Eisenberg „Wir hegen einen Dornröschenschlaf“

Plaudern beim Zwiebelschälen: Landrat Rainer Guth wünscht sich „ein bisschen mehr Leben in der Region“. Ob die Sommerrodelbahn d
Plaudern beim Zwiebelschälen: Landrat Rainer Guth wünscht sich »ein bisschen mehr Leben in der Region«. Ob die Sommerrodelbahn dafür das Richtige ist, müsse man sehen. »Sie ist eine Option – aber es ist nur eine Option. Ich bin da ergebnissoffen«, sagt der 48-Jährige.
Diese ehemalige Mühle ist ein historischer Ort. Was bedeutet Ihnen persönlich diese Heimstätte?

Meine Frau und ich sind beide in uralten Häusern aufgewachsen. Meine Frau auf einem alten Bauernhof in der Westpfalz, ich hatte zuvor im Kloster in Ramsen gelebt, wo früher das Forstamt drin war. Diese Erfahrung hat uns gelenkt, ein altes Haus zu suchen. Wir hatten uns viel angeschaut im Großraum Pfalz – und sind am Ende doch wieder sehr heimatnah in Eisenberg gelandet, hier in der Mühle, die am Ende einer Straße ist, sehr ruhig gelegen. Im Grunde können wir hier ungestört sein. Das war aber auch schon so, als ich noch nicht Landrat war und meine Frau noch keine selbstständige Praxis hatte. Beides zusammen ist ja relativ turbulent. 2019 wird für den Donnersbergkreis ein besonderes Jahr. Er feiert seinen 50. Geburtstag. Wird es denn der letzte runde Geburtstag des Kreises? Nein. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht! Der nächste runde Geburtstag wäre 60. Nach der derzeitigen politischen Großwetterlage, aber auch nach den Erfahrungen, die andere Kreise mit Reformen gemacht haben, oder andere Länder, die die Reformen kurz vor Vollzug abgeblasen haben, kann ich mir nicht vorstellen, dass man solch große Projekte a) in so kurzer Frist durchzieht und b) in der Stringenz, die momentan aus dem Gutachten möglich wäre. Es gibt keine echte Begründung, warum man diese Gebietskörperschaften auflösen sollte. Für sechs bis acht Prozent Rendite nach sechs bis sieben Jahren fängt in der Industrie und Wirtschaft kein Mensch an darüber nachzudenken, strukturelle Veränderungen vorzunehmen. Da müssten andere Synergien gehoben werden in Euro. Dann würde man aber den Kontakt in die Dörfer, zu den Vereinen, zu den Menschen, das Ehrenamt, die Identität der Menschen in ihrem Dunstkreis Dorf, Stadt, Verbandsgemeinde oder Kreis gefährden. Dieser Großkreis KaiserslauternKusel – Donnersbergkreis, der da gezeichnet wird, würde von hinter Waldmohr bis Ilbesheim gehen. Nicht nur eine Hängepartie, mittlerweile für viele ein Ärgernis ist die Situation der Zellertalbahn. Die war letztmals im September 2017 unterwegs. Wird Sie 2019 wieder fahren? Davon gehe ich stark aus. Wir wären ja auch gefahren, hätte nicht ein sehr eifriger Mitarbeiter des Bundesamtes für Eisenbahn uns den Stecker gezogen bei der finalen Prüfung im vergangenen Jahr. Die Fahrt war aus Sicht aller anderen Beteiligten betriebssicher vorzunehmen. Aus Sicht des Bundesamtes nicht. Die sind federführend. Also mussten wir uns dem beugen und konnten die Bahn 2018 nicht mehr in Betrieb nehmen. Wir hätten eine Viertelmillion Euro in die Hand nehmen müssen, um die Strecke so herzustellen, wie das Bundesamt es gerne hätte. Das machen wir, aber erst dann, wenn wir den Förderbescheid haben und das große Ganze investieren. Da geht es ja um 8,5 Millionen Euro. Da werden dann diese Weichen und diese Schwellen, um die es ging, sowieso gebaut. Wie ist der Stand in Sachen Förderbescheid? Der Antrag ist endlich fertig. Das lag nicht an uns, also an der Kreisverwaltung, dass das so lange gedauert hat. Es waren ständig Nachträge da. Es gab immer wieder Rückfragen oder Bedenken seitens der Wettbewerbsbehörden, von der EU-Seite, weil andere Strecken in Deutschland bestritten wurden, die zur rein touristischer Nutzung gedient haben. Dem konnten wir dadurch begegnen, dass wir auch eine Güternutzung prognostizieren können, wenn die Strecke gebaut ist. Das musste alles begutachtet werden. Dann kamen Bedenken des Landesrechnungshofes. Auch die haben wir bearbeitet und jetzt den Bescheid im Entwurf dem Landesrechnungshof zur Prüfung vorgelegt. Wir wollen uns erst vom Rechnungshof das Okay geben lassen – dann gibt es den Bescheid. So haben wir das mündlich mit dem Ministerium vereinbart. Kommen wir zum Thema Unterfinanzierung der Kreise. Sie kritisieren dies wie alle anderen Landratskollegen. Das Land Hessen hat kurz vor Weihnachten verkündet, dass die Kommunen von ihren Kassenkrediten befreit werden und diese die Hessenkasse übernimmt. Ministerpräsidentin Malu Dreyer wird am 17. Januar nach Marienthal kommen. Werden Sie ihr dort dieses Modell auch für Rheinland-Pfalz ans Herz legen? Das werde ich nicht, weil ich am 17. Januar auf einer Landrätekonferenz bin. Aber sie kennt unsere Forderung. Die ist mehrfach platziert worden, sie ist ja auch von einem Verfassungsgericht entschieden worden, ohne dass dem Urteil nachgekommen wurde. Wir sind immer offen für gemeinsame Lösungen. Ich habe aber die Haltung, dass ein reiner Schuldenschnitt nicht die Lösung ist für unsere Kreise und Städte. Denn wenn wir strukturell nicht in die Lage kommen, neue Schulden zu vermeiden, weil das laufende Finanzierungsmodell Not leidet, dann würde der Schuldenschnitt zwar zunächst entlasten, man würde aber natürlich von allen Beteiligten verlangen, dass man keine neuen Schulden aufbaut. Und das ist in der derzeitigen Lage unserer öffentlichen Haushalte nicht möglich. Stichwort Sommerrodelbahn. Da gab es Lob, aber auch viel Kritik für diese Idee. Ganz ehrlich: Hätten Sie mit so viel Gegenwind gerechnet? Ne. Hätte ich nicht. Wobei an mich auch nur relativ wenig Kritik herangertragen wurde. Auch an unseren Standortentwickler Reiner Bauer nicht. Überwiegend ist es so: Wenn wir irgendwo auftauchen, werden wir immer noch bestärkt in dem Gedanken, so einen Weg zu verfolgen. Die Befürworter sagen, dass längst was fällig ist im Kreis. Das fokussiert sich nicht unbedingt auf den Donnersberg. Wir müssen was tun, auch für unsere Jugend. Wir müssen was tun für den Tagestourismus. Und wir wollen ein bisschen mehr Leben in der Region. Ich bin aber auch froh darüber, dass es Leute gibt, die sagen „das gefällt mir nicht“ und sich da gruppieren. Letztendlich sind das alles Menschen, die jetzt auch feststellen, dass man was tun muss, wenn man etwas bewegen oder etwas verhindern will. Insofern sind das alles potenzielle Ehrenämtler, die wir brauchen, wenn es um Ideen für den Donnersberg geht. Wir sind da nur Impulsgeber. Am Ende müssen die betroffenen Gemeinden und die betroffenen Verbandsgemeinden agieren oder mit uns interagieren. Wir müssen noch viel machen, um attraktiver zu werden für Leute aus den Ballungszentren rund um uns rum. Da ist die Sommerrodelbahn eine Option – aber es ist nur eine Option. Das Thema ist jetzt mal verschoben, bis unser Projekt „Donnersberg 2025“ zu Ergebnissen führt, die in Workshops mit allen Beteiligten erarbeitet werden. Und dann gucken wir mal, was dabei rauskommt. Ich bin da ergebnisoffen. Aber ich fordere auch, dass man sich bewegt. Und ich wünsche, dass man eine Bereitschaft zu einer gewissen Veränderung hat. Weil wir in vielen Dingen einen Dornröschenschlaf hegen. Mit dem Geburtstag des Kreises sind wir eingestiegen. Steht schon fest, wann, wie und wo gefeiert wird? Ja, Ende September feiern wir. Wir machen eine große Leistungsausstellung zu dem, was wir haben und bieten können. Auch als kleine Wirtschaftsmesse in der Stadthalle in Kibo und auf dem Platz davor und in unserer Verwaltung. Es wird auch einen Festakt geben und einen Flohmarkt, bei dem wir alle Latifundien und allen möglichen Klimbim verkaufen, der in der Kreisverwaltung auf den Speichern liegt. Da sind Jahrbücher aus allen Jahrgängen, Kreiswappen noch vom Kreis Rockenhausen und vom Kreis Kirchheimbolanden und unglaublich viele Gemälde. Ansonsten ist der 50. Geburtstag eher ein Geburtstag, an dem man ja noch Feten feiert und es Krachen lässt. Das werden wir auch machen. Videos im Netz Kibo Media hat Videos zum Gespräch mit Landrat Rainer Guth gedreht. Diese können Sie nach und nach auf der Facebook-Seite der Donnersberger Rundschau sehen.

Auf die Zutaten kommt es an: Da ist es in der Küche manchmal nicht anders wie in der Politik.
Auf die Zutaten kommt es an: Da ist es in der Küche manchmal nicht anders wie in der Politik.
Der Griff ins Regal: Der Landrat fühlt sich in der ehemaligen Mühle in Eisenberg wohl.
Der Griff ins Regal: Der Landrat fühlt sich in der ehemaligen Mühle in Eisenberg wohl.
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