Kaiserslautern Blumen statt „schwerer“ Jungs

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Landstuhl. Es war am frühen Abend des 17. Aprils 1963, als drei Häftlinge aus dem Landstuhler Gefängnis ausbrechen wollten. Dies war vermutlich der letzte Versuch dieser Art, denn nur wenig später wurde das Gefängnis beim Amtsgericht für immer geschlossen. Heute erinnern nur noch wenige Relikte an diese Zeit.

Das heutige Amtsgericht Landstuhl beherbergte bis zum Beginn der 1960er-Jahre auch ein Gefängnis. Von der Kaiserstraße aus ist davon nichts zu erkennen. Wer sich aber das T-förmige Gebäude von der Austraße aus anschaut, sieht den rückwärtigen Trakt, der im rechten Winkel an das Haupthaus angebaut ist. Er teilt das Gelände in zwei Hälften: Die eine ist ein parkähnliches Gelände mit einem Nutzgarten, der vom hiesigen Obst- und Gartenbauverein bewirtschaftet wird, die andere wird als Mitarbeiterparkplatz genutzt. Dieser ist von einer knapp vier Meter hohen Mauer gesäumt und diente früher als Gefängnishof, in dem sich die Gefangenen die Beine vertreten konnten. Was im April 1963 in einem „Ermittlungsverfahren wegen Gefangenenmeuterei“ endete und eine Verlegung in eine andere Haftanstalt zur Folge hatte, geschah fast exakt drei Monate, bevor die Zellen verwaisten. Auf Anordnung der Generalstaatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht Neustadt/Weinstraße wurde das Landstuhler Gefängnis nämlich mit Wirkung vom 16. Juli 1963 für immer geschlossen. Die Insassen wurden in das Gefängnis des Kaiserslauterer Landgerichts verlegt. Der Ausbruchsversuch kurze Zeit zuvor war keine spontane Aktion. Wie die Gefängnisakten besagen, hatten die drei Gefangenen den Aufseher zum Austausch von Büchern aus der Gefängnisbücherei gebeten. Sie hatten vor, ihn in die enge Kammer zu locken, um ihn dort zu überwältigen und einzuschließen. Dann wollten sie mit seinem Schlüssel in die Freiheit entkommen. Doch ein anderer Häftling, den die Inhaftierten in ihren Plan eingeweiht hatten, bewahrte sein Schweigen nicht. Weswegen er seine Mitinsassen verriet, ist nicht bekannt. Wie geplant kam der Aufseher an diesem Abend zur Bücherei, doch, was die Häftlinge erst dann gewahr wurden, war, dass auch der Gefängnisleiter hinzukam, um die Tür zu sichern. Daraufhin gaben die Häftlinge ihr Vorhaben auf, es folgte die Verlegung in Einzelhaft und eine Durchsuchung. Dabei wurde unter anderem ein Rasierapparat gefunden und einer der Gefangenen hatte sogar ein frisches Hemd angezogen und einen Schal umgebunden. Angesichts der warmen Temperaturen erschien dies als ungewöhnlich. Bei der anschließenden Befragung gab zumindest einer der Ertappten den Fluchtplan zu. Die Gitter an den Fenstern des ersten Stockwerks zur Gartenseite hin sind geblieben. Sie gehören zu den wenigen Überbleibseln aus dieser Zeit. Zur Hofseite hin, dort, wo sich heute Dienstzimmer und ein Sozialraum befinden, wurden die „schwedischen Gardinen“ entfernt. In der darüber gelegenen Etage befand sich die Dienstwohnung des Aufsehers. Nur wenig ist aus dieser Zeit bekannt und auch die alten Akten, die Direktorin Angelika Jansen-Siegfried vorliegen, reichen nur bis ins Jahr 1960 zurück. Sie geht davon aus, dass acht bis zehn Häftlinge gleichzeitig eingesessen haben. Die Anzahl der Zellen kennt sie jedoch nicht. Nach wie vor ist der Trakt über Durchgänge vom Haupthaus zu erreichen. Eine Treppe, die die einzelnen Etagen verbindet, existiert nicht. Im Gang, der zu den heutigen Diensträumen führt, hängen vier der restaurierten Zellentüren an der Wand. Deutlich sind daran der Riegel, das Vierkantschloss und mittig eine Rosette mit Blumenmotiv zu erkennen. Erstaunlich ist, dass weder ein Guckloch, noch eine Durchreiche vorhanden sind. 1891 wurde das neu erbaute Amtsgericht mit Gefängnis in Betrieb genommen. Nach der Stadtchronik war die Gerichtsbarkeit von 1842 im Rathaus untergebracht, das sich damals auf dem Alten Markt befand. Nachdem die Stadt den Mietvertrag wegen eines erhöhten Platzbedarfs gekündigt hatte, war zunächst geplant, es in einem Anbau an das Kantons-, später Amtsgerichtsgefängnis unterzubringen. Die Chronik sagt nichts darüber aus, wo sein Standort war. Doch es kam anders: Der Mietvertrag wurde immer wieder verlängert, bis der Entschluss fiel, einen Neubau zu errichten, der unter seinem Dach Amtsgericht und Gefängnis beherbergen sollte. Die Immobilie ist heute im Besitz des rheinland-pfälzischen Landesbetriebs Liegenschafts- und Baubetreuung. (lmo)

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