Kaiserslautern „Das kann sich sehen lassen“

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INTERVIEW: Christoph Dammann wohnt und arbeitet seit einem Jahr in der Stadt. Der Leiter des Kulturreferats hat jetzt sein erstes Konzertprogramm und die erste Lange Nacht der Kultur auf die Beine gestellt. Wie geht es ihm in Kaiserslautern? Zeit für eine Bilanz. Marita Gies hat mit ihm gesprochen.

Wie haben Sie sich in Kaiserslautern eingelebt? Gefällt es Ihnen und Ihrer Familie hier?

Das erste Jahr ist sehr schnell vergangen und war ein wirklich schönes. In unserem neuen Zuhause gefällt es uns sehr gut, wir genießen es, zum ersten Mal in zehn Minuten zu Fuß in die Stadt gehen zu können. Meine Töchter sind seit Sommer auf dem Albert-Schweitzer-Gymnasium, eine ausgezeichnete Schule, wo sie sich sehr wohl fühlen und toll aufgenommen wurden. Meine Frau ist seit Februar auch mit Freude in Kaiserslautern berufstätig. Haben Sie die Stadt schon erkundet und Lieblingsorte entdeckt? Ja, ich habe schon viel erkundet, auch mit dem Motorrad die Umgebung − ein Traum, auch wenn ich vieles noch nicht kenne. Mein Top-Favorit ist der Japanische Garten, eine Oase und ein Juwel, von dem ich vorher gar nichts wusste. Eine Entdeckung war das märchenhafte Karlstal. Und in Wissembourg waren wir mindestens schon dreimal. Als Leiter des Kulturreferats haben Sie sicher einen speziellen Blick auf das Kulturleben in der Stadt. Wie beurteilen Sie die Kulturszene? Ich wusste schon, bevor ich kam, dass es ein vielfältiges Kulturangebot auf hohem, großstädtischen Niveau gibt. Nun habe ich auch schon viele Akteure und Projekte der Freien Szene kennengelernt, die sich in den letzten fünf Jahren wohl besonders entwickelt hat, für die Stadt sehr wichtig ist und ein großes Potenzial hat. Können Sie sich Verbesserungen vorstellen? Ich würde lieber von Weiterentwicklung und Feintuning sprechen. Ein großes Thema ist der Raumbedarf der Freien Szene. Dazu führe ich viele Gespräche, das ist kompliziert, aber ich bleibe dran. Interessant finde ich auch punktuelle inhaltliche Verbindungen wie zum Beispiel das Italien-Projekt in diesem Frühjahr oder die zwei Sinfoniekonzerte, die mit Ausstellungen im Museum Pfalzgalerie in Zusammenhang stehen. Wir möchten auch in Kooperation mit der Zukunftsregion Westpfalz nach dem Vorbild Pirmasens einen Kreativ-Stammtisch einrichten, um Dialog und Vernetzung weiter zu fördern. Ein anderes wichtiges Beispiel ist die „Kulturloge“, die nach dem ersten Anlauf in 2010 nun erfolgreich auf den Weg gebracht werden konnte. Ihre erste selbst organisierte Lange Nacht der Kultur steht bevor. Ein Großprojekt, das viel Arbeit bedeutet. Steht das Programm? Die Lange Nacht ist für mich eine große Herausforderung. Die Messlatte liegt hoch und es ist eine tolle Leistung, so ein Projekt zu etablieren. Nun ist es meine Aufgabe, die Qualität beizubehalten und einige neue Akzente setzen. Das Programm steht und wird am 26. Mai vorgestellt, der Vorverkauf läuft bereits. Welcher Programmpunkt ist Ihr absoluter Favorit? Geben Sie uns doch vorab schon einmal ein Appetithäppchen. Das werde ich nicht machen, weil ich nicht in der Lage bin, mich für einen Punkt zu entscheiden. Ich will Ihnen lieber sagen, was das Schlimmste für mich ist: Ich werde nie wieder Programme außerhalb der Fruchthalle miterleben können, weil ich immer die Künstler dort sehen und begrüßen und bedanken muss. Sie treten im 15- bis 20-Minuten-Rhythmus auf. Das heißt: Ich komme da nie raus. Zum ersten Mal beteiligt sich das Kulturzentrum Kammgarn daran. Eigentlich verwunderlich, dass das nicht schon früher passiert ist. Wollen Sie die Kammgarn noch besser ins Kulturgeschehen einbinden? Das hat die Kammgarn sicher nicht nötig, sie ist ein super aufgestelltes, bundesweites Aushängeschild. Die Zusammenarbeit steht und fällt ja immer mit der persönlichen Chemie der Beteiligten, das kann man nicht erzwingen, aber es passt, und darüber freue ich mich. Wenn die Chemie zwischen Ihnen und dem Kammgarn-Geschäftsführer Richard Müller stimmt, dann kann die Stadt ja nur profitieren. Gibt es da schon weitere Pläne? Weitere Pläne nicht, aber wir haben ja schon etwas vorzuweisen. Einmal die Lange Nacht der Kultur und dann das gemeinsame Jugendabo. Etwas Neues ist auch die Kooperation bei der Nato-Jazz-Night am 20. Juni, die erstmals stattfindet. Das kann sich doch schon sehen lassen. Und noch ein erstes Mal ist zu vermerken: Sie haben vor kurzem Ihr erstes Konzertprogramm vorgestellt. Gab es darauf bereits Resonanz? Ich bin vielfach von Konzertbesuchern angesprochen worden, dass sie sich auf die neue Saison freuen. Warten wir ab, wie es dann funktioniert. Was war Ihnen wichtig bei der Programmgestaltung? Ich halte es für kontraproduktiv, Abonnementreihen zu kündigen, um sich durch neue Formate zu profilieren, vor allem, wenn man in einer Stadt neu anfängt und sein Publikum erst noch kennenlernen möchte. Wir haben in der Fruchthalle erfolgreich etablierte Reihen mit vielen hundert Abonnenten, die würde kein seriöser Kulturmanager in Deutschland kündigen. Viel wichtiger ist es, die Reihen klar zu fokussieren, ihnen durch die Werkauswahl und die ausführenden Künstler Profil zu verleihen. Es muss auch die Mischung zwischen bekannten Werken des Kernrepertoires und Unbekanntem und Neuem stimmen. Das heißt, Sie haben das Bewährte behalten, aber gleichwohl neue Akzente gesetzt. Ich denke, dass einige von mir gesetzte Schwerpunkte sichtbar werden: Dazu gehören vier Konzerte, die Schubert und Mahler gewidmet sind, drei Konzerte mit Länderschwerpunkten auf Russland, Frankreich und England, drei Konzerte mit Blick auf Klassik und Neoklassik oder auch auf den jungen Mendelssohn, zwei Konzerte mit Schwerpunkt auf Barock-Repertoire musiziert von Spezialisten, zwei Konzerte, die Kammermusik mit Lesungen durch Elke Heidenreich und Dominique Horwitz kombinieren, zwei Ur- beziehungsweise Erstaufführungen, dazu unbekannte Werke wie das Klavierkonzert von Ullmann oder „Tintagel“ von Arnold Bax; dann international bedeutende Solisten wie Sabine Meyer, Daniel Hope, Klaus Florian Vogt, das Artemis Quartett, die „Konzerte außer der Reihe“ mit Gisela João, Tim Fischer, Andy Kuntz und Günter Werno, nicht zuletzt die Kooperationen mit dem Museum Pfalzgalerie und der Beijing International Music Competition, von weiteren Neuerungen wie Jugend-Abo in Kooperation mit der Kammgarn, Vierer-Abos, Einführungen vor allen Sinfonie- und Donnertags-Kammerkonzerten und so weiter mal ganz abgesehen. Sie sind beruflich viel herumgekommen, bevor Sie in der Pfalz gelandet sind. Wird sich davon etwas in Kaiserslautern niederschlagen? Ich hoffe doch. Ich kenne viele bedeutende Künstler wie Daniel Hope und Klaus-Florian Vogt oder auch Elke Heidenreich seit langem persönlich. Ich habe mir daneben erlaubt, einen ganz kleinen portugiesischen Akzent zu setzen, mit dem Pianisten Artur Pizarro und dem Fado-Shootingstar Gisela João.

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