Kaiserslautern „Er war ein außerordentlicher Lehrer“

Ein außergewöhnliches Klassentreffen gab es am Samstagabend im Hotel Fröhlich in Dansenberg. Fünf ehemalige ägyptische Schülerinnen der deutschen Auslandsschule der Borromäerinnen (DSB) besuchten nach 32 Jahren ihren ehemaligen Lehrer, den Lauterer Gunther Liebel. Da war die Freude riesig und gelacht wurde viel.

„Wir wiederholen jetzt mal den Konjunktiv II“, sagte Liebel in seiner charmant trockenen Art. „Alles, nur nicht das“, antwortete Samah Samir. „Du hast mir ja noch nie zugehört“, darauf der Ex-Klassenlehrer. Und Liebels ehemaliger Kollege Dieter Schenten, der an dieser Schule Deutsch und Latein lehrte und für das besondere Treffen eigens aus Trier angereist ist, meinte: „Kannst du das noch mal wiederholen, aber auf Deutsch!“ So wurde am Samstagabend hin und her gefrotzelt. Dabei sprachen die fünf Ägypterinnen ein astreines Deutsch ohne jeglichen Akzent. „Das haben wir von Herrn Liebel gelernt“, konstatierte Rania Steiner, die heute als Informatikerin in der Schweiz lebt. „Du hast ja eh nur deine Computer im Kopf“, wiegelte Liebel ab. Aber Faten Hobeika-Chakroun, die an der Pariser Sorbonne Dozentin für die arabische Sprache ist, und Salwa Abu-Ep-Ela, Ärztin für Nephrologie in Ingolstadt, pflichteten Rania bei: „Er war schon ein außerordentlicher Lehrer. Er hat uns nicht nur unterrichtet, sondern er diskutierte viel mit uns – über Gott und die Welt.“ Zum einen seien es die Regeln der deutschen Erziehung, vor allem Pünktlichkeit und Ordentlichkeit, die die Mädchenschule ihren Schülerinnen beibringe, versicherten die beiden in Kairo lebenden Ex-Schülerinnen Shahira El Rafei, heute Journalistin und Kommunikationsmanagerin, sowie Samah Samir, Reiseleiterin bei Tui. Die Lehrpläne, die ebenso dem Schulrecht des Gastlandes wie der deutschen Schulbehörde unterlägen, verlangten neben dem Unterricht in deutscher Sprache, Geschichte und Kultur auch die Förderung selbstständigen Denkens, die Fähigkeit, eine eigene Meinung zu äußern oder gar Kritik zu üben. Der Unterschied im Unterrichtsstil der deutschen und der ägyptischen Lehrer, die für die arabischen Fächer Sprache, Kultur und Religion zuständig sind, sei aber mehr als nur die Differenz der Lehrmethoden. „Zu Herrn Niebel konnten wir mit jedem Problem kommen. Er war immer bereit zu diskutieren“, so Rania. Die ägyptischen Lehrer hingegen hätten sich auf keinerlei Diskussionen eingelassen. „Wir haben viel für das Leben von ihm gelernt. Als er weggegangen war, war das für mich wie ein Bruch in meinem Leben.“ Bei den Borromäerinnen, einem katholischen Orden mit dem Mutterhaus in Trier, sind die Schülerinnen vom zweijährigen Kindergarten ab dem vierten Lebensjahr bis zur zwölfklassigen Schule zusammen. Mit dem Abschluss erhalten sie das deutsche Sprachdiplom und das Abiturzeugnis, das zum Studium in Deutschland berechtigt. „Das war zu meiner Zeit die beste und die günstigste Schule“, konstatierte Rania. Unterrichtet werde bilingual, Deutsch sei also Unterrichtssprache und erste Fremdsprache sowieso. Gegründet wurde die Schule für die Kinder deutscher Familien in Kairo. Heute besuchen sie aber überwiegend ägyptische Schülerinnen. „Es fließt seitdem irgendwie deutsches Blut in meinen Adern. Dadurch, dass ich in Ägypten so lange in Deutschland gelebt habe“, versichert Shahira und grinst dabei. Alle lachen. „Du hast ja schon immer gern geschwatzt“, kontert Gunther Liebel. Warum sie alle so fröhlich seien? „Das liegt den Ägypterinnen in den Genen, dass sie so lustig sind. Es wird nichts übelgenommen“, verrät Samah.

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