Kaiserslautern Werkauswahl wirft Fragen auf

Ausgezeichnete Feinabstimmung: Ermir Abeshi (Violine), Benedikt Schneider (Viola) und Adnana Rivinius (Violoncello) zeigten beim
Ausgezeichnete Feinabstimmung: Ermir Abeshi (Violine), Benedikt Schneider (Viola) und Adnana Rivinius (Violoncello) zeigten beim rasanten Wechselspiel im Finalsatz spielerisch große Präzision.

Das zweite Ensemblekonzert der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern (DRP) wartete am Sonntag im SWR-Studio mit Kammermusikwerken in Triobesetzung des 19. und 20. Jahrhunderts auf. Die Auswahl der Stücke offenbarte ein grundsätzliches Problem des Formats.

Der Publikumsbesuch hatte wieder den elitären Charakter einer „Musica reservata“, goutiert also von einem kleineren Kreis von Kennern und Liebhabern. Daher sind die Organisatoren laut SWR-Aushang auf der Suche nach einem anderen Termin. Ob es ein günstigerer Termin aber allein richten kann, ist fraglich. Zumindest die Werkwahl zum Auftakt verriet in der Moderation und im Interview der SR-Moderatorin Gabi Szarvas mit der mitwirkenden Cellistin Adnana Rivinius auch ein grundsätzliches Problem: Werke werden aus persönlichen Gründen der Ausführenden ausgewählt und nicht nach Publikumspräferenzen. Wenn sich die Werke dann allerdings wie das Streichtrio für Violine (Konzertmeister Ermir Abeshi), Viola (Solobratscher Benedikt Schneider) und Violoncello (Adnana Rivinius) von Ellen Taaffe Zwilich sich beim ersten Hinhören einer Rezeption weitgehend entziehen, bedarf es weiterer Maßnahmen. Etwa einer gezielten Einführung, die ausgewähltes Themenmaterial oder Soggetti (Motive, Tonfiguren) sowie typische Rhythmen, Harmoniefolgen, Tonalität und Satztechnik oder Formprinzipien zumindest in kleinen Ausschnitten gesondert erläutert. Das wäre hinführender als die persönlichen Beweggründe und Motive der Ausführenden. Die entdeckte Rarität wirkte im ersten Satz etwas collagenhaft, um im zweiten mehr dialogische Verbundenheit und im Finalsatz dann auch einen rhythmischen Impuls zu offenbaren. Was diesem ersten Werk teilweise noch an klarer Linie fehlte, hatte das zweite Trio von Jean Francaix in schier überbordender Geberlaune auf beiden Seiten: Kompositorisch schwankte es zwischen Galanterie und Koketterie und somit zwischen konzertantem Anspruch und salonhafter Unterhaltung. Es offenbarte Akribie und Esprit, Spielwitz und einen eleganten, bisweilen kapriziösen Notenflug, der in ein Stadium der Schwerelosigkeit und Leichtigkeit glitt – so im ersten und zweiten Satz. Dieses Streichtrio kann sich nur so wirkungsvoll und strukturell klar entfalten, wenn es so locker, leicht und souverän genommen wird wie hier. Der dritte Satz lebt von einer romantisierenden Kantilene, die von der Violine in pastosen melodischen Linien angestimmt und vom Cello adäquat aufgegriffen wird. Was in ausgezeichneter Feinabstimmung gelang. Das rasante Wechselspiel im Finalsatz zwischen Akzent und Nachschlag zeigt Stileinflüsse des Jazz und gelang in synchroner Übereinstimmung und spielerisch präzise. Dem Streichtrio haftet im Vergleich zur Königsklasse des Streichquartetts etwas das Image der Unvollkommenheit an – das mehrstimmige Ideal basiert auch im Chorsatz auf dem vierstimmigen Klanggerüst. Daher nimmt dagegen das Klaviertrio eine vergleichbare Stellung ein: Vor allem wenn ein Komponist wie Johannes Brahms mit vollgriffigen Akkorden in weiter Lage und weiten Intervallsprüngen orchestrale Wirkungen erzeugt. Sein Klaviertrio in H-Dur wirkte wie in die Glut tiefromantischer Klangfarben getaucht, war zumindest interpretatorisch das Beste bei dieser Kammermusik-Soiree. Was beim entspannten Hinhören so schlüssig, organisch und durchdacht bis ins Detail erklingt, lässt den inneren Kampf des Komponisten bei seinen mehrfach vorgenommenen Änderungen der Fassungen kaum erahnen. Hier war die Moderation lobenswert, gab einen Überblick über die mannigfachen Entwicklungsstadien des Werks und stellte in groben Zügen diverse überlieferte Fassungen gegenüber. Für das Konzert war dagegen entscheidend, dass sich das Stück in seiner ganzen dramatischen Intensität, schwelgerischen Expressivität der Ecksätze und lyrischen Kantabilität des Adagios ereignete. Mit Leidenschaft, Pathos und Verve im ganz großen Stil und mit großem gestalterischen Nachdruck wurde hier bravourös musiziert. Pianist Fedele Antonicelli fügte sich in das exzellente Spiel von Violine und Violoncello ein.

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