Frankenthal Oase der Besinnung

Die Frankenthaler wissen, welch musikalische wie spirituelle Kraft in der Traditionsveranstaltung des Liederkranz Frankenthal 1840 steckt. Der Besucherandrang zum Adventskonzert am Sonntag in der Zwölf-Apostel-Kirche kann sich durchaus mit dem Gedränge auf dem benachbarten Weihnachtsmarkt messen. Doch entgegen dem lärmenden Spektakel auf dem Rathausplatz finden die Besucher hier eine Oase der Ruhe und Einkehr.

Mit Franz Schuberts Deutscher Messe präsentieren die gut 70 Stimmen des gemischten Chors und das elfköpfige Streichorchester unter der Leitung von Erik Meßmer einen Klassiker der vorweihnachtlichen Chorliteratur. Ganz im Volkston gehalten, hat der Komponist ein gut singbares Werk für den Gottesdienst geschaffen, das gerade wegen seiner Schlichtheit und Kompaktheit ein außergewöhnliches Musikerlebnis beschert, den Akteuren ebenso wie dem Publikum. „Wohin soll ich mich wenden?“, heißt es zum Eingang in Deutsch, was zur Entstehungszeit des Werks durchaus revolutionär ist, dominiert doch immer noch die lateinische Sprache die Liturgie. Die harmonische Einheit von dezenter Orchesterbegleitung und dem Wohlklang der Singstimmen schafft eine Synthese, die viel von der hingebungsvollen Volksfrömmigkeit vergangener Zeiten fühlen lässt. Das kleine Orchester unterstützt die gut besetzten Chorregister mit innig zartem Klang. In schönem Kontrast dazu erklingt Antonio Vivaldis Flötenkonzert in F-Dur, „La tempesta di mare“. Leicht, wie von Flügeln getragen, lässt Flötistin Ute Koch die kunstvollen Läufe und Sequenzen des Allegro erklingen, intoniert mit viel Gefühl und tiefem Ausdruck das Largo und setzt temperamentvoll und virtuos die jubilierenden Triller im Presto in Szene. In der meisterlich gestalteten Programmfolge folgt auf die prächtige barocke Instrumentalmusik der Frauenchor des Liederkranz. Die Damen singen zunächst a cappella in schönem Ton „Es blühn drei Rosen“ und „Winter“ von Fred Schecher. Wer sich unvoreingenommen dieser Melodie und Harmonie hingibt, wird unabhängig von seinen musikalischen Vorlieben tief ergriffen sein. Vivaldis Streichersinfonie Nr. 1 in C-Dur leitet dann gefühlvoll hin zum Auftritt des Männerchors. Von Flomersheimer Sängerfreunden des MGV Bund Freundschaft unterstützt, bringen die gut 40 Sänger das altrussischen Kirchenlied „Tepje pajom“ mit großer Dynamik und überwältigender Harmonie. Der warme runde Klang des Männerchors wie der russische Originaltext verleihen dem Lied tiefe Ausdruckskraft. Zu einem solchen Konzert gehört auch das gemeinsam von Chor und Publikum gesungene Lied: „Herbei, o ihr Gläubigen“. Zum Ausklang dann stimmt der gemischte Chor den Titel „Es ist ein Ros’ entsprungen“ an sowie drei weitere Weihnachtslieder gemeinsam mit dem Orchester zu einem besinnlichen Abschluss des schönen Abends. „Hier in Frankenthal fängt mit dem Liederkranz-Konzert der Advent an“, sagt Hausherrin und Pfarrerin Sieglinde Ganz-Walther. Seit 15 Jahren finden die Konzerte in der Kirche statt. Ins Leben gerufen hat sie Erik Meßmer. Am 1. Januar 2000 übernahm er den Dirigentenstab von seinem Vater Lothar Meßmer. Bleibt zu wünschen, dass trotz des hohen Alters der Sänger noch viele festliche Adventskonzerte in der Zwölf-Apostel-Kirche erklingen können. 2015 feiert der Liederkranz sein 175. Vereinsjubiläum mit einer Festmatinee am 17. Mai im Dathenushaus.

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