Kaiserslautern Bett statt Backofen

„Alle Jahre wieder...“ avanciert das Pfalztheater-Adventskonzert zum Besuchermagneten: Bis auf ganz wenige Restkarten ausverkauft und mit bester Stimmung der begeisterten Besucher, ist heuer eine schlüssige, stimmige Konzeption zu loben: eine gute Mischung aus Textrezitation, Weihnachtssatire und musikalischem Glanz, gepaart mit einem vorgezogenen Feuerwerk solistischer Bravour.

Dieses Jahr legten die Organisatoren sogar noch eine sprichwörtliche Schippe drauf: zwei Weihnachtsmänner im musikalischen und (gespielt) handgreiflichen Wettstreit. Der eine (Werner Brill) dirigierte das Kammerorchester, der andere (Ulrich Nolte) leitete das Junge Vokalensemble und das mit berechtigtem pädagogischen Stolz. Dabei kam es zu erheiternden inszenierten Zwischenfällen, als sich beide um den Taktstock stritten. Nach einer solch komödiantisch aufgepeppten Vortragsfolge von traditionellen Weihnachtsliedern der beiden Klangkörper – nacheinander und gemeinsam – zeigte das Kammerorchester mit Primgeigerin Mari Kitamoto, dass es sogar ohne Dirigent geht: Im Halbkreis platziert, folgte es mit wachem Ohr den wagemutigen Kapriolen und anmutigen Kantilenen der Solistin Laura Weiß, die auf der Piccoloflöte für spektakuläre Klangwirkungen in spielerischer Eleganz sorgte. Bewährtes beibehalten, aber mit neuen Ideen und Inhalten füllen, lautete insgesamt die Maxime der Matinee: So verließ man heuer das sonst barocke Repertoire und präsentierte beispielsweise mit dem 1979 entstandenen Concertino von Allan Stephenson ein Bravourstück für Piccolo-Querflöte, das in der Besetzung mit Streichern und Cembalo und teilweise auch im Tonfall neobarock wirkt. Mit der Serenade für Streichorchester in vollendeter Spiel- und Klangkultur von Edward Elgar blieben die Streicher ihrer programmatischen Konzeption mit anderen Stilepochen treu und erzielten auch hier eine wunderbare klangliche Dichte und Expressivität, wieder inspiriert von der charismatischen Erscheinung Kitamotos. Lediglich bei den tiefen Streichern wurde dieses Ideal nicht ganz erreicht. Auch der dritte Aspekt der Veranstaltung, die Textrezitation, fand eine Steigerung: Erstmals schlüpfte Rainer Furch in die Rolle des Weihnachtserzählers, mal als Satire (Hans Scheibners „Der Weihnachtsmann in Nöten“), mal als soziales Gewissen für alle Weihnachtsgänse und dergleichen, die nicht unterm Gabentisch, sondern im Backofen landen. Furchs Kunst bestand darin, die Geschichte um die Weihnachtsgans Auguste (von Friedrich Wolf) so zu erzählen, als würde sich diese Groteske gerade ereignen und die Zuhörer seien mittendrin in diesem turbulenten Geschehen: Die als Weihnachtsbraten vorgesehene Gans sucht und findet den Familienanschluss und landet nicht im Topf, sondern als Kuscheltier im Bett. Genüsslich spannte Furch in zwei Teilen die Zuhörer auf die Folter, um dann die überraschende Pointe voll auszukosten. Eine rhetorische Glanzleistung. Das Junge Vokalensemble nahm die Gelegenheit zur Demonstration stimmlicher Reinkultur entschlossen wahr und ließ zudem durch die ausgebildete Strahlkraft der Stimmen aufhorchen.

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