Donnersbergkreis Vielweiberei ist nur eine Frage der Zeit

Da haben die acht Fledermausschützer der Nabu-Kreisgruppe auf ihrem Kontrollgang nicht schlecht gestaunt: Gleich 19 Braune Langohren lagen dicht gedrängt in einem als Fledermaus-Höhle genutzten Flachkasten im Laubwald des westlichen Donnersbergkreises. Und alle waren Fledermaus-Damen. Handelte es sich da vielleicht um das Kuschel-Seminar eines Frauenkreises, der mit Männer partout nichts zu tun haben will? Natürlich nicht.

Im Gegenteil. Bald werden sich die Langohr-Frauen den Fledermännern an den Hals werfen. Vorausgesetzt, deren männlicher Duft und Gesang sagen ihnen zu. Bei Wohlgefallen haben die Damen dann auch kein Problem damit, sich den Langohr-Mann mit anderen Geschlechtsgenossinen zu teilen. Die Vielweiberei ist also nur eine Frage der Zeit. Zumal die Kontrolleure um Fledermausexperten Hans König aus Kirchheimbolanden nur sieben Höhlen mit männlichen Vertretern gefunden haben – in dreien davon hatte der seit August mit speziellem Duft und Gesang lockende Höhlenherr sogar schon Erfolg. Bei dem vorgefundenen Frauenüberschuss sind künftige Fledermaus-Harems durchaus wahrscheinlich. Bei der ungewöhnlichen Ansammlung von 19 Exemplaren handelt es sich um eine Wochenstube, also ein Quartier, in dem sich die Fledermaus-Mütter zusammenfinden, um ihre Jungen zur Welt zu bringen und aufzuziehen. Hier war der Nachwuchs schon ausgeflogen. Deshalb bestand die Wochenstube nur aus Weibchen. Und die gehen bald ihre eigenen Wege in der Paarungszeit. Insgesamt haben die Nabu-Kontrolleure 36 Nachtschwärmer in zehn im westlichen Kreisgebiet aufgestellten Fledermaushöhlen gefunden. Neben insgesamt 29 Braunen Langohren haben vier Bechsteinfledermäuse und drei Zwergfledermäuse kopfüber in den Sommerwohnungen geschlafen. Die bewohnten Kolonien (in der Regel fünf Höhlen) fanden sich im Wald beim Wackenbornerhof/Höringen, beim Messersbacherhof/Gundersweiler, bei Winnweiler/Igelborner Höhe, beim Sippersfelder Weiher und bei der Wartenberger Mühle. Höhlen im Wald sind aber nicht nur bei Fledermäusen als Unterschlupf sehr begehrt. So waren auch noch ganz andere Untermieter eingezogen, die in den Höhlen ein sicheres Winterquartier gesucht hatten: drei Waldmäuse, zwei Haselmäuse, 15 Schnecken, 16 Nachtfalter, zwei Tagfalter, zehn Käfer, neun Asseln, sechs Spinnen und zwölf Hundertfüßer. Die sechs entdeckten Meisen und acht Hornissen- und Wespenvölker hatten dort ein Sommerquartier gebraucht, wo eigentlich Fledermäuse abhängen sollten. Apropos Fledermäuse. Die sollte man besser Fledertiere nennen, denn zu den gemeinen Mäusen besteht überhaupt keine Verwandtschaft. Die Nachtschwärmer können wohl aber mit dieser falschen Bezeichnung gut leben. Im Gegensatz zu dem seit dem Altertum mit ihnen in Verbindung gebrachten Aberglauben. Nicht wenige Tiere wurden dessen Opfer. Und was die Nachstellung durch drei Jahrtausende nicht geschafft hatte, schienen dann die heutigen Verschlechterungen der Umwelt zu schaffen: die Fledermäuse auszurotten. Insbesondere der Einsatz von Giften (vor allem DDT) in den 1950er- und 1960er-Jahren hatte katastrophale Auswirkungen. Heute sind alle 16 im Donnersbergkreis lebenden Fledermausarten in ihrem Bestand gefährdet und vom Aussterben bedroht. Die Nabu-Mitglieder sehen in den vergangenen Jahren eine neue Gefahr: Windräder. Ihre Rotoren erschlagen die in ihre Nähe kommenden Fledermäuse. Die Nabu-Mitglieder sind sich deshalb sicher: Die Fledermäuse brauchen menschliche Hilfe und Schutz. So hilft die Nabu-Kreisgruppe Donnersberg schon seit 30 Jahren den nächtlichen Insektenjägern bei der Quartiersuche im Sommer. In den Laubwäldern des Westkreises haben Fledermausfreunde wie Karl-Heinz Seib aus Höringen und Gerhard Schwab vom Messersbacherhof insgesamt 75 Höhlen als mietfreie Unterkünfte aufgehängt. Egal, ob da Vielweiberei herrscht oder nicht. (as)

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