SAUSENHEIM Jubiläumsfeier in Sausenheim zieht Besucher auf den Weedeplatz

Die Anonyme Giddarischde begeisterten rund 1000 Gäste bei ihrem Konzert.
Die Anonyme Giddarischde begeisterten rund 1000 Gäste bei ihrem Konzert.

Gelegenheit zum nostalgischen Rückblick, zur kritischen Reflexion der Gegenwart und zum hoffnungsvollen Blick in die Zukunft haben derzeit die Sausenheimer. An den ersten beiden Juli-Wochenenden feiern sie 1250. Geburtstag ihres Dorfes. Am Freitagabend begab man sich auf eine Zeitreise.

Kann man das 1250. Jubiläum Sausenheims ausgelassen feiern trotz der aktuell schrecklichen Weltlage? Ortsvorsteher Gerd Walther (SPD) untermauerte seine bejahende Antwort darauf mit einem Spruch: „Das Leben ist wie eine Kamera. Fokussiere dich auf das Wesentliche. Negative sind zum Entwickeln da.“ Er forderte dazu auf, beim Festakt am Freitag auf dem Weedeplatz ein „ausdrucksstarkes Bild“ des Dorfes zu erstellen.

Eigentlich hätte das große Jubiläum schon vor fünf Jahrzehnten über die Bühne gehen sollen, berichtete Klaus Schmitt, der mit Heinz-Ludwig Bender das „Sausenheimer Lesebuch – die etwas andere Orts-Chronik“ verfasst hat, woraus Alexander Maier Ausschnitte verlas. „Sausenheim hatte für die 1200-Jahr-Feier von Grünstadt 1000 Mark erhalten. Und für eine Festschrift, die Heimatforscher Albert Kohl schreiben sollte, waren 12.000 Mark beantragt worden“, erläuterte er. Da das Geburtstagsfest nie stattgefunden habe und das Buch nie geschrieben worden sei, habe er schließlich die Initiative ergriffen, so Schmitt, der beim Festakt auch zwei Chöre dirigierte: den MGV Liederkranz 1846 sowie die 1974 gegründeten und 1981 wieder aufgelösten Reebspatzen.

Tolle Dorfgemeinschaft

Etwas mehr als 30 ehemalige Mitglieder präsentierten zwei Lieder von damals. „Die Idee, zum Jubiläum aufzutreten, entstand bei einem Grundschul-Treffen im vergangenen Frühling“, erzählte Martina Müsel, geborene Magez, der RHEINPFALZ. Nur eine Probe hätten sie gehabt. „Wolfgang Heiner hat die Noten dafür ausgegraben“, sagte sie. Einem Chor gehörte Müsel, die 1986 nach Obrigheim ging, nach der Auflösung der Reebspatzen nie wieder an. Eines hat sie sich aber ganz fest vorgenommen: „Irgendwann kommen wir wieder zurück nach Sausenheim, denn hier in der tollen Dorfgemeinschaft fühle ich mich sehr wohl.“

Nachdem der Grundschul-Chor mit einem Lied zum selbst gedichteten Text von Lehrerin Manuela Spieß am Zeitrad gedreht hatte, gratulierte Bürgermeister Klaus Wagner (CDU), der betonte, dass Sausenheim nach gesicherten Erkenntnissen deutlich älter sei als 1250 Jahre. Bis 1945 sei das Dorf von Gemischtbetrieben aus Landwirtschaft mit Viehzucht und Weinbau geprägt gewesen, heute gebe es keine Nutztiere mehr und nur noch einen Ackerbauern, aber neun Winzer mit zusammen 200 Hektar Rebfläche. Diese bewirteten gemeinsam die Festgäste, die aber auch ein speziell hergestelltes Suso-Jubiläumsbier am Stand der BrauArt bekamen. Früher sei Sausenheim für den Anbau von Süßkirschen bekannt gewesen, erinnerte Wagner.

Proteste bei Eingemeindung

Heftige Proteste habe die angekündigte Eingemeindung des Dorfes nach Grünstadt ausgelöst. Doch als der Verfassungsgerichtshof des Landes grünes Licht gegeben hatte, sei die „Vernunftehe“ am 4. Juni 1969 geschlossen worden. „Obersülzen dagegen hatte von sich aus den Anschluss an die Stadt gesucht, was aber abgelehnt wurde“, erläuterte der Bürgermeister. Ab den 1970ern habe es auch in Sausenheim einen Bauboom gegeben, blickte er auf die Entstehung der Kalkerde und später der Kaiserhecke zurück. 1993 sei die Kita eröffnet worden, 1996 der neue Sportplatz und 1999 die Grundschule Am Ritterstein. Es gebe etliche aktive Vereine. Der südliche Grünstadter Ortsteil sei zu einem beliebten Wohnort geworden: Die Einwohnerzahl stieg von einem Tiefststand im 18. Jahrhundert von 120 auf aktuell 2110.

An Selbst- und Traditionsbewusstsein hätten die Sausenheimer aber durch die Eingemeindung nichts eingebüßt und es herrsche „eine gemäßigte Neidkultur“ zwischen ihnen und den Asselheimern. „Unbedingte Gleichbehandlung“ werde vom Rathauschef gefordert. Mit Beifall quittiert wurde Wagners Feststellung, dass auf den engagierten Ortsbeirat, der die Interessen Sausenheims im Stadtrat vertrete, nicht verzichtet werden könne. Ebenfalls Applaus gab es für die Ankündigung, dass man sich an die Erneuerung des 2006 verlegten Kunstrasens beim TuS machen müsse. Auch die „herausfordernden Projekte“ Dorfgemeinschaftshaus und Alte Schule stünden auf der Agenda.

Das Leben in Sausenheim

Die Zukunft des ländlichen Raumes sei wesentlich besser als früher, betonte Landrat Hans-Ulrich Ihlenfeld (CDU). Insgesamt sei es den Sausenheimern nie so gut gegangen wie jetzt, meinte er mit Blick auf düstere Zeiten wie etwa das Mittelalter und zahlreiche Kriege. Er bekräftigte: „Dass wir hier feiern können, ist ein hohes Gut und wir müssen alles dafür tun, um Frieden und Demokratie zu erhalten.“

Zahlreiche Besucher folgten am Freitag der Einladung auf den Weedeplatz.
Zahlreiche Besucher folgten am Freitag der Einladung auf den Weedeplatz.
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