett diese Kunstform zur Hochform. 550 Besucher erlebten am Samstagabend im Ramsteiner Haus des Bürgers 150 Minuten lang (mit Pause) bestes Kabarett.

Zwei Ratschweiber (Birgit Schöndorf und Ursel Pfeiffer-Anslinger) beobachten mit dem Fernglas die Nachbarschaft. „Ach Gott, das kammer doch net angucke“, echauffieren sie sich − und reißen sich vor Neugierde und Begeisterung schier das Glas aus der Hand. In einem weiteren Sketch doziert Gisela Walter, wie belastend für viele Frauen der erhöhte Anteil an Fett im Unterhautgewebe sei, der die Ursache für Rettungsringe ist. In einem Brief an ihren Liebsten tituliert sie seine dicken „Polster“ als Kissen für ihre inneren Organe. „Wenn ich hetzen will, bist du es, liebes Bobbele, das mich entschleunigt.“ Als sie den Brief, verrät sie, ihrem Liebsten vorgelesen habe, sei er vor Rührung hingeschmolzen. „Weg war er.“ Ja, diese fünf Frauen stehen zu ihrem reifen Alter: Eine Sozialarbeiterin eine Lehrerin, eine Sprecherzieherin und zwei Frauenärztinnen nehmen das Spätmittelalter aufs Korn. Mit ihrem Humor machen sie es nicht nur sich selbst leicht, mit den Unzulänglichkeiten des eigenen Lebens zurechtzukommen. Er macht es auch leichter, versöhnlich auf die Schwächen der Mitmenschen zu schauen. Ihr Humor ist praktisch der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt. Wie diese fünf Damen aus der Saarpfalz aber auch ihre Kritik an der Gesellschaft in saftigen Humor verpacken und auf die Bühne bringen, ist einfach grandios. Sie zerpflücken, spitzen zu, langen ganz schön hin, hauen Skurriles und Komisches mit jeder Menge Galgenhumor raus. Von der Kostümierung bis zur Aussprache stimmt einfach alles. Jedes Detail sitzt, jede Geste, jede Bewegung. Schauspielkunst auf hohem Niveau mit jeder Menge Sinn für Ulk und Klamauk. Mit treffsicheren Pointen und starken Liedern steuern sie das Zwerchfell ohne Umwege an. Ohne Erbarmen singen sie das „Lied von der Befreiung des geknechteten Ichs vom Du“: „Hau endlich ab, verpiss’ dich“, intonieren sie und hauen dabei stimmlich auf den Putz. Heidi Hennen schwört auf die „20/80-Methode“: Mit 20 Prozent weniger Arbeitsaufwand könne man 80 Prozent mehr Effizienz erzielen, verrät sie. „Aha“, meint Silke Müller folgerichtig, „wenn ich in Zukunft beim Kuchenbacken nur 80 Prozent der vorgeschriebenen Zutaten nehme, erreiche ich 20 Prozent Gewichtsabnahme.“ Als Mikroben verkleidet unterhalten sich Gisela Walter und Silke Müller über ihr Leben im Dickdarm und fragen sich: „Gibt es ein Leben hinter dem Rektum? Gibt es einen After hinter dem After?“ Die listigen Lästermäuler animieren das Publikum zu „mehr Mut, auch wenn die Angst den Ton angibt“. Denn Angsthasen würden von ihrer Angst bedroht. Angst mache füg- und duldsam, schleimig, schuldig und manisch. In ihrer „persönlichen Wahlnachlese“ fordern sie ein „Wahlberechtigungs-Zertifikat“, denn der Wahlausgang sei von Unkenntnis bedroht. Das Quintett der guten Laune verbindet stets Heiterkeit mit Denkarbeit. Den Leuten ein paar Witze zu erzählen, ist ihnen zu wenig. Sich mit der Welt, die sie vorfinden, nicht zufrieden zu geben, sondern zu sagen: Es muss doch eine Möglichkeit geben, dass die Welt ein bisschen anders aussieht – das ist ihr Ding. Denn Politik findet ja statt, sobald zwei Menschen am Tisch sitzen und sich unterhalten. Das ist Kabarett im besten Sinne. Und spannender, als wenn ich sage: „Kommt ein Mann zum Arzt...“ − Minutenlanger Beifall. Zwei Zugaben.

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