Kaiserslautern Konzertmenü mit Zuckerguss

Mit Vladimir Tsypin stellte sich am Montag in der Kleinen Kirche am Unionsplatz ein exzellenter Geigenvirtuose in den Dienst eines Benefizkonzertes; der Erlös des Konzertes kam dem SOS-Kinderdorf Kaiserslautern zu.

Vladimir Tsypin hat zwar die Idee eines musikalischen Menüs nicht erfunden, sie aber für das Konzert programmatisch konsequent weiterentwickelt. Das hierzulande weniger bekannte Oeuvre des 1890 in Italien geborenen Komponisten Antony Louis Scarmolin diente dem Geiger mit ausgewählten Salon-Miniaturen als Vorspeise. Und John Sichels Solo-Suite wenn man so will als Dessert. Der Hauptgang blieb den Solo-Partiten von Johann Sebastian Bach vorbehalten, die ohnehin sowohl für Interpreten wie auch Rezipienten gleichermaßen „schwere Kost“ darstellen. Weder die Idee, noch die Ausführungen sind gänzlich Neuland: Das interpretatorische Problem unserer Zeit besteht nun gerade darin, dass alles – von virtuoser spieltechnischer Bravour bis zum originellsten und gewagtesten Interpretationsansatz – schon mal da war und auch kaum überboten werden kann. Wenn man Ausnahmemusiker wie Jascha Heifetz oder Nathan Milstein sowie Itzhak Perlman aus verschiedenen Geigenschulen oder -traditionen vor Augen, Pardon im Ohr hat. Dennoch ist Tsypins Spiel auf seine Art sensationell, weil es diese verschiedenen Traditionslinien und gestalterischen Ansätze reflektiert, perfektioniert und zu einem eigenen, zeitlosen Vortragsstil führt. Sein Ansatz mutet wie eine Synthese aus verschiedenen divergierenden Interpretationsarten an: Er fließt bei Bach organisch aber nicht gleichförmig. Er hat Ausdruck und Tiefe, aber gleitet nicht in rührselige romantisierende Sentimentalität ab. Der Ton ist markant, entbehrt aber nicht einer als dolce bezeichneten Kantilenensüße. Was die Assoziation eines Konzertmenüs mit Zuckerguss beim Dessert abrundet. Seine tadellose Technik wirkt souverän und abgeklärt, drückt aber in den tonlichen Nuancen mehr als etüdenhafte Annäherung aus: Da schwingen Emphase, Pathos und innere Anteilnahme mit. Auf diesem schmalen Grat balancierte der Ausnahmegeiger des New York Philharmonic Orchestra sehr geschickt.

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