Kaiserslautern Strahlkraft trifft auf feine Strukturen

Wegen mehrerer Krankheitsfälle konnte das ursprünglich vorgesehene Konzertprogramm für das dritte Ensemblekonzert der Deutschen Radio Philharmonie (DRP) im SWR-Studio nicht wie geplant gespielt werden. Stattdessen erwies sich die Soloflötistin der DRP, Britta Jacobs, als mutige und zugleich erfolgreiche Einspringerin. Zusammen mit ihrer langjährigen Kammermusik-Partnerin, Gitarristin Irene Kalisvaart, wagte sie ein neues Programm und gewann dabei sicherlich grundsätzlich an Ansehen.

Die Gitarre ist spätestens infolge der Diemersteiner Konzertreihe in der Villa Denis, wo ein Tasteninstrument fehlt, längst in unserer Region zu einem Kammermusik-Instrument auf Augenhöhe geworden. Vor allem Barock-Musik wie Telemanns Sonate a-moll eignet sich ideal für die zarte Durchsichtigkeit und Klarheit der Linien und Akkorde, um die Subtilität von Siciliana-Rhythmen des Andante und die virtuosen Tonumspielungen des Flötenparts im Vivace klar zur Geltung zu bringen. Dennoch blieb trotz erkennbar historischem Bewusstsein der Flötistin die Aufführung ein Kompromiss: Die Flöte machte wie kaum ein anderes Orchesterinstrument eine Wandlung von Edelhölzern über Metalllegierungen und Vollsilber- oder Goldkorpus durch; mit diesen veränderten Materialien und baulichen Konzeptionen wie Innenbohrung und Stimmung änderte sich auch der Klangcharakter. Der Ton der heutigen Querflöte erschien für Telemann zu hell, zu offen, zu dominant und markant, obwohl sich Britta Jacobs um eine feine Ziselierung und eine weiche Tongebung durchaus redlich bemühte. Besser konnte das Duo den Charakter der Sonate, ebenfalls in a-moll, von Franz Schubert vermitteln, obwohl auch sie für diese Besetzung aufführungspraktisch heikel erscheint: Der hierfür gedachte Arpeggione ist 1823 als Synthese aus Cello und Gitarre konzipiert worden, und der Flötenpart lässt sich auf der Flöte aufgrund originaler Doppelgriffe, die das Holzblasinstrument nicht realisieren kann, nur annähernd imitieren. Andererseits spricht es für die Genialität dieser Sonate, dass sie ihre melodische Schönheit in den verschiedensten Bearbeitungen (bekannt vor allem für Bratsche und Cello) trotzdem erschließt, was auch für das Duospiel mit Gitarre und Flöte gilt. Gleiches gilt für die „Romanze sans Paroles“ („Lied ohne Worte“) von Mendelssohn, die als letztes Werk des Komponisten für Cello und Klavier gilt. Grundsätzlich könnte der Flötenpart eine ähnlich sangliche Innigkeit entfalten, könnte er auch die emphatischen Aufschwünge und lyrisch-elegischen Kantilenen anstimmen. Was weitgehend auch gelang. Aber letztlich unterscheiden sich Interpreten in dieser höchsten Kategorie von A- und Rundfunkorchestern weniger durch spielerische Klasse als durch tonliche Erfülltheit: Hat der Ton Seele, mehr Brillanz und Leuchtkraft, oder ist er gedeckt? Schwingt er natürlich oder wirkt er manieriert? Jacobs setzt auf dominante Strahlkraft, auf Emphase und gelegentlich auf Hochziehen der etwas hell und scharf wirkenden Spitzentöne. Dagegen punktet sie mit artikulatorischer Feinstruktur, etwa bei dem Originalwerk für diese Besetzung, der Sonatina von Mario Castelnuovo-Tedesco, die auch authentischer und in der Feinabstimmung zwischen den beiden Instrumenten überzeugender gelang.

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