Grünstadt Schließzeiten bleiben das Problem

Knapp vier Stunden haben am Mittwoch Vertreter der Deutschen Bahn (DB) unter der Leitung der Juristin Kerstin Wesemann vom Landesbetrieb Mobilität (LBM), Koblenz, in der Kirchheimer Schulturnhalle die Einwendungen gegen den geplanten Kreuzungsbahnhof erörtert. Es ging vornehmlich um den Baulärm und die Schließzeiten der Schranken. Hinsichtlich des letzten Themas ist noch keine Einigung in Sicht.

Wenn sich zwei Züge in dem neuen Bahnhof begegnen, sollten die Schranken ursprünglich rund fünf Minuten unten bleiben (wir berichteten mehrfach). Das wäre laut Martin Schweda von der DB Netz AG einmal stündlich der Fall gewesen. Nach heftigem Protest von Anliegern und Ortsgemeinde, die einen Verkehrsinfarkt in ihrem Weindorf befürchten, hat die Bahn bei einem Infoabend im Februar ein überarbeitetes Konzept vorgestellt, das auf einer Verkehrsfluss-Simulation basiert. Demnach soll der Bahnübergang zwischendurch für etwa 120 Sekunden geöffnet werden, damit sich die langen Fahrzeugschlangen auf der Weinstraße und der querenden L 520 abbauen. Die Rückstaus würden sich aber nicht zwingend auflösen, sagen die Kritiker. Die eigenen Zählungen vor Ort widersprechen den Ergebnissen der Computersimulation, bei der im Übrigen manche Gegebenheit wie Schülerlotsen erst nachträglich oder gar nicht berücksichtigt wurde. Auch ist die Modellrechnung nicht Teil des Planfeststellungsverfahrens, wie Wesemann klarstellte. Der LBM und das Eisenbahnbundesamt kennen die Simulation nicht. Ein Vertreter der Landwirtschaftskammer bezweifelte, dass es dann rechtens sei, die Umsetzung des Sieben-Millionen-Euro-Projektes darauf zu stützen. „Wir haben es nachgeprüft, da kommt kein Winzer mehr vom Hof“, meinte eine Anliegerin zur Diskrepanz zwischen Simulation und Hochrechnungen vor Ort. Willi Haar, Wehrführer der Feuerwehr Kirchheim-Kleinkarlbach, erklärte, dass die Kameraden bei einem Alarm nicht schnell genug am Gerätehaus seien, um auszurücken und innerhalb von acht Minuten am Einsatzort zu sein. Schweda verteidigte die Simulation, die auf einem europaweit anerkannten Verfahren sowie auf aktuellen 24-Stunden-Verkehrszählungen über drei Tage basiere. Von Seiten der Bahn sei alles Machbare getan worden. „Wir haben die spitze Kreuzung, also die Abfahrt eines Zuges sofort nach der Ankunft des Gegenzuges, entzerrt.“ In Grünstadt rollt die Bahn früher los und ist somit eher in Kirchheim. Hier hat der Zug in die andere Richtung einen längeren Aufenthalt, bevor er wieder startet. Es ändern sich aber auch die Schließzeiten aller nicht kreuzenden Züge: bei der Bahn nach Freinsheim von 65 auf 115 Sekunden und bei der Bahn nach Grünstadt von 110 auf 63 bis 160 Sekunden Die wiederholt – auch von Ratsmitgliedern wie Thomas Dhonau (SPD) und Henner Kunz (Kirchheimer Liste, KL) – vorgebrachte Forderung, mit dem Bau des Kreuzungsbahnhofs erst zu beginnen, wenn die Westumgehung steht, verwies Schweda an den Auftraggeber, also das Land beziehungsweise den Zweckverband Schienenpersonennahverkehr (ZSPNV) Rheinland-Pfalz Süd. Enorm verzögert ist die Errichtung jetzt schon: Eigentlich hätte er im Dezember 2014 in Betrieb gehen sollen. Die Ankündigung des ZSPNV, nach Fertigstellung der B 271 neu die Zwischenöffnung wieder zu kassieren, stieß auf heftigen Protest. „Wir wollen das nicht akzeptieren und dringen darauf, dass die Verkehrssituation nach dem Bau der Umgehung zunächst untersucht wird“, sagte nicht nur Ortsbürgermeister Robert Brunner (CDU). Ratsmitglied Paul Rogenwieser (KL) verlangte die Festschreibung der Schließzeiten im Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahnbundesamtes. Auf die Frage, weshalb keine ZSPNV-Vertreter anwesend seien, erklärte Wesemann, dass sie eingeladen waren. „Aber wir sammeln hier die Bedenken, um sie an das Eisenbahnbundesamt weiterzuleiten“, so die Juristin. 18 private Sammel-Einwendungen mit insgesamt zirka 365 Unterschriften und 25 Stellungnahmen von Behörden liegen dem LBM vor. Brunner: „Wir werden uns jetzt direkt an den ZSPNV wenden, mit der Bitte, das Schließzeiten-Konzept zu überarbeiten.“ (abf)

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