Kaiserslautern Der Extreme

Dichter sind heute eher Exoten. Doch T.S. Eliot, dessen Todestag sich morgen zum 50. Mal jährt, gilt nicht nur als Wegbereiter der Moderne, sondern hat Eingang ins Herz der Massen gefunden: Das Musical „Cats“ von Andrew Lloyd Webber, derzeit mit Nicole Scherzinger in London zu sehen, basiert auf einigen 1939 veröffentlichten Gedichten Eliots.

Thomas Stearns Eliot hat einige der berühmtesten Gedichte der englischen Sprache verfasst, insbesondere „The Waste Land“ (Das wüste Land) von 1922. Als er 1948 den Nobelpreis für Literatur bekam, wurde er als Pionier gewürdigt. Pünktlich zum 50. Todestag erscheint nun im englischsprachigen Raum eine neue Biografie: „Young Eliot“ von Robert Crawford konzentriert sich auf die Jugendjahre des Literaten, der 1888 in eine streng puritanische Familie in St. Louis, Missouri, geboren wurde, aber schon als junger Mann nach Großbritannien zog. Eliot wollte eigentlich nicht, dass über ihn geschrieben wird. Vergeblich versuchte er das Eindringen der Biografen in sein Privatleben abzuwehren. Schließlich beschäftigte sich sogar das Kino mit seinem komplizierten Eheleben. Der Oxfordabsolvent hatte zunächst die blaublütige Vivienne Haigh-Wood geheiratet, die jedoch unter wiederkehrenden paranoiden Schüben litt. Sie wollte aus dem steifen Adelsmilieu ausbrechen, während Eliot die aristokratische Lebensform schätzte. Das Ergebnis war schon für die damalige Zeit herb: Der Dichter schob die Frau in eine Nervenheilanstalt ab. Die dunklen Seiten des Dichters offenbarte bereits 1984 die Eliot-Biografie des Briten Peter Ackroyd. Ihm gelang das Porträt einer außerordentlich extremen Dichterpersönlichkeit. Es zeigt einen eher intoleranten Polemiker, dem man so allerlei zutraut; den Intellektuellen und Künstler, der sich immer hinter neuen Masken und Rollen zu verbergen versucht, einen, der es sich und seiner Umgebung nicht leicht macht. Denn auch Thomas Stearns Eliot wurde von Nervenkrankheiten heimgesucht. Seine ersten Gedichte, geschrieben im Studium in Harvard und an der Sorbonne, sind noch im klassizistischen Stil gehalten. Gefährten jener Jahre beobachten an Eliot eine ungewöhnlich starke Energie, Ehrgeiz, gepaart mit ausgeprägtem Hang zum Perfektionismus. Bereits 1922, nachdem er durch eine schwere Nervenkrise gegangen war, legte er – unterstützt von Dichterfreund Ezra Pound – das Gedicht vor, das sein lyrisches Hauptwerk bleiben sollte: „The Waste Land“. Das strenge und dichte Werk leitete eine geradezu revolutionäre Entwicklung ein, die Abwendung von aller bisherigen Tradition. Das neue poetische Credo verkündete Eliot selbst: „Die Poesie ist keine Entfesselung von Gefühlen, sondern eine Erlösung aus dem Gefühlsmäßigen; sie ist nicht der Ausdruck des Ichs, sondern die Erlösung vom Ich; aber natürlich wissen nur die, welche wirkliche Gefühle besitzen und ein Ich, was es heißt, diesen Dingen zu entrinnen.“ Die Londoner „Times“ nannte Eliot, der auch ein bedeutender Kritiker war, den „einflussreichsten Geschmacksveränderer unserer Zeit“. Tatsächlich umgab Eliot eine Aura, die ihn zu Lebzeiten bereits zum Verkünder einer neuen Kultur stilisierte. Später wurde er Mitglied der englischen Staatskirche – und von da an nahm sein Werk eine tiefreligiöse Färbung an. Das begann 1930 mit dem religiösen Gedicht „Ash Wednesday“ (Aschermittwoch) und fand seinen Höhepunkt in Theaterstücken wie „Murder In The Cathedral“ (Mord im Dom). Für sein Bühnenstück „Cocktail Party“ soll er eine runde Dollarmillion bekommen haben. Als einer der wenigen in der Zunft brachte es dieser ebenso kunst- wie geschäftssinnige Dichter zu Reichtum. Eliot selbst hatte sich als „Klassizisten in der Literatur, einen Royalisten in der Politik und einen Anglo-Katholiken in der Religion“ bezeichnet.

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