Frankenthal Luther auf geheimer Mission

Die Lutherkirchengemeinde Frankenthal feiert seit April mit verschiedenen Veranstaltungen ihr 50-jähriges Bestehen. Am Samstag gab es erneut einen kulturellen Höhepunkt mit dem Kabarett Die Wollläuse und dem eigens für das Jubiläum zusammengestellten Programm „Sag bloß, das war’n die Luthers“.

Die Wollläuse sind eine Kabarettgruppe der protestantischen Kirchengemeinde Iggelheim, die sich aus einem Gesprächs- und Familiengottesdienstkreis 1993 unter der Leitung von Pfarrer Udo Jesberger gegründet hat. Mit ihren Texten verstehen sie sich, ganz wie in der Pflanzenwelt, als Wollläuse, „die anzeigen, wo es in der Kirche rottet, fault, nicht wachsen kann“. Dafür nehmen sie die menschlichen Seiten der Hirten und Schafe und sich selbst auf vergnüglichste Weise auf die Schippe. Was wäre denn, wenn Martin Luther im Himmel aneckt, weil er zu allem zahlreiche neue Thesen fabriziert? Irgendwann schickt der Schöpfer ihn 14 Tage auf die Erde, um mal ein wenig Ruhe zu haben. Man hört erst einmal nur zwei Stimmen aus dem Hintergrund, dann platzt der Bibelübersetzer bei Frau Meier in die Kirche, die sie gerade für die bevorstehende Presbytersitzung putzt – und gerät prompt mit ihr aneinander. Sie sitzt „schon in ihrer achten Periode“ im Rat, und zusammen mit einer Mitstreiterin hat sie das Gremium und den Pfarrer fest in der Hand, duldet kein neues Mitglied. Da bleibt dem pfiffigen Pfarrer nichts anderes übrig, als die nur noch nachts ausgehenden Gemeindemitglieder mit Nachtsichtgerät auf dem Friedhof aufzuspüren und genüsslich „überfallartige Unterschriften für die Wahlliste“ einzukassieren. Immer wieder trifft Luther auf das resolute Gemeindemitglied, das ihn zu Veranstaltungen mitnimmt, damit er sich mal ein richtiges Bild vom Glauben machen könne und um ihm seine verqueren Ideen auszutreiben. Angesichts des so dargestellten kirchlichen Lebens verzweifelt Luther. Was ist aus den drei „K’s“ für die Frauen geworden und aus der guten alten Zeit, in denen laut Apostel Paulus doch „das Weib schweige, in der Gemeinde und auch sonst wo“? Die Texte schreiben Axel Becker, Angelika Bender, Hanne Heidinger, Udo Jesberger, Ruth Prohl, Christel Reiß, Renate Sold, Guni Verburg und Christa Wendler selbst. Für die Musik ist Klaus Weinland zuständig. Die Wollläuse schauen ihren Mitmenschen aufs Maul. Auch Gesellschaftskritik bleibt nicht außen vor, wenn ein Termin für Hochzeit, Taufe und Beerdigung gleichzeitig gesucht wird, damit alle Zeit- und Schichtarbeiter teilnehmen können und auch der Pfarrer Zeit hat. Luther sieht schon voller Entsetzen wieder die verhassten Katholiken gewinnen und die Protestanten dem Papst unterworfen, als ein Gespräch zu einem ökumenischen Kirchentag völlig aus dem Ruder läuft. Nur beim Lutherquiz kann er punkten, auch wenn ihn die Damen ob seiner Antworten für verrückt halten. Mit der Autorin, deren neue, gerechtere Bibelübersetzung verrissen wird, kann er sich identifizieren, schließlich erging es ihm nicht anders. Letztendlich nimmt Gott Luther widerwillig wieder in den Himmel auf – und für die Zuschauer enden zwei äußerst kurzweilige Stunden, von denen man heitere wie nachdenkliche Gedanken mitnehmen darf.

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