Frankenthal Minister wirbt um Vertrauen in Justiz

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Ein Plädoyer für eine unabhängige Gerichtsbarkeit, die sich immer wieder der versuchten Einflussnahme von außen zu erwehren habe, stand im Mittelpunkt der Redebeiträge beim gestrigen Festakt anlässlich des 200-jährigen Bestehens des Landgerichts Frankenthal im Dathenushaus.

„Die Menschen haben in hohem Maße Vertrauen in die Justiz, das aber stets aufs Neue gewonnen werden muss“, hob Justizminister Herbert Mertin (FDP) vor rund 160 Zuhörern hervor. Mit Nachdruck wandte er sich gegen eine mediale Instrumentalisierung von Strafverfahren mit dem Ziel, Druck auf die Gerichte zu erzeugen. Nur eine unabhängige Justiz könne Europa zusammenhalten. Mit Sorge blicke er auf die Entwicklung in der Türkei und die für ihn nicht nachvollziehbare Verhaftungswelle. Mertin: „Bei aller Sympathie für dieses Land, das hat mit Rechtsstaatlichkeit nichts zu tun.“ Dem Landgericht Frankenthal bescheinigte der Minister, sich gut entwickelt und alle Angriffe, die in der Vergangenheit einen Standortwechsel zum Ziel gehabt hätten, abgewehrt zu haben. Auch die Zukunft der Justizbehörde sei gesichert, könne sich doch das Land einen Umzug finanziell überhaupt nicht leisten, merkte der Gast aus Mainz mit einem Augenzwinkern an. Von einem krönenden Abschluss der Jubiläumsfeierlichkeiten und einem Fest für Familie und Freunde sprach Landgerichtspräsidentin Irmgard Wolf. Jeder Bedienstete habe zum Erfolg und guten Ruf beigetragen. Gehe es um gesellschaftliche Entwicklungen, sei ihre Behörde immer an vorderster Front dabei. „Wir sind uns unserer Vergangenheit, auch der weniger glanzvollen, bewusst und stolz auf die Errungenschaften des Rechtsstaats“, unterstrich Wolf. Sie wies auf die aktuell sehr hohe Geschäftsbelastung des Landgerichts, namentlich der Schwurgerichtskammer, hin. Als besonders bemerkenswert stellte Oberbürgermeister Martin Hebich (CDU) heraus, dass die Adresse des Landgerichts in der Bahnhofstraße in seiner 200-jährigen Geschichte immer gleich geblieben sei. Für die Menschen stelle die Justiz eine Instanz dar, die Ordnung, Recht und Sicherheit verkörpere. Die Behörde habe einen langen Entwicklungsprozess mitgemacht, der auch von Rückschritten geprägt gewesen sei. Heute sei Frankenthal ein moderner Gerichtsstandort in einer modernen Demokratie, befand der OB. Leitender Oberstaatsanwalt Hubert Ströber nutzte sein Grußwort, um in einem ausführlichen und mit vielen Zitaten garnierten historischen Exkurs die gemeinsame Geschichte von Landgericht und Staatsanwaltschaft herauszuarbeiten. Schon an der ersten Sitzung des damaligen Kreisgerichts am 26. November 1816 habe ein Staatsprokurator teilgenommen, so Ströber. In sehr persönlich gehaltenen Worten beschrieb Willibrord Zunker, Vorsitzender des Anwaltsvereins Ludwigshafen, seine Erinnerungen an die jüngere Geschichte des Landgerichts, während Justizrat Benno Sefrin als Bezirksvorsitzender des Bayerisch-Pfälzischen Notarvereins auf die vertrauensvolle Zusammenarbeit und die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege abstellte. Hier spiele das Landgericht eine besondere Rolle. Als zentralen Gedanken griff Thomas Edinger, Landesvorsitzender des Deutschen Richterbundes, die Wahrung der richterlichen Unabhängigkeit auf und bezeichnete eine angemessene personelle Ausstattung der Justiz als unverzichtbar. Ferner ging er auf das „dramatische Ende des Rechtsstaats“ in der Türkei mit den zahlreichen willkürlichen Verhaftungen und Entlassungen von Richtern ein. Die Reaktion der Bundesregierung auf diese erschütternden Vorfälle reiche nicht aus, kritisierte Edinger. Mit Anna-Katharina Thoma (Violine), Marc Lohse (Klavier) und Melanie Schlüter (Gesang) gab ein bewährtes Trio der Städtischen Musikschule dem zweistündigen Festakt in einer kleinen Zeitreise von Klassik bis Pop das angemessene musikalische Gepräge.

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