Kaiserslautern Ein Hauch Wien

„Gold und Silber“, einer der bekanntesten Konzertwalzer überhaupt, beschleunigte nicht nur das Ansehen des Komponisten Franz Lehar. Am Sonntag avancierte er auch zum Prädikat einer exzellenten künstlerisch-interpretatorischen Leistung der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken-Kaiserslautern (DRP), die ihren enormen künstlerischen Aufschwung seit der Fusion 2007 besonders mit diesem ersten Konzert der Reihe „Sonntags um 5“ in der Fruchthalle eindrucksvoll unter Beweis stellte.

Mit Wiener Operettenmelodien, Walzern und Polkas sowie Galopp der legendären Strauß-Ära betrat das Orchester das eigentliche Terrain des früheren SWR(F)-Rundfunkorchesters, und konnte jetzt auch in diesem heiklen Genre spezialisierter Orchester die gewachsene klangliche Homogenität und vor allem Expressivität mit gestalterischem Nachdruck nachweisen. Mit Gastdirigent Ernst Theis – Österreicher mit Studium in Wien – konnte natürlich ohnehin nichts schiefgehn. Denn der stand bei den Kompositionen von Eduard, Josef Strauß und Vater Johann sowie bei weiteren von Lehár und Robert Stolz für wienerische Authentizität ein. Ernst Theis ist kein Dirigent der Routine, er fordert alles an Intensität und Kantabilität, lässt die Konzertwalzer beispielsweise aus kleinsten lyrischen Einleitungen und Motiven dann mit weit ausladender Geste zu einem breiten melodischen Fluss anschwellen. Differenzierte, sich organisch entwickelnde Agogik und Dynamik fordert die volle Konzentration der Musiker. Und die erreichten so ein Höchstmaß an melodischer Raffinesse. Man hörte in Kantilenen betörende instrumentale Wirkungen der homogen klingenden Streicher, bei Polkas brillante Bläsereinwürfe sowie prägnante Geigenepisoden. Bei den vokalistischen Höhenflügen sorgte das Orchester mit seiner durchsichtigen und einfühlsamen Spielweise zudem für beste Voraussetzungen. Seit Jahren begnügt sich die programmatische Konzeption aber nicht nur mit diesen berauschenden Klängen der DRP. Dank Sponsoring der Kreissparkasse können ergänzend vokalistische Sterne vom Musikhimmel runtergeholt werden, die sonst nur in großen Kulturmetropolen und Opernhäusern zu erleben sind: Anja Nina Bahrmann lebt in Wien, debütierte an der Bayerischen Staatsoper München und gehört in jungen Jahren seit 2009/10 schon zum festen Ensemble der Oper Wien. Ihre Sopranstimme konnte die Besucher der ausverkauften Fruchthalle zum Schwärmen, zum genüsslichen Träumen und Schwelgen in Melodienseligkeit bringen. Die leichte und sehr sichere Stimmansprache wirkte absolut natürlich und nie maniriert oder forciert. Es war beispielsweise beim Walzerlied von Robert Stolz „Du sollst der Kaiser meiner Seele sein“ ein ungetrübter Hörgenuss, der dann in einem beseelten Duett gipfelte. Ebenfalls wurde Tenor Mirko Roschkowski immer wieder mit Ovationen gefeiert: Erste Engagements führten ihn an die Opernhäuser Düsseldorf und Bonn, in dieser Saison nach Leipzig und Köln und ebenfalls nach Wien. Auch er gehört der jungen aufstrebenden Generation an, die das Genre der angeblich leichten Muse (womit nicht der Schwierigkeitsgrad gemeint ist) so gar nicht auf die leichte Schulter nimmt, sondern viel Detailarbeit und interpretatorische Sorgfalt leistet. Sichere Einsätze, klare Textverständlichkeit und eine gewisse Leichtigkeit und Eleganz zeichneten seine Vorträge aus. Beim angedeuteten Duett „Lippen schweigen, flüstern Geigen“ von Franz Lehár verschmolzen zwei Herzen im gemeinsamen Takt, ohne Verschiebungen oder Intonationstrübungen; da klang alles wie aus einem Guss. Der ebenfalls in Kaiserslautern gern gesehene Moderator Markus Brock ist kein Selbstdarsteller, und das macht ihn vielleicht letztendlich so sympathisch: Er führte zu Werken und Komponisten hin und interviewte die Solisten, um die Gattung Operette für die Besucher in allen Facetten zu belichten.

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