Grünstadt Gutgelaunte Klassik und aufgewühlte Moderne

Das Septett: Janne Saksala (Mitte) im Kreis der Villa-Musica-Stipendiaten.
Das Septett: Janne Saksala (Mitte) im Kreis der Villa-Musica-Stipendiaten.

Ein wunderschönes Konzert, das in keinem Moment langweilig, aber in jedem klanglich erlesen war, hat das Publikum des Grünstadter Kulturvereins am Freitagabend in der Friedenskirche erlebt: Janne Saksala, aus Helsinki stammender Solokontrabassist der Berliner Philharmoniker und Musikprofessor, war mit sechs Villa-Musica-Stipendiaten und Alexander Hülshoff, dem künstlerischen Leiter der Villa Musica, zu Gast. Sie boten Kammermusik vom Feinsten, gipfelnd im mit wundervoller Feinheit gebrachten herrlichen Beethoven-Septett.

Hülshoff erläuterte eingangs knapp, worum es sich handelt: Die Villa Musica, Fördereinrichtung des Landes Rheinland-Pfalz, bringt fortgeschrittene Musikstudenten mit einer Kapazität eine Woche lang auf Schloss Engers im Norden des Landes zusammen. Ab Montag wird konzentriert geprobt, am Freitag, Samstag und Sonntag da und dort konzertiert. Zweifelloser Höhepunkt der ersten Konzerthälfte war erstaunlicherweise das sperrigste Werk: eine Komposition Janne Saksalas, sein Opus 1 namens Rituaali, mit mitreißender Kunst, ernster Intensität und klarer Präzision gespielt von Alexander Hülshoff am Cello und dem Komponisten am Bass. Drei Anläufe, die jedes Mal in eine Katastrophe münden, sind hier geschildert, unter Verwendung natürlicher Obertöne, pentatonischer Muster und mikrotonaler Umschwirrungen. Eine fremdartige Klangsprache, gewiss, aber mit solcher Inbrunst und solchem Können vorgetragen, dass das Publikum sich dem musikalischen Geschehen kaum entziehen konnte. Mit einem anderen Duett für Cello – diesmal gespielt von Oliver Erlich aus Baden-Baden – und Kontrabass hatte das Konzert begonnen. Es stammt aus der Feder Gioachino Rossinis, dem berühmten italienischen Opernkomponisten, der sich in London von der dortigen vermögenden Finanzwelt seinen Ruhm in klingende Münze umwechseln ließ. Für ein horrendes Honorar komponierte er für einen Auftraggeber ein Duetto in D-Dur, das die Erben erst 1968 zum hundertsten Todestag Rossinis zum Druck freigaben. Es ist eine mit leichter Hand konzipierte muntere Nettigkeit mit einem „Allegro zingarese“ als Schlussteil, das man am besten mit rhythmischer Freiheit und großzügigem musikantischen Schwung auffasst. Oliver Erlich indes war eher um exakten, ausdifferenzierten Vortrag bemüht, sein Spiel gefiel durch noble Klangfärbung, indes virtuose Läufe und Figurationen auf dem Kontrabass, auch wenn man sein Instrument so vortrefflich beherrscht wie Janne Saksala, aus rein technischen Gründen bei raschem Tempo vor allem rumpeln. Es folgte das schöne Streichtrio in B-Dur D 581 von Franz Schubert, grundsolide gespielt von Alexander Kirsch, Sarina Zickgraf und Oliver Erlich. Sie waren bestens aufeinander eingestimmt, spielten eher schlank als massiv, gestalteten durchaus nuanciert, die Tongebung war wunderschön. Etwas kräftigeres Zupacken hätte die Musik den Hörern gewiss näher gebracht. Großartig nach der Pause: Beethovens Septett in Es-Dur aus dem Jahr 1800, in sechs ausgedehnten Sätzen, in der Form vom Divertimento Mozartscher Prägung herkommend, glänzende, gut gelaunte Wiener Unterhaltungsmusik, welche der Komponist der Kaiserin widmete. Der Kopfsatz war, wenn man sich mit den ungemein raschen und daher schroff wirkenden Tempi, die allgemein üblich geworden sind, abzufinden vermochte, in jeder Hinsicht gelungen. Violine und Viola brachten das Wienerische des Hauptthemas gut heraus, insgesamt herrschten bei klarer Präzision spritziger, geistreicher Schwung und Freude an klanglich auf Hochglanz poliertem lebhaften Spiel. Klarinette, Fagott und Horn (Luciá Christobal Melgar, Cynthia Castanos, Efe Sivetrepe) modellierten ihren Part schlank und wohlklingend, besondere Freude machte immer wieder die elegante Leichtigkeit der wunderbar weich artikulierten Hornkantilenen Efe Sivetrepes. War das Adagio noch eher ein raschfüßiges Andante, fanden die Interpreten im weiteren Verlauf zu ruhigeren Zeitmaßen und ließen die Melodien mehr und mehr blühen und singen, Alexander Kirsch spielte seine Solopassagen virtuos und mit zunehmender gestalterischer Freiheit. Harmonie des Zusammenspiels und klangliche Balance waren beispielhaft, Menuett, Variationssatz – sein Thema erinnert an das Kirchenlied „In Brots- und Weinsgestalten“ – und Scherzo enthüllten einen wunderschönen Moment nach dem anderen. All das war unproblematisch, aber in der Erfindung alles andere als flach, und die jungen Musiker und ihr Lehrer wurden dem Reichtum der Partitur mit großem Verständnis gerecht – bis hin zum Triumph der guten Laune im Marsch und abschließenden Presto. Davon angesteckt, applaudierte das Publikum in der Friedenskirche begeistert.

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