Grünstadt Irrungen und Wirrungen

Zwei bis drei Mal pro Woche geht in Battenberg nichts mehr. Dann hat sich wieder ein dicker Brummi – möglichst noch mit langem Anhänger – die einzige Zufahrtsstraße K 30 hinauf gequält und „steckt fest“. Wie berichtet, wollen diese Lkw eigentlich zur Firma Gechem in Kleinkarlbach. Die Gemeinde teilt sich mit fünf Orten im Leiningerland die Postleitzahl, was zu zahlreichen Ver(w)irrungen führt. Alle Versuche, die Ursache dafür zu beseitigen, scheiterten bislang.

Das Problem sei, so Battenbergs Beigeordneter Wolfgang Pahlke, vor dessen Weingut sich das Chaos stets abspielt, dass viele Speditionsfahrer nur noch die Postleitzahl in ihr Navigationsgerät eingäben und nicht auf die dahinter aufgeführten Ortsnamen achteten. Dann werde die Gechem-Adresse „Hauptstraße 4“ eingetippt. In fünf der sechs Dörfer mit identischer Postleitzahl – neben Battenberg und Kleinkarlbach auch Kindenheim, Mertesheim, Neuleiningen und Obersülzen – gebe es aber eine Hauptstraße. Und so seien er und seine Nachbarn alle paar Tage gefordert, einem Sattelzug beim Rangieren durch entsprechendes Einweisen zu helfen. Ärgerlich: die Autofahrer, die nicht einsehen, dass sie rückwärts setzen müssen, um Platz zu machen. Mehr als fünf Jahre wurde für eine bessere Beschilderung auf der L 517, von der die K 30 abgeht, gekämpft. Inzwischen stehen dort etliche Hinweise, die die Laster auf den richtigen Weg zu Gechem leiten sollen – mit leider mäßigem Erfolg. Die Männer am Lenkrad beherrschten oft die deutsche Sprache nicht und könnten teilweise sogar nur kyrillische Buchstaben lesen. „Manche wissen nicht einmal den Namen des Unternehmens, das sie beliefern sollen“, erzählt Pahlke. Eine Lösung wäre, die Hauptstraße in Kleinkarlbach umzubenennen. Man sollte wenigstens den Teil zwischen der Brücke am westlichen Ortseingang und der Kurve Höhe Backhohl anders bezeichnen, vielleicht „Obere Hauptstraße“, meint Bürgermeister Peter Schmidt. Darüber werde es im Februar Gespräche geben. Mitte Dezember hatte sich der Gemeindechef auch um eine Änderung der Postleitzahl bemüht. Er erhielt eine Absage: Es sei keine Ziffernkombination mehr frei, die in den Großraum Grünstadt passe. Außerdem handele es sich bei dem fünfstelligen Code lediglich um „eine interne Ordnungszahl“ der Post. Nichts anderes hatte bereits 2013 der Leiter des Ordnungsamtes der Verbandsgemeinde Grünstadt-Land, Karl-Peter Grimm, zu hören bekommen, nachdem er – was sehr schwierig gewesen sei – zu dem zuständigen Mitarbeiter bei der Deutschen Post AG vorgedrungen sei. Die Gechem-Geschäftsführerin Martina Nighswonger habe sich sogar ans Innenministerium gewandt. Genützt habe das nichts. Dabei würden unterschiedliche Postleitzahlen auch die Unannehmlichkeiten in anderen Orten beseitigen. „Mehrmals pro Woche verirren sich ortsfremde Gäste, die unser Hotel suchen, nach Kindenheim“, berichtet Elli Nippgen vom gleichnamigen Weingut in Neuleiningen, zu dem das Haus Sonnenberg gehört. Die Krux: Eine Straße „Am Sonnenberg“ gibt es auch in Kindenheim, und K kommt im Alphabet vor N, das heißt Kindenheim wird auf dem Navigationsgerät vor Neuleiningen angezeigt (so wie Battenberg vor Kleinkarlbach steht). Familie Nippgen hat sich schon an die Navi-Hersteller gewandt. Geändert hat sich bislang nichts. Welcher Buchstabe zuerst angezeigt wird, scheint nicht immer die Ursache dafür zu sein, dass Verkehrsteilnehmer ihr Ziel verfehlen. Mertesheims Bürgermeisterin Doris Nitzsche hat bei sich im Dorf auch schon so manchen Gechem-Laster angetroffen. Ihre eigene Reisemobil-Firma ist – wie das Chemieunternehmen – in der Hauptstraße 4 ansässig. Und immer wieder landen Transporter mit Wohnmobilen in Battenberg. „Das kommt zwei bis drei Mal pro Saison vor“, erzählt sie. Darüber hinaus gebe es fast wöchentlich Probleme mit Kurierdiensten. „Gerade kürzlich haben wir tagelang auf eine wichtige Sendung gewartet, die erst beim dritten Anlauf richtig zugestellt wurde“, so die Ortschefin. Die Hauptstraße umzubenennen, würde einen großen Aufwand bedeuten: „Jeder Ausweis und jeder Briefbogen müsste geändert werden“, sagt Nitzsche, die auch sicher ist, mit so einem Ansinnen den Protest von Historikern zu provozieren.