Kaiserslautern Von wegen Blechschaden!

Beim festlichen Adventskonzert des Kolping-Blasorchesters Kaiserslautern in der sehr dicht besetzten Marienkirche hatten die Veranstalter ein bei Blasorchestern derzeit eher ungewohntes Luxusproblem: Wie bekommt man alle Klangkörper des 1912 gegründeten Vereins mit einem gut funktionierenden, eigenen Ausbildungssystem der Kolpingmusikschule und den „gestandenen“ Formationen unter einen Hut. Und vor allem: Wo und wie bringt man sie und ihren Anhang sowie weitere Besucher in der Kirche unter.

Das Einbeziehen aller Formationen von den elementaren „Zauberflöten“ der Blockflötenklasse von Jan Epp bis zum Großen Symphonischen Konzert-Blasorchester unter dem debütierenden Dirigenten Björn Weinmann war aus pädagogischer und sozialer Sicht goldrichtig. Schließlich entspricht es dem Gemeinschaftsgedanken des Kolpingwerks. Aus künstlerischer Sicht bewirkt andererseits das Einbeziehen von sechs verschiedenen Klangkörpern organisatorische und zeitliche Probleme durch lästige Auf- und Abbauten und durch Einspielphasen, die bei diesen Temperaturen ohnehin gravierender sind. Das, was als künstlerisches Ziel der Bläserklassen von Simon Vicinus (Jugend-Bläserklasse) und Andreas Vicinus (Erwachsenen-Bläserklasse) und dem schon sehr ansprechenden Jugendorchester dient, sollte aber noch mehr herausgestellt werden: Die Rede ist von dem unter neuer Leitung wieder erstaunlich homogen und präzise musizierenden Symphonischen Blasorchester, das Klassiker der Weihnachtsmusik wie „White Christmas“ oder alpenländische Traditionen durch anspruchsvolle Arrangements (etwa von Naohiro Iwai) neu für sich entdeckte. Gut arbeiteten die Musiker die unterschiedlichen Klangfarben und Mischungen der Register heraus, stellten in gekonnten Überleitungen thematische Verbindungen her und überzeugten durch ausgefeilte Spiel- und Tonkultur in harmonischer Übereinstimmung. Dagegen ignorierten die sonst bestens disponierten Bläser beim Concerto d’amore von Jacob de Haan – das ohnehin nicht unbedingt mit dem sonstigen Programmverlauf harmonierte – die Tücken der Akustik: Weniger ist oft mehr: Dynamik, Agogik und plastische Artikulation müssen anders gewählt werden als im Konzert- oder Probesaal. Das war dann bei dem Klassiker von Irving Berlin wesentlich überzeugender. Tragende Säulen des Kolping-Ausbildungssystems sind Pädagogen, Instrumentalisten und Organisatoren aus den eigenen Reihen in Personalunion: Menschen wie Richard Tebuckhorst und Andreas Vicinus leben diesen Gemeinschaftsgeist. Da wundert es nicht, dass sie wie der Erstgenannte sogar selbst arrangieren: Seine in der Art einer Konzertfantasie erfolgte hymnische Bearbeitung von Adventsmusik wies dem Jugendorchester mit seiner Spielfreude und hohen musikalischen Substanz den Weg. Man weiss, dass sich in Amateur- wie auch Berufsorchestern Instrumentalgruppen nicht nur im musikalischen Wettstreit gegenüberstehen und viele inzwischen gedruckte Anekdoten Instrumentalisten charakterisieren und auch karikieren. Wenn die Holzbläser manchmal über Blechschaden und Blechlawinen scherzhaft lachen, haben sie allerdings nicht die des Kolping-Blasorchesters gehört: Das Blechbläser-Ensemble bewirkte nochmals mit einem Medley von durchaus heiklen Weihnachtsliedern wie etwa „Sleigh Ride“ oder „Joy To The World“ eine künstlerische Steigerung des Ertrags. Es spielte akkurat und im funkelnden Feinschliff. Wann legt das „Holz“ nach?

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