Grünstadt LEININGER NACHLESE:

... oder tut er es nicht? Das war gestern die Frage bei der offiziellen Eröffnung des CabaLela mit geladenen Gästen. „Wenn das Bad eröffnet ist, springe ich mit dem Anzug rein.“ Diese Aussage soll Stadtbürgermeister Klaus Wagner (CDU) zu Baubeginn des Grünstadter Bads gemacht haben. Was vor allem Pressevertreter in der Folge immer wieder zum Anlass genommen haben, den Stadtchef damit zu frotzeln. Dieser zierte sich – und sagte sogar, das niemals behauptet zu haben. Gestern war also die Stunde der Wahrheit gekommen. Dieser historische Moment musste – wenn er es denn auch macht – unbedingt mit der Kamera festgehalten werden. Um so mehr freute sich Kollegin Anja Benndorf, die gestern für die Fotos zuständig war, über ein verdächtiges Indiz: ein kleines rotes Trampolin, nah am Beckenrand platziert. Und unter diesem lag ein weißer Bademantel. ... da war ich einen Augenblick später absolut sicher. Nachdem ich besagte rot-weiße Kombination erspäht hatte, ließ ich den Rathauschef nicht mehr aus den Augen. Ich lauerte darauf, dass er gleich lässig seine Schuhe abstreifen würde. Nichts dergleichen geschah. Doch dann gab es ein weiteres Anzeichen: Wagner fingerte einen Kugelschreiber aus seinem Jackett und reichte ihn seinem Sitznachbarn. Der soll nach dem Sprung ins Wasser noch schreiben, erklärte ich mir die Beobachtung und stellte meine Kamera so ein, dass sie das nun hundertprozentig erwartete Ereignis richtig einfangen wird. In Hab-Acht-Stellung verfolgte ich, wie der Protagonist auf das Trampolin stieg (mit Schuhen!!), noch ein paar Worte sagte, wobei er sich zu freuen schien wie ein kleines Kind, sich umdrehte ... Jetzt stürmte ich nach vorn Richtung Beckenrand und wurde jäh gestoppt durch einen Zusammenstoß mit Klaus Wasmuth von den Stadtwerken. Der hatte offensichtlich denselben Moment herbeigesehnt wie ich und war von hinten vorgeprescht, mit der Handykamera im Anschlag. Im Reflex rempelte ich ihn beiseite – schließlich wollte ich mir DIESES historische Foto nicht entgehen lassen! Dass man Kindheitsprägungen nicht so einfach ablegen kann, ist der im katholischen Teil Bayerns aufgewachsenen RHEINPFALZ-Redakteurin gestern bei der Eröffnung des neuen Grünstadter Schwimmbads schlagartig klar geworden. Viel Stolz, viel Dank, viel Feierfreude. Gute Veranstaltung, schönes Bad, prima Klima. Aber trotzdem: Irgendwer fehlt doch bei der feierlichen Eröffnung der neuen Freizeitstätte! Dann kommt’s: Wo ist der Herr Pfarrer mit seinem güldenen Weihwasserkessel? Bei 12,6 Millionen Euro müsste ein kleiner Segen doch drin sein. In der Redaktion redet man über das neue Bad und den fehlenden Weihwasserspritzer – und wird von den Papier-Christen ausgelacht: „Du bist hier in einer total säkularen Umgebung.“ Stimmt zwar nicht so ganz. Aber das Leiningerland ist eben nicht Bayern, was einem tagtäglich durch die fehlende Weißwurstversorgung in der Innenstadt vor Augen geführt wird. Gegen ein Argument aus der Abteilung „Lebens-Praxis“ ist dann aber nicht mehr viel zu sagen: „Überleg’ doch mal, wie viel Weihwasser die gebraucht hätten, um das ganze Bad zu weihen!“ | DOROTHEA RICHTER

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