Frankenthal Frankenthal: Altes Brauhaus hat neuen Eigentümer

Unansehnlich: verklebte Fenster am Kesselhaus und ein wenig einladender Hof.
Unansehnlich: verklebte Fenster am Kesselhaus und ein wenig einladender Hof.

Das große Gelände der ehemaligen Frankenthaler Brauerei hat den Besitzer gewechselt. Zum 1. April hat die Mannheimer Grundstücksgesellschaft Boxheimer und Scheuermann das Gebäudeensemble mit Hof an den bisherigen Hauptpächter Nehat Ramadani verkauft. Das bestätigt Geschäftsführer Torben Scheuermann auf Anfrage.

„Die Stadt hatte kein Vorkaufsrecht“, begründet Oberbürgermeister Martin Hebich (CDU) den Umstand, dass sich die Stadt nicht ihrerseits um den Erwerb bemüht hat – gehört doch das 11.600 Quadratmeter große Areal an der Johann-Klein-Straße zum Gebiet um den Bahnhof, dass städtebaulich entwickelt werden soll. Hebich räumt ein: „Wir sind von dem Verkauf völlig überrascht worden.“ Er sei von anderen Mietern darüber informiert worden. Und die Stadt könne sich ja nicht einfach so in Geschäfte zwischen Privatleuten einmischen. Torben Scheuermann hingegen gibt auf Nachfrage an, dass er davon ausgegangen sei, die Stadt besitze ein Vorverkaufsrecht und werde durch seinen Notar automatisch informiert über den anstehenden Verkauf. „Doch die Stadt hat ihr Vorkaufsrecht nicht gezogen“, sagt Scheuermann. Hebich bestätigt auch, dass die Stadt seit vielen Jahren Pläne für das Gelände schmiedet. Schon der frühere OB Theo Wieder (CDU) hatte 2014 gehofft, dass von der Gründung des Kulturzentrums Gleis 4 ein Impuls zur Entwicklung des Areals ausgehen möge. Ja, die Rede war sogar von einem großen Kulturzentrum mit Theaterstandort und Lager für städtische Einrichtungen wie das Congress-Forum. Auch jetzt spricht Hebich von einem Interesse der Stadt, das ganze Gebiet zwischen Bahnhof und KBA-Gelände neu zu ordnen. Erst Ende Mai wollte er sich mit diesem Gebiet westlich des Bahnhofs und mit der Innenstadt beim Land um das Förderprogramm zur „Stärkung der Investitionsfähigkeit der großen Mittelzentren“ bewerben. Das Ziel: ein „attraktives Entrée für die Innenstadt zu schaffen“. Das Thema musste aber im Planungs- und Umweltausschuss vertagt werden, nachdem die Verwaltung nicht alle Unterlagen vorgelegt hatte. Die Fotodokumentation für den Antrag zeigt auch Bilder vom Brauhaus-Gelände. Dazu heißt es: Die vorhandenen Nutzungen werden „der zentralen Lage im Stadtgebiet nicht gerecht“. Noch immer liegen Hebich zufolge keine konkreten Pläne zur Entwicklung vor, und ohne solche Pläne könne die Stadt nicht einfach hohe Summen in der Hand nehmen für den Kauf des Brauhaus-Geländes – zumal darüber der Stadtrat entscheiden müsse. Um solche Pläne zu entwerfen, müsse die Stadt „mit jedem Eigentümer sprechen und die Pläne in Einklang bringen“. Die Mannheimer Grundstücksgesellschaft Boxheimer und Scheuermann hatte das Ensemble des ehemaligen Brauhauses 2012 von Actris gekauft, einer Gesellschaft des SAP-Gründers Dietmar Hopp, der zeitweise die Eichbaum-Brauerei gehörte. Die jährliche Instandhaltung bezifferte Scheuermann 2014 auf 25.000 Euro. Den Ausbau von Gleis 4 hat der Diplom-Betriebswirt zum Teil mitfinanziert, da er „das Kulturzentrum als klare Aufwertung des Geländes“ ansah. Neben Gleis 4 und Tiemo Feldmanns Musikschule Music Academy gibt es auch noch andere Mieter wie das Zentrum für Arbeit und Bildung (ZAB), Kfz-Werkstätten und Hobbybastler. Teile werden als Lagerhalle zur Überwinterung von Booten genutzt. Leer steht immer noch das Kesselhaus mit den großen Fensterfronten und der angrenzende große Komplex mit drei Stockwerken. Auf diesem Gebäudeteil hatte Scheuermann bereits das Dach erneuern lassen. Er fand: Trotz seines Äußeren sei die Substanz des Gebäudes gut. Der neue Besitzer Nehat Ramadani veranstaltet seit 2006 im ehemaligen Krone-Musikclub Hochzeitsfeiern, Abipartys, Konzerte oder Bälle mit 200 bis 300 Gästen, wie er erzählt. Auch ihm sei an einer Entwicklung des Geländes gelegen, betont der gebürtige Mazedonier. Er habe schon Tonnen von Müll aus dem Kesselhaus schaffen lassen. Probleme mit den anderen Mietern gebe es nicht – nur mit Gleis 4 wegen der Parksituation. Zwar verfügt das Kulturzentrum über einen eigenen Parkplatz. Doch der werde von den Besuchern kaum genutzt, die stattdessen auf seinen Hof führen oder entlang der Straße parkten, sagt Ramadani. „Zwei Feiern in einem Gebäude, das gibt Probleme.“ Er bemühe sich daher darum, ein nördlich anschließendes Areal vom Autohaus Wedig als Parkfläche anzumieten. An eine Kündigung für Gleis 4 denke er gerade nicht. Wie Tiemo Feldmann bestätigt, besitzt das Kulturzentrum denn auch einen Mietvertrag über zehn Jahre. Aber der Mitinitiator von Gleis 4 gibt zu bedenken, dass Toiletten und Gang zu seiner angrenzenden Music Academy gehörten und die nur einen Vertrag mit jährlichem Kündigungsrecht besitze. Auch das Getränkelager auf dem Hof sei nur geduldet. „Wir sind dem guten Willen ausgeliefert“, sagt Feldmann. OB Hebich hingegen sieht das Kulturzentrum nicht durch den Besitzerwechsel gefährdet: Zwar kenne er die Verträge nicht, aber wenn eine Mitnutzung etwa der Toiletten vereinbart sei, könne das nicht einfach revidiert werden. Gekauft hat Ramadani das Gelände nach eigenen Angaben, nachdem der Vorbesitzer ihn über den anstehenden Verkauf informiert habe. Ein türkischer Investor soll Interesse bekundet haben, alle Gebäude für eine Spedition abzureißen. Um sein eigenes Gewerbe zu sichern, habe er sich dann selbst zum Kauf entschlossen, sagt Ramadani. Immerhin habe er schon einiges in das Gebäude investiert, als er seinen Betrieb nach dem Auszug eines Getränkehändlers erweitert hat. So hat er eine Terrasse mit Behindertenrampe angebaut, Fluchtwege geschaffen, ein Foyer mit Garderobe und neue Toiletten eingebaut. Schon 2014 hatte Ramadani auch erklärt, den Hof und das Äußere der Gebäude ansehnlicher gestalten zu wollen. Doch seither ist nichts passiert. Das soll sich nun ändern, meint der neue Besitzer. Denn viele Firmen, die für Weihnachtsfeiern oder ähnliche Veranstaltungen bei ihm anfragten, seien abgeschreckt beim Anblick des Hofs. Und Ramadani hat weitere große Pläne: Er will in dem früheren Kesselhaus ein Restaurant schaffen und in dem angrenzenden Komplex ein Hotel oder eine Pension. Dafür sieht er nach eigenem Bekunden eine große Nachfrage. Auch die Gäste seiner Veranstaltungen kämen zum Teil von weit her – Übernachtungsmöglichkeiten direkt gegenüber dem Festsaal kämen ihnen wie gerufen. Umgebaut hat Ramadani bereits 2013 das Backsteingebäude an der Straße: Aus Büros wurden Wohnungen und Kurzzeitunterkünfte vor allem für Monteure aus Osteuropa. Zuvor hatte das Haus über zehn Jahre leer gestanden. In den daran anschließenden Trakt ist Feldmann mit seiner Musikschule eingezogen. Ramadani, der inzwischen von Mannheim nach Frankenthal gezogen ist, liebäugelt nach eigenen Worten auch damit, sich auf dem Gelände des früheren Brauhauses ein Wohnhaus zu errichten.

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