Grünstadt Djangos grandiose Erben

Beim Neuen Landweg zu Gast: Joscho-Stephan-Trio.
Beim Neuen Landweg zu Gast: Joscho-Stephan-Trio.

Zum Hinschmelzen schön, mitreißend und noch lange nachklingend: So lautet das Resümee des Gypsy- Swing-Konzerts mit dem Joscho- Stephan-Trio aus Mönchengladbach im bis auf den letzten Platz besetzten Blauen Haus auf dem Weierhof. Auf den ersten Blick eine Ü-60-Party zum Samstagabend. Veranstalter war der Eisenberger Verein Neuer Landweg.

Da interagieren drei nahtlos miteinander verwachsene Vollblutmusiker auf höchstem Niveau – Gypsy Swing setzt Schwerelosigkeit und künstlerische Klasse voraus. Vorneweg, als Erster unter Gleichen, brilliert Joscho Stephan an der akustischen Gitarre. Ein Virtuose, seine filigrane Spieltechnik ist stupend: Atemberaubend schnell- und feinfingrig ziseliert er raffinierte Phrasierungen und jagt in schwindelerregend rasanten Läufen über die Saiten, konzertant zupft er plastische Mehrstimmigkeit. Schwebend leicht und traumtänzerisch sicher, ein Jazzer durch und durch. Stefan Berger am Kontrabass dialogisiert kongenial mit dem Sologitarristen – bravourös und mit bemerkenswerter Gesanglichkeit bringt er sein Instrument zum Klingen, warm und samtig bis in die unterste Tiefe und durchgängig melodiös. In klassischer Manier greift er auch schon mal zum Bogen. Günther Stephan, Joschos Vater, trägt und hält das kammermusikalisch konzertante Ensemble an der Rhythmusgitarre zusammen: unaufdringlich und durchdrungen, souverän vibrierend. Genretypisch blitzen in diesen leichtfüßigen und spielfreudigen Improvisationen immer wieder kurze Zitate von Evergreens und Filmmusiken von hohem Wiederkennungswert auf – Idol bleibt der legendäre Django Reinhardt, dem Joscho Stephan immer näher rückt. Und so geistert der große Guru auch in etlichen Anekdoten zwischen Paris und New York durch die gewandte, selbstironische Moderation, in der Joscho mit seinem „Qualitätspublikum“ flirtet. Das Programm ist breitgefächert und wechselt zwischen Klassikern aus den 1930er/40er Jahren wie Django Reinhardts „Are You In The Mood“ oder, aus Berlin, „Hallo, kleines Fräulein“ (Fred Oldörp) und Eigenkompositionen Joscho Stephans: „Créateur Immobilier“, die originelle Auftragsarbeit einer Wohnungsbaugenossenschaft, soll mittlerweile in deren Warteschleife zu hören sein. Seine „Hommage à Django R.“ leitet der musikalische Enkel mit einem ausführlichen Vorspiel ein, das deutlich spanischer Gitarrenkonzertanz nachspürt, im Trio klingt danach verhaltene Melancholie bluesig weiter. Verträumt und zart schmeichelt sich der „Papillon“ ein, und „Linea Blanca“ sprüht nur so vor Latino-Temperament. Zu den Höhepunkten zählt die schwindelhaft rasante Nummer „Made in France“ von Biréli Lagrène, in dem Musette-Walzer und Swing fast rauschhaft miteinander tanzen. Eine weitere Facette mit Überraschungseffekt ist Mozarts „Rondo à la Turca“ an der Sologitarre – jetzt als rekordverdächtig flirrendes „Presto“ in ungebremstem Tempo. Schmusig-sinnlicher Sound in dem Sinatra-Hit „If I Had You“ im Kontrastprogramm: Hier konnte der Bassist wieder seine enorme solistische Qualität ausspielen. Und zündend blieben einmal mehr Klassiker wie „Hey Joe“ in Erinnerung an Jimi Hendrix oder Duke Ellingtons „Take the A Train“. Ein Gypsy-Konzert ohne die unverwüstliche „Sweet Georgia Brown“? Undenkbar: Sie wirbelt als finales Glanzlicht über die Rampe. Wow! Stürmischer, nicht enden wollender Applaus fordert zwei Zugaben heraus, den fulminanten „Wild West Swing“ mit besonders ausdrucksstarkem Dialog zwischen Gitarre und Bass und, zum Runterfahren, „Bei dir war es immer so schön“ (Theo Mackeben), zärtlich und wehmütig. Ein wundervolles Konzert. Termin „Gypsy Swing meets the Klezmer“: Am Samstag, 13. April, 20 Uhr, konzertieren Joscho Stephan und das Eisel-Quartett in der Grünstadter Friedenskirche.

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