Kaiserslautern Angie im Kaufrausch

Ob Loriots „Hoppenstedts“, Gerd Dudenhöffers „Familie Becker“ oder Ludwig Thomas „Lausbubengeschichten“ – längst hat auch die Real- und Gesellschaftssatire das Weihnachtsfest als Quelle der Inspiration entdeckt. In dieses Horn stießen auch die hiesigen Kabarettisten Die Untiere am Donnerstagabend in der Stiftskirche mit einer gesunden Mischung aus Musikkabarett und Persiflage.

Vorab schloss sich auch Organisator und Pfarrer Stefan Bergmann dieser kritischen Richtung an. Er machte sich stark für Menschen, für die Weihnachten wie ein Jammertal wirke und leitete somit zum Anliegen der Untiere geschickt über. Zunächst erinnerte der „Urvater“ der Untiere, Wolfgang Marschall, daran, dass es früher nur dem Nikolaus – und nicht wie heute Staats- und Geheimdiensten – vorbehalten war, Daten zu speichern: für die Belohnung oder Bestrafung Artiger oder Unartiger. Edwin Schwehm-Herter machte in seinem selbst getexteten und komponierten Antikriegslied eine weitere weihnachtliche Thematik bewusst: Sehnsucht nach (innerem) Frieden. Dass der Messias auch in den Familien in Gestalt eines neuen Erdenbürgers gefeiert wird, machte der frisch gebackene Großvater deutlich und widmete seinem Enkel ein weiteres, ansprechendes Lied über Menschlichkeit und die wesentlichen Dinge des Lebens. Philipp Tulius entdeckte für sich in der Weihnachtszeit eine neue Rolle, inspiriert von den oft in der Fußgängerzone auftretenden Indios aus den Anden. Stilsicher imitierte er im täuschend echten Outfit deren Habitus und spielte im Playback-Verfahren dazu Panflöte. Doch der in diesem Sketch eingesetzte Gaststar Theresa Sophie Albert stellte als gespielte Vertreterin von Gewerbe- und Aufsichtsamt fest, dass bei mehr als einer Pfeife eine höhere Abgabenordnung greife. Eine Thematik, die später auch Marschall aufgriff, als er vehement Mautgebühren für Weihnachtsmärkte und Einkaufsmalls forderte und damit den Gebührenkatalog auf die Spitze trieb. Geldnöte plagen die Stadt, die Untiere spielten in diesem Zusammenhang ihre Stärken als Musikkabarettisten aus: Ihr „Kinderlein kommet“ wurde umtextiert zu „Ihr Falschparker kommet zuhauf“. Marina Tamassy und der Gast Albert schlugen als Weihnachtsengel die rhetorische Brücke vom Engelrausch zum Kaufrausch, allerdings fehlten dazu bei der schwindenden Kaufkraft die Mittel. Eine Fülle von Musiktiteln wie Nick Caves „The Red Right Hand“ und viele Weihnachtslieder wurden entsprechend der melodischen Metrik neu und genau im Tonfall passend umtextiert. Stark war auch der gewohnt souveräne Auftritt Tamassys als berühmteste Pastorentochter Deutschlands: Ihre „Advents-Angie“ verführte zum Konsumrausch, nur der helfe der Konjunktur. Und wer sein Geld auf die hohe Kante lege, der käme irgendwann nicht mehr dran. Fazit: Das Weihnachtsprogramm der Untiere „Wenn Knecht Ruprecht zweimal klingelt ...“ hatte zweifellos beim kritischen Hinterfragen von Sitten und Gebräuchen rund ums Fest seine Stärken. Das Abdriften zu lokalpolitischen Themen und zum OB-Wahlkampf passte dagegen weniger zu Thematik und Veranstaltungsort.

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