EISENBERG Viele Leute steigen aufs Motorrad um

Der alte Chef arbeitet unter seinem Nachfolger, von links: Silke Parker, Thomas Breitwieser, Tom Heinrichs und Johanna Mootz-Die
Der alte Chef arbeitet unter seinem Nachfolger, von links: Silke Parker, Thomas Breitwieser, Tom Heinrichs und Johanna Mootz-Diehl.

Was gibt es Schöneres, als das Hobby zum Beruf zu machen? Thomas Breitwieser hat sich diesen Traum erfüllt. Eigentlich hatte er das gar nicht vorgehabt. Vielmehr haben die äußeren Umstände dazu geführt. Jetzt ist er Geschäftsführer des Bikertreffs Pfalz in Eisenberg – aktuell eine sehr gute Entscheidung.

Thomas Breitwieser hat gutes Geld verdient, in verantwortungsvollen Positionen im Ingenieurbereich und in der Personaldienstleistung. Er war bundesweit unterwegs, hat Niederlassungen verschiedener Firmen umstrukturiert, neu aufgebaut, geleitet. „Es hat Spaß gemacht, aber es war auch sehr viel Stress“, sagt der 50-Jährige. Im Mai 2021 kam er völlig ausgebrannt nach Eisenberg, holte sich ein paar Ersatzteile im Bikertreff Pfalz.

Im 1991 in der Hauptstraße gegründeten und seit 25 Jahren in der Bahnhofstraße ansässigen Laden von Tom Heinrichs war Breitwieser schon sehr lange Kunde. Auch ist er wie der Geschäftsinhaber Mitglied einer Whatsapp-Gruppe, die sich für Motorrad-Ausfahrten verabreden. Denn seit 35 Jahren ist er auf dem Bike unterwegs, als Jugendlicher auf Mofas, heute auf 200-PS-Maschinen.

230 000 Euro investiert

„Bei einer Tasse Kaffee mit Tom ist die Idee entstanden, dass ich sein Nachfolger werde“, erzählt Breitwieser, der einst Kfz-Mechatroniker gelernt hat. Die Vorstellung, nicht mehr permanent auf Achse sein zu müssen und sich täglich mit Menschen zu umgeben, die sein Hobby teilen, gefiel ihm. „Ich brauche nicht so viel Geld“, sagt der Dirmsteiner zu den gegenüber seinem bisherigen Berufsleben geringeren Verdienstmöglichkeiten. Außerdem suche er stets die Herausforderung.

Nachdem er die Geschäftsbücher genau studiert hatte, nahm Breitwieser rund 230.000 Euro in die Hand. Er mietete den Laden, übernahm das Inventar und die vier Teilzeitkräfte, einschließlich Heinrichs. „Ich hätte aber noch eine weitere Stelle zu vergeben“, informiert der neue Inhaber.

Neue Führerscheinregelung

Die allgemeinen Lieferengpässe passten schlecht zu der erhöhten Nachfrage, erklärt er. Die Zulassungszahlen für Roller, Mopeds und „ausgewachsene“ Motorräder steigen. Ende 2021 zählte das Kraftfahrtbundesamt 4,78 Millionen Bikes auf deutschen Straßen. Das ist eine Zunahme gegenüber dem Vorjahr um 2,6 Prozent. 2020 hatte es einen Rekordzuwachs gegeben: Laut dem Industrie-Verband Motorrad Deutschland um rund 32 Prozent – von 165.311 Neuzulassungen in 2019 auf mehr als 218.000, wobei kleinere und leichtere Maschinen besonders gefragt waren.

Ein Grund könnte die seit Januar 2020 geltende Regelung sein, wonach Besitzer eines Pkw-Führerscheins nach nur wenigen Übungsstunden und ohne zusätzliche Prüfung Bikes mit einem Hubraum von bis zu 125 Kubikzentimetern und 15 PS (Elektroantriebe bis 59 PS) fahren dürfen. Auch die Corona-Krise könnte „schuld“ an der Entwicklung sein. Schließlich ist das Motorrad eines der pandemiesichersten Fortbewegungsmittel. Die Inflation, insbesondere die Energiepreise, lässt vom teuren Auto auf das günstigere Motorrad umsteigen, mit dem man auch leichter einen Parkplatz findet. Und nicht zuletzt hat die Lederkombi ausgedient. „Im Trend liegt Schutzkleidung aus reißfestem Stoff mit integrierten Protektoren“, berichtet Breitwieser und erläutert: „Die Sachen sehen aus wie normale Klamotten, und man muss sich auf der Arbeit nicht umziehen.“

Spende ans Kinderhospiz

Wichtig ist dem neuen Chef eine kompetente Beratung der Kunden, die aus einem Umkreis von 130 bis 150 Kilometern kommen. Gerade auch beim Thema Sicherheit, betont er. Einen Online-Shop werde er nicht einrichten. Das sei zu unpersönlich, zudem bräuchte man dann ein größeres Lager und einen extra Verpackungsraum. „In dem hart umkämpften Bereich könnten wir auch nicht mit den großen der Branche preislich mithalten“, meint er. Breitwieser hat aber die Öffnungszeiten erweitert. In Erwägung zieht er, den eher ruhigen Winter in dem Saisongeschäft eventuell mit Rabattaktionen über die Firmen-Website zu beleben.

Geplant hat er auch, regelmäßig Renn- und Sicherheitstrainings anzubieten. „Da es noch viele Fahrschulen gibt, die uns nicht kennen, gibt es hinsichtlich Akquise viel zu tun“, nennt er einen weiteren Punkt auf seiner To-do-Liste. Eine Herzensangelegenheit ist ihm soziales Engagement. Alljährlich soll ein Benefiz-Frühlingsfest mit kleiner Messe stattfinden. Bei der ersten Veranstaltung dieser Art anlässlich der Geschäftsübernahme seien 700 Euro zusammengekommen. „Ich will den Betrag auf 1000 Euro aufrunden und dem Kinderhospiz Sterntaler in Dudenhofen übergeben“, so Breitwieser, der in diesem Jahr eine halbe Million Euro Umsatz anstrebt.

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