Kaiserslautern Interview: Juristisches Wissen brauchten Jugendschöffen nicht

Ist seit neun Jahren als Jugendschöffin tätig: Katja Ackermann.
Ist seit neun Jahren als Jugendschöffin tätig: Katja Ackermann.

Katja Ackermann arbeitet beim Jugendamt der Stadt. Als Jugendschöffin hat die 47-Jährige in den vergangenen neun Jahren zudem an rund 50 Strafprozessen gegen Jugendliche teilgenommen. Mit Sven Holler hat sie über die Anforderungen und Aufgaben im Ehrenamt gesprochen.

Frau Ackermann, die einen engagieren sich ehrenamtlich als Übungsleiter, andere übernehmen einen Vorstandsposten in einem Verein. Sie sind Jugendschöffin. Wie kam es dazu?

Es ist eine interessante Tätigkeit, weil man erfährt, wie Gerichte arbeiten und funktionieren und auch hautnah erlebt, was mit den Jugendlichen passiert in und nach den Gerichtsverfahren. Ich wurde damals über den Ortsbeirat vorgeschlagen und als Jugendschöffin ausgelost. Heute können sich Interessenten selbst für dieses Ehrenamt bewerben – das Verfahren hat sich also leicht verändert. Sie sind seit 2009 Jugendschöffin. Bei wie vielen Verfahren waren Sie dabei? Es waren bisher rund 50 Verhandlungen, an denen ich teilgenommen habe. Zu Beginn des Jahres erhalte ich eine Übersicht mit den geplanten Terminen. Können Sie auch einfach mal einer Verhandlung fernbleiben? Nur mit einer guten Begründung (lacht). Wenn ich beispielsweise Urlaub gebucht habe, muss ich eine Buchungsbestätigung vorlegen oder eine Krankmeldung im Krankheitsfall. Ansonsten werde ich von der Arbeit freigestellt. Wer als Schöffe beim Prozess unentschuldigt fehlt, dem droht ein Ordnungsgeld, ich glaube bis zu 1000 Euro, und auch die Pflicht zum Ersatz der durch das Fehlen entstandenen Kosten. Wissen Sie vorab, was Sie im Prozess erwartet? Nein. In den Einladungen zu den Verhandlungen stehen Zeit und Ort, aber keine Namen. Auch der Sachverhalt wird nicht genannt. Dadurch wird sichergestellt, dass Schöffen sich vorher keine Infos einholen und keine Meinung bilden können. Worum ging es in den Verfahren, denen Sie als Jugendschöffin beigewohnt haben? Sehr häufig geht es um Diebstahl, wiederholtes Schwarzfahren, Sachbeschädigung, aber auch Fälle von Körperverletzung. Welches war für Sie bislang der härteste und schwierigste Fall? Die härteste Verhandlung, an der ich teilgenommen habe, war sogar meine allererste. Ein junger Mann hatte damals unter Alkoholeinfluss einen Unfall gebaut. Einer seiner Freunde, die mit im Auto saßen, kam dabei ums Leben. Das war im Prozess schon hart und emotional. Was sind im Prozess Ihre Aufgaben? Man muss sehr viel zuhören. Die Staatsanwaltschaft trägt den Sachverhalt vor, dann äußert sich meistens der Beschuldigte, es werden Zeugen gehört. Als Schöffe hat man im Prozess aber auch das Recht, Nachfragen an den Beschuldigten zu stellen, wenn etwas unklar ist. Danach ist es unsere Aufgabe, anhand des Gehörten mit dem Richter gemeinsam ein Urteil zu finden und zu fällen. Benötigt man als (Jugend-)Schöffe dann auch juristische Kenntnisse? Nein, die benötigt man nicht. Als Schöffe übt man zwar das Richteramt in vollem Umfang und mit gleichem Stimmrecht wie die Berufsrichter aus, aber in die Entscheidung sollen der gesunde Menschenverstand sowie die Lebens- und Berufserfahrung mit einfließen. Die Berufsrichter klären aber auf, in welchem gesetzlichen Rahmen das Urteil verhängt werden kann. Wir hatten auch schon den Fall, dass wir als Schöffen zum Beispiel mehr Arbeitsstunden verhängt haben, als es der Richter zuvor vorgeschlagen hat. Ist es für Sie nicht auch belastend zu sehen, dass Jugendliche, die ihr Leben ja noch vor sich haben, auf der Strafbank Platz nehmen müssen? Schon, aber in vielen Fällen kommen sie erst dort hin, wenn schon einiges im Argen liegt. Beim Jugendschöffengericht schwingt sehr stark der erzieherische Gedanke mit. Ist die Schuld festgestellt, so hat das Gericht zu entscheiden, ob es Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel oder Jugendstrafe anordnet. Selbst die Jugendstrafe (Freiheitsstrafe) soll so weit wie möglich der Erziehung dienen – sie kann in Folge des Erziehungsgedankens für eine bestimmte Zeit zur Bewährung ausgesetzt werden. Gab es schon Überschneidungen mit Ihrer Tätigkeit beim Jugendamt? Nein, das Ehrenamt hat mit meiner Tätigkeit hier nichts zu tun. Natürlich habe ich nach den Verhandlungen den einen oder anderen Jugendlichen mal in der Stadt oder im Rathaus gesehen, aber direkt zu tun hatte ich mit den jungen Menschen bisher nicht. Sie sind jetzt seit neun Jahren ehrenamtlich als Schöffin tätig. Wollen Sie noch weitermachen? Ich habe mich wieder gemeldet, weil es eine interessante Tätigkeit ist. Es gab früher eine Regelung, dass nach zwei Schöffenperioden, also nach zehn Jahren, eine Pause eingelegt werden muss. Diese Regelung ist meines Wissens aber weggefallen.

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